Über Fidget Spinner, Kindertag, Pömpel-Frau continued, Kasse des Vertrauens und blumige Straftaten

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Fitsch Sping

Sie bräuchten ganz dringend so ein Fitsch Sping. Das hätten jetzt alle. Und morgen sei doch Kindertag. Da bekomme man doch was geschenkt, oder? Also bräuchten sie Fitsch Sping. Die Kinder sind ganz aufgeregt, springen auf und ab und versuchen mir anscheinend auf Klingonisch zu erklären, was sie so dringend haben müssen. Bis es irgendwann klingelt: Ah, diese Drehdinger, mit denen alle Rumfummeln? Ja! JA!

Als vorbildlicher fairtradebioökosaisonalregionalbpafreiunverpackt-Vater gehe ich natürlich zu Fuß in ein kleines Spielzeuggeschäft und sehe mich unauffällig um. Ich hasse ja fragen. Oder noch schlimmer: angesprochen werden. (Ok, ganz schlimm: ignoriert werden und um das verhasste Angesprochenwerden betrogen werden) Bei „Kann ich Ihnen helfen?!“, suche ich schon immer nach Ausreden. Diesmal fasse ich mir ein Herz und schiebe das Kind vor. Es schweigt. Mist, ich muss ran. Ok. Es geht schließlich um ein wichtiges Thema. „Ja… Ich suche so Dinger, die sich drehen, die jetzt alle haben“. Die Verkäuferinnen halten kurz inne und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mit den Augen gerollt haben. „Sie meinen Fidget Spinner. Die haben wir leider nicht. Kriegen wir auch nicht. Wir werden damit irgendwie nicht beliefert. Wenn sie dringend welche brauchen, gehen Sie in die Dönerbude nebenan“. Den heißen Scheiß gibt es in der Dönerbude?

Die Dönerconnection

Tatsächlich. Draußen kleben lauter schlecht schwarzweiß-kopierte Spinner-Werbeblätter. Die halbe Theke wurde freigeräumt und mit Spinnern vollgefrachtet. Was denn einer kosten würde, frage ich. »Fünf Euro«. Das Kind nickt mir unauffällig ein nein zu und signalisiert, dass die sonst drei Euro kosten. Ja, ne, also so nicht, ne. Diese Spinner-Falle mit A4-Kopien hier sieht mir eh etwas fishy aus. So leicht bin ich nicht zu haben! Ich gehe in ein anderes Spielzeuggeschäft: Selbes Augenrollen wie zuvor. Die Zeit drängt. Wo kriege ich so ein Ding her? Ich klappere entgeistert die Spätis ab. Die Dönerbude wird boykottiert. Und siehe da. Im Waschsalonspäti gibt es Spinner. Fünf Euro. Mist. Aber ich könne auch „professionelle“ haben! Ich überlege kurz, ob wir hier noch über das gleiche Thema reden. Mir werden Metallteile mit Drachengesichtern gezeigt. Sehen aus wie Intimpiercings aus dem SM-Bereich. »Ach, ja, nein danke. Zwei normale bitte«. Ganz kurz kribbelt es, einfach noch einen zu kaufen. So für mich. Man gönnt sich ja sonst nichts. Aber den Blick von fraumierau verschiebe ich lieber auf ein anderes Mal.

Und nun?

Am Kindertag dann große Freude. Und die Frage, die sich alle stellen: WOFÜR DENN BITTE? Nam zum Drehen halt. OK, sie drehen sich bis zu zwei Minuten, das ist schon irgendwie toll anzusehen. Und was ist mit Kunststücken? fraumierau beginnt zu fachsimpeln, wie man die Spinner werfen und fangen müsse. Woher sie das denn wisse? Na, sie habe da so Youtube-Videos gesehen. Warum sie jetzt genau Spinner-Trainingsvideos auf YouTube gesehen habe, konnte sie mir auch nicht erklären. Aber sie bedauere sehr, dass die Spinner nicht aus Holz seien. Ich stelle mir vor, wie hier ein Paket von Ostheimer mit Mittelalter-Spinnern ankommt. Wobei, das sind wir selber ein bisschen.

Kennt noch jemand Jo-Jos?

Während hier also alle fachsimpeln, beginne ich meine „Früher hatten wir Jo-Jos!“-Rede. »Kennt Ihr Jo-Jos? Damit kann man nicht nur hoch und runter, sondern auch Kunststücke machen.« Eine Wand aus Desinteresse und »Papa-erzählt-vom-Krieg«-Ignoranz schweigt mich an. »Wirklich. Die guten Jo-Jos haben sogar einen Leerlauf, wusstet Ihr das?« Ich beschließe, den Generationenkampf hier mit Spielzeugen auszutragen, und werde mir ein Jo-Jo zulegen. Ein Professionelles. So. Und sonst hat die geschätzte Patricia schön zusammengefasst, warum die Spinner nicht der Untergang des Abendlandes sind.

Kindertag

Am Kindertag war übrigens auch ein Fest in der Schule. Ich mag ja Schulfeste sehr. Die sind immer so drollig. Während letztes Mal fast die Mittelalter-Chippendales aufgetreten sind, gab es dieses Mal eine Tombola. Und wirklich tolle Preise!

