Über einen unlustigen Clown, zu ehrliche Kinder und Patschuli

Veröffentlicht von leitmedium am

Voll unlustig

Der Clown sei überhaupt nicht lustig, erklärt eins der Kinder lautstark. Es habe keinen Spaß und wolle jetzt gehen. Bis eben saßen wir noch auf einer ausgelassenen Outdoor-Vorstellung eines Clowns auf einer Spielwiese. Jetzt sitzen wir auf einer Wiese mit Friedhofsstimmung, alle Blicke auf uns gerichtet. Auch die des Clowns. Das mit dem Wann-man-ehrlich-ist-und-wann-vielleicht-erst-später haben wir offenbar noch nicht ganz raus. Wahrscheinlich ist das Motiv des traurigen Clowns auf einer Spielwiese mit einem zu ehrlichen Kind entstanden. Betont entschuldigend gestikulierend sammle ich die Kinder zusammen und verlasse die Wiese. Sie kommt auf die Liste der Orte, zu denen ich nicht mehr gehe. Ganz kurz nach der Eisdiele, in die ein Kind zwei Mal hintereinander gekotzt hat und das Restaurant, in dem ein Kind auf die übliche Frage des Kellners, wie es denn geschmeckt habe, „Na Scheiße!“ geantwortet hatte.

Verplante Zahnfee

Aber der Tag hatte auch schon schwierig begonnen. Es gab morgens die empörte Mitteilung, dass die Zahnfee nicht erschienen sei! Die muss hier ja zur Zeit fast täglich einfliegen und kommt da offenbar langsam durcheinander. Da fiel mir wieder ein, was mir beim Schlafengehen nicht einfallen wollte, obwohl mir klar war, dass ich etwas vergessen hatte. Zwar strukturiere ich meinen Alltag neuerdings mit einem Bullet Journal und laufe quasi den ganzen Tag mit um ein schwarzes Heft gekrampftem Fingern durch die Gegend. Der Eintrag „Zahnfee“ fehlte aber. Und was fehlt, findet eben nicht statt. Nachdem ich dem leicht verstimmten Kind aber beim Suchen half, stellte sich heraus, dass die Zahnfee doch dagewesen war. Es war nur sehr sehr versteckt unter der Decke. Na, das kann schon passieren, nicht wahr. Hust. Wir haben dann gemeinsam handschriftlich eine empörte Protestnote an die Zahnfee verfasst mit der eindringlichen Bitte, doch in Zukunft etwas sorgsamer zu platzieren. Noch ein paar Jahre und die Kinder sind reif für publikumswirksame Beschwerden auf Social Media.

Verdächtiges Kopfkratzen

Vielleicht war das Bett ja auch wirklich ein bisschen aufgewühlt. Beim Kind ins Bett bringen am Vorabend habe ich mir wieder eine heimliche Stunde Zusatzschlaf zwischen 20 und 21 Uhr gönnen wollen. Man tut so, als würde man sehr aufwändig das Kind ins Bett bringen, nimmt es in den Arm, macht das Licht aus und schläft einfach gemeinsam ein. Nach einer Stunde lässt man sich dann von der Armbanduhr wecken und hat ein Zusatzkontingent Schlaf ergattert! Jedenfalls liege ich so mit Kind im Arm da, döse vor mich hin, finde die Welt ganz in Ordnung und da fällt mir auf, dass ich mit einem Kind im Arm kuschelnd daliege, das sich seit fünf Minuten ununterbrochen den Kopf kratzt. Und das, nachdem es die letzten Tage im Mehrbett-Zimmer auf einer Kinderreise verbracht hat. Bei aller Liebe, der Kuschelabend war beendet. Leider juckt es einem dann ja auch sofort am Kopf und ich bete, dass ich mir nicht schon wieder die Haare mit diesem schmierigen Öl einsprühen muss.

