Über Weisungsbefugnis, umfallende Wassergläser, Koffeinentzug zum Schulanfang, die fünfte Tasche und MacGyver

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Keine Weisungsbefugnis

»Nein, nicht die Nudeln runterwerfen!«. Ich versuche, mit leichtem Nachdruck zu sprechen, aber den Babysohn nicht zu verschrecken. Er hält mit den Nudeln in der Hand inne, sieht mich streng mit seinen riesigen Kulleraugen an und kurz überlege ich, wer hier die Weisungsbefugnis hat. Langsam öffnen sich die kleinen Finger und wie in Zeitlupe fallen die klebrigen Tomatennudeln auf den Fußboden. Sein Blick prüft meine Reaktion. Ich resigniere und stelle fest, dass ich hier höchstens noch beratende Funktion habe. Die beiden anderen Kinder fangen an zu kichern, ich natürlich auch und dann ist es wieder eine dieser Situationen, in denen man doch ernst bleiben wollte, ja muss, aber es nicht schafft. Punktsieg für die Kinder.

Die Wasserglas-Verschwörung

Erst letztens fiel mir auf, dass es wahrscheinlich ein heimliches Rotationsprinzip bei den Kindern gibt, wer ein Wasserglas beim Essen umwirft. Immer, wenn man gerade sitzt, geht es „oh!“, und mal wieder läuft Wasser über den Tisch. Das macht einen ja auch ein bisschen irre, wenn dann die Flüssigkeit langsam über den Tisch kriecht, man „Boah, nicht schon wieder“ denkt und kurz in Panik verfällt, weil das Smartphone fälschlicherweise doch noch auf dem Tisch lag. Wenn das hundertste Glas umgekippt ist, gibt man dann auf, große Tischrettungsaktionen zu starten, und wirft nur noch das nächst beste saugfähige Material drauf. Vielleicht trage ich ja deswegen auch zu Hause gern Schal. Aus lauter Verzweiflung habe ich den Fehler gemacht, die Häufigkeit des Glas-Umstoßens mit leicht kritischem Unterton zu thematisieren, um nur wenige Minuten später selber mein Glas umzuwerfen. Autorität adé. Die Geschichte muss ich mir jetzt bei jedem umgestoßenen Glas anhören. Manchmal ist nichts sagen einfach besser.

Koffein-Entzug

Aber kommen wir zum Ernst des Lebens: Es ist ein Wunder, dass ich diesen Text schreiben kann und nicht schlafend unterm Tische liege. Nachdem letztens nahezu zeitgleich Geschirrspüler, Waschmaschine und Trockner kaputt gegangen sind, hat sich nun auch die undankbare Espressomaschine entschieden, lieber kollegial mit ihren Ex-KollegInnen zu sein und den Dienst bis auf weiteres einzustellen. Und das in der sensibelsten Zeit des Jahres: den ersten zwei Wochen nach den Sommerferien. Wenn bei Eltern die Kaffeeversorgung versiegt und gerade Schulanfang ist, treffen zwei Ereignisse aufeinander, die zusammen nicht doppelt so schlimm sind, sondern sich potenzieren. Wie eine Sonnenmondfinsternis. Dabei ist Schulanfang ja nicht nur schlecht, weil, naja, man denkt, man könne mal wieder etwas arbeiten, ohne ständig von einem laufenden, sprechenden Meter unterbrochen zu werden. Aber dahin muss man erst mal kommen. Denn zunächst muss man sich morgens gegen sechs aus dem Bett rollen, kurz die Welt hassen, um sich dann vom zu weckenden Kind etwas beschimpfen zu lassen. Da ist der erste Cappuccino am Morgen die Blauhelmtruppe der Familienstimmung. Schade, dass man Kindern nicht auch schon einen Kaffee hinstellen kann. Aber um mich auch mal zu loben: Ein bisschen liebe ich mich dafür, dass ich noch einen Notfallmokkakocher und einen Hand-Milchaufschäumer aus unserem letzten Urlaub habe. Weil achtsam hin oder her: ohne Kaffee keine Liebe. Ich glaube, da stimmt auch heimlich fraumierau zu, die sich morgens schon immer auf die Vene klopft, während sie ins Wohnzimmer zombiet.

FEHLER 18

Nicht nur die Espressomaschine hat uns im Stich gelassen. Auch die neue Waschmaschine streikt ein wenig, und ich fürchte, sie will mich bloßstellen. Ich muss dazu die Vorgeschichte erzählen: Ich holte letztens als vorbildlicher Instadad die Wäsche aus der Maschine und es fiel verdächtig viel Kleingeld aus der Trommel. Während ich die Wäsche aufsammelte, machte es plötzlich laut »Klimperdiklimper« und ich dachte noch: Na, hoffentlich ist da jetzt kein Geldstück zwischen Trommel und Tür durchgerutscht. Was soll ich sagen? Ein paar Tage später pumpt die Maschine nicht mehr ab, piept hektisch FEHLER 18 meldend und ich finde mich im Bad auf dem Boden in einer Pfütze liegend mit dem Finger im Flusensieb rumstochernd wieder. Und da spüre ich es, hinten links, in dem kleinen Loch. Das Geldstück. Es macht keine Anstalten rauszukommen und ich frage mich, wer so blöd ist, die Maschine so konstruieren, dass da etwas derart steckenbleiben kann.

