Über einen geplatzten Reifen, keinen Abschleppwagen, Gartenklaustrophobie, Esel im Seniorenheim, IKEA und §1619 BGB

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Abschleppwagen! Abschleppwagen!

»Ich fürchte, wir müssen einen Abschleppwagen rufen«, erkläre ich den Kindern mit bitterer Mine. Als wir abends am Landhaus ankamen, wollte ich besonders effizient einparken, nahm einen Bordstein mit und einer der neuen Reifen machte kurz Pffff und zog danach ein finales breites Gesicht. Kann ich verstehen. »Ein Abschleppwagen?«, fragen sie nach. »Ja…« Nach einem kurzen Moment vorgetäuschter Teilnahme brechen die Kinder in einem Jubelschrei aus. »Abschleppwagen! Abschleppwagen! Abschleppwagen«. Ich hatte ganz vergessen, wie verlockend doch so ein großes Auto mit Kran und gelben Blinklichtern ist. Es tat mir dann fast, also wirklich nur fast, okay eigentlich gar nicht leid, als nur ein schnöder Pannenwagen kam und das Auto wieder flott machte.

Ich will ja nichts sagen, aber auf Instagram hättet Ihr zeitnah den Thriller miterleben können.

Ich kann ja Autosachen ungefähr so gut wie Raketen bauen. Wobei ich letzteres wahrscheinlich besser könnte. Immerhin googelte ich, ob ich eigentlich ein Reserverad im Auto hatte. Und siehe da: Seit 70.000km habe ich offenbar ein fünftes Rad im Wagen gehabt! Das befand sich nur leider unterhalb des Autos und das Internet war voll von verzweifelten Menschen, die wissen wollten, wie man da nun eigentlich rankäme. Lösung: Die eine Kurbel unter dem hinteren rechten Sitz aus dem Fußboden nehmen und im Kofferraum die Spezialschraube drehen. Zusammengefasst stand da also: Herr Leitmedium, rufen Sie doch einfach jemanden an, der was von versteht. Tschö mit ö.

Der junge Autoreparateur bat mich dann in strömenden Regen, ob ich nicht wenigstens einen Regenschirm über ihn halten könne. Konnte ich natürlich nicht, weil Regenschirme sind ja nie da, wenn man sie braucht. Aber ob ich mich hinlegen und gucken könne, ob der Ersatzreifen sich durchs Kurbeln endlich unter den Kofferraum senke?? Ich glaube, er wollte nur, dass ich auch mal im Schlamm liege. Ich habe mein Handy gezückt, die Kamera angemacht es unters Auto gehalten. Nein, so könne er auch nichts sehen. Ob ich mich nicht vielleicht auf den Boden legen könne? »Ey, so nicht, Freundchen«, dachte ich, holte noch ein Smartphone und machte einen Video-Stream von einem Telefon zu anderen und hielt ihm das zweite Telefon direkt vor die Nase. Der Mechaniker sah mich kurz an, als sei ich ein wenig irre und ich war mir sicher, dass ich eben doch Raketen bauen kann.

Gartenklaustrophobie

In der letzten Woche habe ich ja erklärt, wie das so ist mit dem Garten und mir. Also dass wir zwei gern verschiedene Wege gehen. Nun wurde ich in Kenntnis gesetzt, dass fraumierau eine Sauna haben will. Da das Haus zu klein ist, muss die auch in den Garten. Ich kann ja Saunas (Saunen? Säune?) nicht leiden, aber: Ich bin ab jetzt für alles, was die Gartenfläche verkleinert. Da kann ich dann sagen: Puh, nein, der Garten ist mir einfach zu beengt. Ich leide unter der seltenen Gartenklaustrophobie. Brauche ich nur noch ein gutes Fremdwort für. Dann mache ich so ein Betroffenheitsblog auf und Ihr kauft alle mein Buch „Papa post portas. (k)ein Garten für mich“. (Da hier manche schwer von Begriff sind, möchte ich nochmal kurz darauf hinweisen, dass ich die wöchentliche Loriot-Anspielungs-Quote hiermit erfüllt habe).

