Über Outdoor-Hunger, Killer-Natur und Maiswaffeln

Veröffentlicht von leitmedium am

Outdoor-Hunger

Unter keinen Umständen würde sie aussteigen. Wenn ich etwas aus dem Kofferraum brauche, soll ich das schön selber machen. Wir sind unterwegs irgendwo in einem Wald gestrandet. Die Kinder werden langsam missmutig, weil sie wieder eine ihrer Heißhungerattacken haben, die sie immer bekommen, sobald sie das Haus verlassen. Ich vermute mittlerweile, das ist so was Evolutionsbiologisches: Außerhalb der Höhle in der Wildnis einfach alles essen, was man findet, falls mal harte Zeiten kommen! Und wenn man nichts findet, sehr laut drüber sprechen, dann wächst vielleicht spontan eine Obstbaum. Mit der Zeit wird man als Elter ja weise und wenn ein Weg länger als eine halbe Stunde Außerhaus bevorsteht, schnitze ich nach der Formel „Anzahl der Kinder mal Stunden mal Apfel“ Obst in Metalldosen und halte Maiswaffeln parat. In der Wildnis werden ja bekanntlich nur in Stücken geschnittene Äpfel gegessen. Das ist das Paläo der Kinderernährung.

Killer-Natur

Jedenfalls ist der Beutel mit dem Essen im Kofferraum, weil ich diesen Fehler einfach immer wieder mache. Leider erweicht sich niemand, das Essen zu holen. Die Kinder meinen, sie könnten nicht helfen, weil sie zu schwach vor Hunger seien. Und Sie könne schon gar nicht helfen, wehrt sie ab. Denn genau so fange jeder Horrorfilm an: Auto hält im Wald, eine_r steigt aus und Zack, Ende Gelände, irgendwas Großes fällt mit dumpfen Knall auf die Motorhaube. Ich würde schon verstehen. Leicht augenrollend steige ich aus, hole den Beutel und sehe ein Warnschild über Baumbefall und man solle doch lieber verschwinden. Was das denn nun soll, frage ich. Wir seien ja keine Eichen. Ich zeige aufs Schild – Panik bricht im Auto aus. Ob, ich denn noch nie was von Eichenprozessionsspinnern gehört hätte? Wir müssten sofort fahren! Schnell entfernen wir uns und ich werde aufgeklärt, dass irgendwelche haarigen Raupen fiese Härchen mit Widerhaken durch die Gegend schießen und einen fast zu Tode flauschen, wenn man nicht wie bei der Zombiekalypse flüchtet. Während mir der Artikel vorgelesen wird, überlege ich, warum die Natur eigentlich solche Arschloch-Tiere hervorbringt. Das ist das gleiche wie mit diesen miesepetrigen Quallen, die irgendwann plötzlich überall waren. Wahrscheinlich sind die Raupen einfach ihre erweiterte Familie aus dem Wald. Und beide müssen eine ziemlich miese Kindheit gehabt haben. Geborgen wär‘ das nicht passiert!

Maiswaffeln

Es gibt Beschwerden, weil die Kinder lieber Maiswaffeln statt Obst wollen. Die führe ich zwar präventiv immer mit, gebe sie aber eigentlich nicht gern raus, denn sie krümeln alles voll. Alles. Seit ein paar Monaten schon funktionieren nicht mehr alle Gurte im Auto, weil Essensreste die Anschnaller verstopfen. Maiskrümel sind wirklich hartnäckig. Ständig sehen mich NachbarInnen mit Staubsauger im Auto und denken wahrscheinlich, was für ein aufgeblasener Auto-Fatzke ich eigentlich bin. Dabei wäre ich ja nur froh, wenn die Anschnaller wenigstens wieder gehen. Ich frage mich ja prinzipiell, wann eigentlich Maisscheiben in mein Leben getreten sind. Irgendwie teilt sich das Leben in die Phasen ohne und mit Maiswaffeln und Phase II beginnt mit Geburt des ersten Kindes. Wobei ich mich jetzt dran erinnere, wie ich als Schüler mit einer Maiswaffel in der Hand zu spät zur Schulstunde erschien und der Lehrer salopp meinte, wer sowas esse, würde auch Kindern die Brottasche abschneiden. Meine Replik – der Lehrer war kleiner als ich – er könne ganz unbesorgt sein, ich würde ihm sicher nicht die Brottasche abschneiden, war unserer weiteren gemeinsamen Zeit an der Schule nicht förderlich, aber ich konnte ab dann immerhin unbehelligt meine Waffeln essen. Wahrscheinlich war es statt einer Mais- eine Reiswaffeln. In den 90ern durfte ja noch in Cafés geraucht und im Laden Reiswaffeln gekauft werden, was aus heutiger Sicht beides mindestens gleich tödlich ist.

Waffel-Meer

Letztens habe ich aber endlich rausgefunden, was der kleine Sohn eigentlich mit den ganzen Maiswaffeln anfängt. Wenn er sie nicht minutiös im Auto zerkrümelt, bunkert er sie erst in seinen Hosentaschen und baut dann später daraus heimlich „ein Waffel-Meer“. Als Mais-Komet hätte ich es ja auch durchgehen lassen. Jetzt müssen wir aber erstmal das „Essen ist nicht zum Bauen“-Gespräch führen, das wahrscheinlich mit einem Satz, in dem „Papa“ und „Blödie“ gleichzeitig vorkommen, endet.

Nachdem die Pataschuli-Phase hier letztend endlich beendet wurde, attestieren mir die Kinder neuerdings, ich würde „so gut nach Mama riechen“. Das macht keinen Sinn und ich weiß noch nicht, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden soll. Bisher hat sich jedenfalls noch niemand drüber beschwert.


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Kategorien: Montagspost

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