Pömpel, continued

Kurz vor Untergang war hier aber auch diese Woche. Und ich meine jetzt nicht, dass die Waschmaschine kaputt gegangen, das Auto in die Werkstatt muss und mein iPhone-Display zersprungen ist (Jammerjammer), nein, die Pömpel-Frau hat wieder zugeschlagen. Kurzer Rückblick: Ich habe der mir unbekannten Nachbarin ohne weitere Rückfragen die Tür mit einem Brieföffner geöffnet und war stolz wie Bolle. fraumierau skeptisch. Als die Nachbarin dann eine verstopfte Toilette hatte, wurde mir untersagt, persönlich meinen Pömpel in ihre Toilette zu stecken. Weil, sonst ist man ja gleich Hausmeister für immer (und auch, weil, naja, junge Dame, nicht wahr). Jedenfalls hattet mich fraumierau letzte Woche an:

Das klingt jetzt nicht so lustig, aber ich versichere: Sie hat es überlebt. Sie stand blutend im Bademantel vor unserer Wohnungstür. Ihr Spiegel ist zersprungen. fraumierau musste sie auf einen Stuhl setzen, den Krankenwagen rufen, ihr was zum Anziehen geben und aus ihrer Wohnung Unterwäsche holen. Warum sie nicht auch normale Kleidung geholt hat, sondern ihr eigene gegeben hat, war nicht zu ermitteln. Sie rechnet nicht damit, ihre Kleidung wiederzusehen. Ich stelle mir gerade vor, was ich hätte erklären sollen, wenn ich zu Hause gewesen wäre. „Sie war im Bademantel, also nicht wie Du jetzt denkst, ich habe ihr von mir was zum Anziehen gegeben und Unterwäsche aus ihrer Wohnung geholt.“ Dafür schickt mir fraumierau zwischendurch Status-Putz-Selfies. Die kann man natürlich nicht unverarbeitet lassen:

Freundinnen-Geschichten

Also fraumierau schleppt ja traditionell Personen an, die ein wenig Unterstützung brauchen. Helfe ich ja auch gerne. Ich musste schon um Mitternacht auf dunklen Supermarkt-Parkplätzen Frauen an Frauenhäuser übergeben. Oder ihre mir eher unbekannten Studien-Kolleginnen aus der Charité abholen, die mich mit „Sie haben mir ein Thermometer in den Po gesteckt!“ begrüßten. Also, man gewöhnt sich dran. Nur die Mitbewohnerin, die wir für ein paar Monate aufgenommen haben, war schon speziell. Sie hatte dann nämlich einen Freund. Und sehr viel Sex. Also lauten Sex. So Cowgirl-Yihaaaaa-Sex. Und dann hatte sie Ausschlag. Am ganzen Körper. Und das Krankenhaus hat sie zwei Wochen in Quarantäne gesteckt. Man wisse nicht, was es sei, aber man wolle kein Risiko eingehen. Ich glaube, fraumierau hat einen Jahresvorrat an Desinfektionsmitteln in der Wohnung versprüht. Jedenfalls sind wir jetzt immer etwas vorsichtig, uns nicht plötzlich wieder eine Mitbewohnerin einzuhandeln. Früher wäre Pömpel-Frau definitiv eine Kandidatin gewesen.

Blumen

Die Kinder haben am Wochenende ziemlich toll rumgebullerbüt. Erstmal mussten wir natürlich drüber hinwegkommen, dass das echte Bullerbü, der Wohnsitz von Astrid Lindgrens Vater, verkauft wird. Falls uns jemand was schenken will: Bitte einfach die Besitzurkunde per Post zustellen, danke. Die Kinder sind jedenfalls auf den Wiesen rumgeturnt und haben Sommersträuße gepflückt. Die wollten sie zunächst mit einem Stand verkaufen. fraumierau schlug eine „Kasse des Vertrauens“ vor, woraufhin die Kinder gleich die Fisherprice-Kasse holten. Die haben wir ja nur, weil fraumierau die als Kind immer haben wollte und sich vor ein paar Jahren diesen Traum erfüllt hat. Um einmal draufzudrücken und dann etwas entgeistert einen neuen Traum zu suchen. Wir mussten also nochmal Kasse des Vertrauens erklären und es entstand dieser traumhafte Stand:

Straftaten

Kam natürlich niemand vorbei, also sind die Kinder mit Freundinnen im Rudel durchs Dorf gezogen. Eine Stunde später haben wir sie wieder aufgesammelt. Da hatten sie 14 Euro in der Hand und erzählten, dass sie gruselige Häuser gemieden hätten und auch das mit dem Mann in Unterhose (kein unüblicher Dorf-Stil). Und die 14 Euro wollen sie jetzt in Eis investieren. Ja, bitte. Während die Kinder also Eis essen, schlägt sich fraumierau mit dem Besserwisser-Internet rum, dass kritisch die Fotos kommentiert. Weil, oh Schreck, eine Pflanze war geschützt. Und weniger Blumen, weniger Honig! Wissen wir ja, dass die massiven Bienenvölker zu wenig Blüten vorfinden.  Ich überlege kurz, die Polizei zu rufen. Diese Straftat kann nicht ungesühnt bleiben. Wikipedia kommentiert lapidar, dass die geschützte Blume in Brandenburg als ausgestorben gelte. Ja, jetzt schon Wikipedia. Wir haben nur der Wahrheit auf die Sprünge geholfen. (Keine Angst: Die Kinder wissen jetzt, was geschützte Pflanzen sind und da waren noch sehr viele. Also wirklich. Lügen-Wikipedia!)