Das geheimnisvolle Seriorenheim

Und da wir gerade bei schwer von Begriff sind: Letztens sind wir am Altenheim hinter unserem Haus vorbeigelaufen und da waren so Pferde. Mitten in der Stadt. Ich sage zu den Kindern, „guckt mal, da sind die Pferde“. Die Kinder guckten anteilsnahmlos, weil Pferde kennen sie ja nun. Dann kam eine kleine Frau in einem Ost-Haushaltskittel und rief „Wollen ihre Kinder kommen? Das ist hier ein Fest!“. Fest im Seniorenheim. Wir bleiben bei Loriot. »Wollt Ihr rein?«. Ich bekam nicht mal ein Kopfschütteln. »Wir haben auch ein Schwein, Hasen, einen Esel und eine Ziege«. Ich rätsele bis heute, warum zur Hölle im Seniorenheim für ein Fest ein armes Rudel Tiere in den Garten gekarrt wird udn man dann versucht, Nachbarskinder anzulocken. Da ist irgendwas im Busch. Aber bald ist ja wahl und das Seniorenheim ist die Wahlkabine. Und wenn ich dann wieder heimlich Fotos von mir in der Wahlkabine mache (voll verboten, Leben am Limit!), finde ich raus, warum die da Bremer Stadtmusikanten mit echten Tieren spielen. Und den Kindern bringe ich bei, wenigstens einmal „Nein“ zu sagen, wenn sie was blöd finden.

IKEA

Zum Thema „Nein sagen“ muss ich von unserem IKEA-Besuch berichten. fraumierau hat fürs Haus eine Gardinenstange besorgt. Genau genommen ist sie in den Baumarkt auf dem Land und fragte nach einem Kupferrohr. Die sind ja eigentlich für Gas und so da. Als sie wissen wollte, was man dafür als Gardinenhalterung nehmen könnte, ist der Baumarktmitarbeiter erst kurz in Ohnmacht gefallen und hat danach brummend versichert, dass man sowas hier nicht mache. Jedenfalls kauften wir lauter Haken und Ösen, bis uns im Haus auffiel, dass das alles nicht geht, weil man in die Haken dann die Stange gar nicht mehr von der Seite reinstecken kann. Wir sind schon ein Handwerker-Traumpaar! Steilvorlage für fraumierau zu behaupten, bei IKEA gäbe es genau die richtige Lösung! Total preiswert! Ob sie nicht mal kurz zu IKEA könne? Ok, aber nur die Gardinen-Aufhängung, ja? Und ich darf im Café sitzen? Ich saß dann da so leicht suizidal veranlagt in der mich permanent dutzenden Möbel-Mensa und versuchte, den „Spezialitäten“-Kaffee runterzukriegen, nachdem ich mit der Kassiererin folgende Diskussion hatte: Eine Tasse Kaffee kostet 50 Cent. Man kann sie aber beliebig oft benutzen, um Kaffee nachzuholen. Wenn man einen Cappuccino möchte, holt man sich auch eine 50 Cent-Tasse und muss dann am Automat nochmal 50 Cent reinstecken. 1 Euro kostet also ein Cappuccino, so steht es auf dem Schild. Auf meine Frage, ob ich denn mit der 50Cent-Tasse danach dann auch wieder normalen Kaffee holen oder für nur 50 Cent nochmal einen Cappuccino holen dürfe und wie das überhaupt alles berechnet werde, starrte sie mich mit dem leeren „Ah, ein witziger Kunde“-Blick an und ich geißelte mich dann mit dem Kaffee.

Eine knappe Stunde später – ich hatte inzwischen alle Buchattrappen leergelesen – tauchte fraumierau wieder auf und nuschelte, dass sie die Gardinenaufhängung und „ein bisschen was anderes“ gekauft habe. Meine Inventur ergab folgendes Gesamtbild:

Einkaufsziel

Eine Gardinenaufhängung. Kosten geschätzt: 15€

Einkaufsergebnis

  • eine Schuhmatte („Für die dreckigen Stiefel!“)
  • zwei Kissen („Du magst doch Kissen so!“)
  • zweiKissenbezüge („Guck, das schöne Muster“)
  • zwei Skizzenbücher („Damit die Kinder endlich malen können. Die sind wirklich gut!“)
  • Servietten (Nimmt man dann als teuren Küchenpapier-Ersatz))
  • eine Vase („Ach, ich habe eine Vase gekauft?“)
  • zwei Gläser („Hier für Dich. Du fandest die anderen so hässlich“ (Diese sind mit Aufdruck, ich hasse Gläser mit Aufdruck)
  • eine SANDUHR („Sie ist so schön“. Messungen ergaben, eine Laufzeit von einer Minute dreiundvierzig Sekunden. Vielleicht die Ziehzeit für schwedischen Tee?)
  • eine Glasglocke für die Sanduhr (Damit die Kinder was zum Runterwerfen haben)
  • sechs Untersetzer („Weil das Getränkeding getropft hat!“)
  • eine Gardinenstangenhalterung

Kosten gesamt: 107,86€

Wenn Ihr mal 1:43min messen müsst, gebt mir einfach Bescheid.