Verschiedene Geschmäcker

Wobei das Haar-Öl ja noch immer besser riecht als für manche Menschen Patschuli. Um diesen verstörende Errungenschaft der Menschheit gab es hier letztens eine Diskussion, als ein Elternteil mal wieder wie ein feuchter Keller riechend durch die Wohnung wehte und das andere Elternteil befand, dass das jetzt nicht so überzeugend sei, während das erste Elternteil argumentierte, aber doch schon, weil jede_r könne riechen wie er/sie wolle. Als dann aber die Mutter des anderen Elternteils zu Besuch kam, die Wohnung mit Patschuli-Geruch erfüllte und das Argument vorgetragen werden konnte, dass es wirklich hervorragend wäre, wenn die Liebes-Beziehung nicht nach der eigenen Mutter riechen würde, wurde die Patschuli-Haarseife leicht wutentbrannt in den „riecht nach unseren Eltern“-Schrank aussortiert.

Wirklich sicher?

Der Tag der Vasektomie naht und bisher sind folgende Beobachtungen zu machen: Erstens: Allerseits erschrockenes „Oh, wir dachten, Ihr bekommt noch ein Kind!“ Zweitens: Leicht ätsch!-gehässiges Zurkenntnisnehmen durch die Partnerin, dass der Arzt ein „Erscheinen, glatt wie ein Babypopo“ gefordert hat, was bei dem Thema ja rhetorisch vielleicht auch irgendwie schräg ist. Drittens: Es ist schön, das Thema auszusparen, wenn die eigenen Eltern zu Besuch sind und fragen, wann mal wieder ein Kind ansteht. Viertens: Der Eingriff kostet 500 Euro, die in bar zu errichten sind?! Wo bin ich da gelandet? Fünftens: Auf die Frage der Partnerin, ob man sich wirklich sicher sei , antworten „Ich kann Dich leider nicht verstehen, die Kinder sind so laut“, funktioniert überraschend gut.


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Kategorien: Montagspost

leitmedium

Parteiloser Postprivatier.

9 Kommentare

cikama · 14. Mai 2019 um 8:37

danke dafür. nach dem blog von frau mierau, der mich immer inspiriert, ist das hier auch hier meine beruhigung: auch bei ihnen!!
tja und auch hier ist die zahnfee manchmal verplant, aber da es ja vermutlich dieselbe ist, hat sie eben viel zu tun, so von münchen bis berlin.

Alessandra · 14. Mai 2019 um 11:11

Ich habe Tränen gelacht.
Und jetzt Tränen der Enttäuschung, dass ich wieder eine Woche warten muss, bis wieder diese erheiternden Zeilen erscheinen.

Andrea · 14. Mai 2019 um 12:25

Der letzte Satz! Sehr schön.

Die Kids müssen aber noch sehr an ihrem Feingefühl schrauben.. viel Erfolg!

Viele Grüße

    leitmedium · 14. Mai 2019 um 15:34

    Ich glaube, an der Front sieht es eigentlich ganz gut aus 🙂

Richard & Hugo · 14. Mai 2019 um 13:52

haha, sehr cool.
Was wäre wohl, wenn wir alle, groß & klein, so schonungslos ehrlich wären, wie unsere Kinder…:-)
LG, Richard & Hugo vom https://www.vatersohn.blog

Sandra · 14. Mai 2019 um 23:28

Oh! Ich liebe Patschuli! Und weder Eltern noch Schwiegereltern riechen so…

Alles Gute für die Vasektomie!

paula · 2. Juli 2019 um 11:06

Ich bin ein bisschen spät, aber: Das Einsetzen einer Hormonspirale, die ca. 4 Jahre hält, kostet 400 Tacken, von denen die Krankenkasse nix übernimmt. Dagegen ist die Vasektomie verhältnismäßig beinahe günstig!

Über Outdoor-Hunger, Killer-Natur und Maiswaffeln - vier plus eins · 20. Mai 2019 um 23:12

[…] die Pataschuli-Phase hier letztend endlich beendet wurde, attestieren mir die Kinder neuerdings, ich würde „so […]

Über geschenkte Gutscheine, eine Fußmassage und einen halben Kinobesuch - vier plus eins · 10. Juni 2019 um 23:53

[…] oder über die Vergangenheit nachdenken soll, aber Kompliment ist Kompliment. Da fraumierau ja nicht mehr nach Patchoulli riechen darf, kann es nicht so schlimm sein. Jedenfalls treten die Kinder an mich heran und fragen, wann wir […]

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