Das ist sooo 2015

Und, da wir gerade bei selbst gemachten und verkauften Dingen sind. Ich habe diese Woche eine Versand-Bestätigung erhalten. Für eine Etsy-Bestellung von vor zwei Jahren. So völlig umkommentiert. Jetzt muss ich natürlich mal in mich gehen und drüber nachdenken, wie ich was bestellen, bezahlen und vergessen kann. Aber ansonsten ist das auch schon ein bisschen dreist, oder?

Und jetzt ist nichtmal die Freude groß. Offenbar hatten fraumierau und ich vor zwei Jahren einen, sagen wir mal, anderen Geschmack. Leicht hässliche Gläser fürs Bad. War bestimmt fürs Haus gedacht. Und hat auch nur Platz für vier Zahnbürsten. Dabei brauchen wir doch vier plus eine! Jetzt ist das Zeug unterwegs. Naja, hab ich ein Geburtstagsgeschenk. Aber verratet es niemanden.

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Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

12 Kommentare

Rebecca · 6. Juni 2017 um 8:36

Mein Papa ist so ein Unterhosenmann… #dorfkind war immer toll, wenn Freunde kamen.

Maja Rae · 6. Juni 2017 um 9:06

Sind das Mason Jars? Die sind bei Pinterest der Hit! 🙂
Da habt ihr ja wieder eine aufregende Woche gehabt! 😀 Manchmal empfinde ich unser Leben dagegen recht eintönig. Manchmal bin ich froh über die Ruhe! XD (Bei uns stand noch keine blutende Nachbarin vor der Tür…)

Julia · 6. Juni 2017 um 11:59

Liebes Leitmedium,

Ich kann euch gerne ein paar Akeleiensamen nach Brandenburg schicken, bei uns im Garten wachsen die wie Unkraut. Bienen gehen übrigens gar nicht an Akeleien, Rüssel zu kurz, sondern nur Hummeln. Also habt Ihr den Bienen kein Futter weg genommen 😉

Danke für deinen Blog, ich hab immer sehr viel Spaß!

    Katharina · 6. Juni 2017 um 21:05

    Danke, Julia, ich staunte auch. Mit Akelei können wir uns hier totwerfen, in sechs verschiedenen Farben. Schicken wir Akelei-Care-Pakete gen Berlin!

      Stjama · 6. Juni 2017 um 21:49

      Hier auch absoluter Akelei-Überschuss. Verbreiten sich jedes Jahr selbst, in allen möglichen hübschen Farbtönen. Und die sind anderswo geschützt oder sogar ausgestorben? Erstaunlich.

        Ina Ra · 6. Juni 2017 um 22:10

        Ich schließe mich an…. Wenn ich die Akelei lasse, dann wächst in unserem Garten nichts anderes mehr.
        Liebe Grüße

          mimemo · 7. Juni 2017 um 11:49

          Auch hier im Garten: Akelei im Überfluss, versamen sich jedes Jahr weiter. Und nicht nur in unserem Garten! Abgefahren, dass die geschützt sind, wusste ich auch nicht!

Sandra · 6. Juni 2017 um 19:02

….aaaahh die Gäser nennt man „Mason Jar“, gerade gemogelt, dachte schon die seltsamen Figuren von der Tombula.

    Sandra · 6. Juni 2017 um 19:09

    …natürlich nicht gemogelt sondern gegoogelt, hat „Tablet“ eigenmächtig geändert …

Svenja · 12. Juni 2017 um 14:51

„Ich stelle mir vor, wie hier ein Paket von Ostheimer mit Mittelalter-Spinnern ankommt. Wobei, das sind wir selber ein bisschen.“

Made my day! 🙂

Über Muttermilch-Eiswürfel, heimliches Obst-Essen Trendsport Krabbeln, brüllende TipTois und verlorene Schuhe - vier plus eins · 24. Juli 2017 um 23:23

[…] der ich erst die Tür aufbrechen, ihr dann das Pömpeln verweigern musste, bis sie schließlich blutend vor der Tür stand? fraumierau hat ihr damals ja Anziehsachen gegeben fürs Krankenhaus. Ich glaube mittlerweile, sie […]

Über Tischgespräche, Vagina-Kuchen, 1000 DDR-Mark, Geheimsprache für Eltern und Kinder-Spione in der Wahlkabine - vier plus eins · 28. August 2017 um 23:26

[…] gibt übrigens Neuigkeiten von der Pömpel-Frau. Ja, auch für Dich, fraumierau: Heute hing kommentarlos Dein Kleid in einem Stoffbeutel bei uns an […]

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