Und jetzt: Abschalten

Ich habe eine neue Kinderserie für die immer noch nicht existente Datenbank „Kindercontent, der Eltern so massiv nervt, dass er verboten gehört“. Es geht „Die Spielzeugfabrik“ auf Netflix. Eine Sitcom für Kinder. Irgendwie haben die Kinder sich erschlichen da zwei, drei Folgen von zu sehen, bis ich das erste Mal diesen Angriff aufs menschliche Gehirn selbst sah. Ich weiß gar nicht, ob mich die Dummheit oder die plumpe Aneinanderreihung sexististischer und rassistischer Klischees mehr nervte. Hier, Frauen sind Dummchen, Ausländer sprechen komisch und sind auch ein bisschen dumm und überhaupt. Kann weg. Tschüss. Dann sogar noch lieber Bibi und Tina. Und das will was heißen.

§1619 BGB!

Weil Ihr so vorbildlich bis hierhin gelesen habt (Ich lese keine Texte, die länger als eine Bildschirmseite auf dem iPhone sind), belohne ich Euch noch mit der Lösung für Eure „Das Kind hilft nicht im Haushalt“-Probleme. Wahrscheinlich habt Ihr es auch probiert mit liebevoller Zuwendung, frühem Einbeziehen und sanftem Argumentieren. Aber es geht viel einfacher. Zunächst muss ich noch schreiben, dass ich kein Anwalt bin, dies keine Rechtsberatung ist und ich das §-Zeigen für was zu essen halte. Jedenfalls druckt Ihr Euch jetzt den Paragraph 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches aus und heftet ihn an den Kühlschrank:

» Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten.«

Ha! Ab jetzt droht bei Nichthelfen einfach im Gefängnis bei Brot und Wasser schmachten! Wobei das ja nicht ganz unattraktiv klingt, wenn man da einen Laptop und WLAN hätte. Die Stille. Stellt Euch die Stille vor.

Mein eBook – für Euch!

Und nachdem Ihr letzte Woche alle mein Webinar gebucht habt, in dem ich Euch erkläre, wie man ein Webinar macht, um Webinare zu machen, könnt Ihr jetzt noch für 24 Stunden mein eBook zum Thema „Du hast nichts zu sagen? Blogg darüber! – Kooperationen erschnorren für Fortgeschrittene“ KOSTENLOS runterladen!

Und zum Beschluss neu in der Kategorie „Ihre Woche, seine Woche“ – einfach nur meine Woche. Während ich mal tagsüber kurz einnicke… ach, seht selber:

Ich muss mal eine Augenbrauen-Frisör-Koop machen!

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Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

8 Kommentare

Sandra · 14. August 2017 um 23:45

Lieber Herr Mierau, ich werde die ganze Woche mit Lachtränen in den Augen rumlaufen…danke!!!

Nils · 15. August 2017 um 11:28

Wer abkackt, wird angemalt Herr Mierau. Das war schon immer so… zum Glück haben die Kinder keinen Edding gefunden.

    Christl Iz · 15. August 2017 um 12:28

    …und wer abmalt wird ange… Ach egal.

AnneMo · 15. August 2017 um 12:24

Tatsächlich habe ich mit meinem Gatten auch das Sauna-Problem. Nur andersrum… Saunen finde ich total ätzend. Aber ich hab so einem Außenteil (jaja, eine Faßsauna soll es sein…) zugestimmt, weil dann der Garten -und damit die Arbeit darin- kleiner/weniger wird. Ziemlich kluger Schachzug, wie ich finde. Hoffentlich geht der Plan auf…

Frauerr · 15. August 2017 um 16:13

Tech-savy for life! Das mit dem VideoStream ist ja schon a weng nerdy. Aber effizient! Muss man erstmal drauf kommen.
Wo gibt’s das ebook? Oder ist die Frist breits rum?
Liebe Grüße,
Frauerr von thestruggleisreal31.blogspot.de

Natascha · 15. August 2017 um 22:00

Tipp für eine tolle, liebevolle Kinderserie, die ich in Punkto Geschlechterklischees super finde: Gortimer Gibbon von Amazon prime. Roboter bauende Mädchen, das Buch „die Abenteuer der furchtlosen piratin Frida“, das in Eier Folge gesucht wird… Sehr sehr gut alles.

frankiboy · 20. August 2017 um 22:34

Ist das Altenteil zufälligerweise in Berlin? …Weissensee?? …bzw. das Seniorenstift PrenzlBürg, in der Guertelstr.??? NuMaSo dahingedachtgesagt…

Über Esel, Matsch und mein Snoop Dogg Moment in Bochum - vier plus eins · 20. November 2017 um 23:22

[…] gibt, hilft das Handy. „Abschlapphaken Citroen Xsara Picasso“ gebe ich ein. Erst vor kurzem hatte ich eine ähnliche Verzweiflungssuche danach, wo sich eigentlich unser Reserverad befindet und wie man es aus dem Auto bekommt. Und auch […]

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