Die fünfte Tasche

Die Schuldfrage sieht die Familie anders. Auf das Verhör hin muss ich einräumen, dass es vielleicht mein Geld ist, das da feststeckt. Mir wird mitgeteilt, dass es auch unverständlich sei, dass ich überhaupt Geld in den Hosentaschen hätte. So etwas mache man doch nicht. Aber da sei doch diese kleine Tasche in der Tasche in der Hose, die sei doch für Geld da, wende ich nein. Eine Mauer des Schweigens signalisiert mir, wie abstrus meine Hosennutzung sei. Die Tasche sei für die Uhren der Cowboys. Wisse doch jeder. Das Geldstück habe ich jetzt professionell wieder in der Maschine gedrückt und harre der Dinge, bis sie das nächste Mal nicht mehr abpumpen kann. Mir wurde leider untersagt, weitere Reparaturversuche zu unternehmen, nachdem gerade erst mein Versuch, mit einem Staubsauger mit Nylon-Strumpf den verstopften Abfluss zu reinigen in einem versauten Staubsauger und einem kaputten Abflussrohr endeten. In der Theorie sind meine Reparatur-Ideen immer sehr gut.

MacGyver ist schuld

Ich muss an dieser Stelle nochmal einwenden, dass eigentlich MacGuyver schuld ist.An allem. Ich meine: Er hat allein in der ersten Folge einen auslaufenden Säuretank mit einer Tafel Schokolade repariert! Dann werde ich doch wohl das bisschen Handwerkerei schaffen. Und a propos Säure: Kann damit nicht Geld auflösen? Ich könnte ein bisschen Säure in die Trommel…

PR-Gold

Hier kommen ja regelmäßig Werbemails und -sendungen an. Letztens war jemand so schlau, mit einer völlig verstrahlten E-Mail die halbe Elternbloggerschaft anzuschreiben, die daraufhin prustend unterm Tisch lag:

Die kleine Wolke wollte also auch zu uns und hatte enorm recherchiert, weil, wie ich erfuhr, schreibe eigentlich ich auf Geborgen Wachsen. Nur, damit Ihr Bescheid wisst:

Aber besser noch als die kleine Wolke auf Drogen war die Zusendung von … wie soll ich es umschreiben… Unrat? Eine PR-Abteilung hatte die großartige Idee, per Post drei Döschen und zwei Fläschchen zuzustellen. Darin eine nicht mehr identifizierbare braune klebrige Substanz – in einem früheren Leben wohl Tomatenmark, Öl, Senf, Hafer und Kaffeepulver. Und dazu ein ganz fescher Text: »Haben Sie nicht auch schon einmal insgeheim davon geträumt, mit Kaffee, Wein, Müsli und Co. ein richtig schönes Chaos zu veranstalten?«

Ich antworte mal stellvertretend: NEIN, IHR BLITZBIRNEN, HABEN WIR NICHT. HIER SCHMIEREN SCHON DREI KINDER RUM. ELTERN HABEN KEINE LUST, NOCH MEHR RUMZUSCHMIEREN. WIE KOMMT MAN AUF SO EINE BESCHEUERTE IDEE?

Und danke für den Hinweis, dass die Proben nicht zum Verzehr geeignet sind. Wir wollten uns gerade einen Salat damit machen!

Vielleicht lasse ich das Zeug jetzt so richtig vergammeln und schicke es dann zurück mit dem Hinweis, dass sie ja mal rumschmieren könnten. Und ich lege noch eine volle Windel und ein bisschen Kinderkotze drauf. Ich bin ja nicht so.

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Kategorien: Montagspost

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4 Kommentare

Susa · 18. September 2017 um 21:06

Vielen Dank, Herr Leitmedium! Großartig unterhaltsam wie jede Woche…

12 von 12 im September 2017 - vier plus eins · 12. September 2017 um 21:19

[…] schon in der Wochenpost beschrieben: Es ist Schulanfang und unsere Espressomaschine ist defekt. Alarmstufe Rot Defcon 5. Immerhin habe […]

Der Preis für das irritierendste Werbegeschenk 2017 - vier plus eins · 26. November 2017 um 20:42

[…] mag ja besonders die fremdschämigen und leicht irritierenden Werbezusendungen. Letztens hatte ich schon berichtet über die unheimlich schlaue Idee, mitten im Hochsommer um die Ferienzeit irgend welches Biozeug per Post zuzuschicken, damit Eltern […]

Über Pinsel im Abfluss, eBay Kleinanzeigen, Nietzsche und Hudern - vier plus eins · 23. Januar 2018 um 21:23

[…] Mein Versuch, das Abflussrohr mit einem Staubsauger und einem Nylonstrumpf-Filter freizusaugen endete in einem Debakel. Frustriert und aus Protest gegen meine eigene Unfähigkeit hatte ich den hässlichsten Stöpsel […]

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