Über Berufsfragen, eigenes Tempo, ein-Kugel-Eiswaffeln, noch ein Sams und kein Geburtstagsfrühstück

Veröffentlicht von leitmedium am

Berufsfragen

Was meine Frau denn beruflich machen würde, fragt der Nachbar, nachdem er die Erklärung zu meinem Job bereits unter „was mit Computern“ verbucht hat. Sie würde Erziehungsratgeber schreiben, erkläre ich. Nun, das sei ja etwas trocken, nicht wahr, aber sicher eine gute Sache – das brauche bestimmt jemand, stellt er fest. Eigentlich vermeide ich das Thema ja, denn wenn wir unsere Berufe bekannt geben, gibt es immer Beratungsgespräche. Letztens sprach mich die bis dahin unbekannte Mutter einer Nachbarin an, sie hätte gehört, ich würde mich mit Computern auskennen und was sie sich denn für ein Handy holen solle, hier so wegen Funkempfang und Datenvolumen. Oder es kommen Fragen an fraumierau, wie man das Kind nun besonders gut, sanft oder effizient erziehen könne. Die üblichen Antworten sind „Ich habe leider keine Ahnung“ (ich) oder „Jedes Kind nach seinem Tempo“ (fraumierau). Vielleicht antworte ich in Zukunft auch „Jedes Gerät nach seinem Tempo“ – das klingt auf jeden Fall professioneller. Unangenehmer stelle ich mir ja nur vor, zu erklären, Zahnärztin zu sein, und dann holen die Menschen gleich ihr Gebiss raus oder texten einen mit der misslungenen Weisheitszahn-OP von vorletztem Jahr voll.

Tempo

Jedenfalls bat mich der Nachbar ein paar Tage später doch um Kontakt zu meiner Frau, er wolle besprechen, wie er das Kind besser für die Hausarbeiten motivieren könne. Ich antwortete, sie würde sicher „jedes Kind nach seinem Tempo“ antworten und denke, falls mal irgendwas schief läuft, schmeiße ich den Buchschreib-Laden hier einfach alleine. Dann kann ich mich auch wochenlang einschließen, mehrmals täglich ein Brötchen daumendick mit Nussnougatcreme beschmieren und sagen, dass ich das jetzt wirklich bräuchte, weil ich müsse das Buch fertig schreiben.

Schon wieder Sams

Andere Autoren schreiben auch weiter Bücher. Nachdem 2020 ja jetzt schon nicht so das Jahr mit Zuckerstreuseln und Glitzer ist, musste ausgerechnet noch ein neuer Sams-Band erscheinen. 2020! Also nichts gegen das Sams, aber gerade noch hatte ich überlegt, eine Petition zu erstellen, dass es bitte keine neuen Samsbände mehr geben dürfe, denn leider treiben mich die Wortspiele darin zur Verzweiflung. Die Kinder lernen sie alle, wirklich alle, auswendig und ständig werden sie irgendwo eingeflochten. Auf der guten Seite hege ich stark die Vermutung, dass die Liebe zu den Wortspielen des Sams zur Liebe der Kinder zu deutschsprachigem Hiphop führte. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob dies zwangsläufig dazu führen musste, dass ein Kind eine stille Viertelstunde dazu nutzte, den gesamten Garten mit dem 90er-Retro-Hiphop-Bandnamen VSK vollzutaggen. Immerhin sieht es jetzt auch auf dem Land ein bisschen aus wie in der Stadt.

eine-Kugel-Waffeln

Wenn die Kinder eine Petition starten würden, ginge es zur Zeit wahrscheinlich um Eis. Bei unserem letzten Ausflug haben sie vorgeschlagen, bestimmte Eiswaffeln einfach zu verbieten, nachdem sie missmutig an einer dieser unknusprigen „eine Kugel“-Waffeln lutschten. Sie wollten mal wissen, was das für Menschen seien, die so etwas herstellen! Ich erinnerte mich dran, dass ein Freund von mir immer mit „Ich hätte gern zwei Kugeln in der Waffel… eine Schokolade und… ach, das reicht“ sein Eis bestellte und ich erst verstand, warum, bis er mir zeigte, dass er damit immer die menschenfreundliche Waffel bekäme. Ich bin ja sehr für Schrulligkeiten zu haben und habe diese Lebensweisheit nun an die Kinder weitergegeben, auch wenn jetzt sicher jemand erklären wird, diese egoistische Handlungsweise würde die Eis-Industrie ruinieren, Arbeitsplätze gefährden oder Bill Gates zur Weltherrschaft verhelfen. Ich sag mal so: Es gibt auch gute Einkugel-Eiswaffeln! Ihr hattet Eure Chance!

Geburtstag

Kein Eis gab es an meinem Geburtstag. Nicht einmal Frühstück. Nachdem ich jetzt seit ein paar Monaten regelmäßig starke Magenschmerzen habe und die Familie schon drüber nachdenkt, wer dann mein Handy bekommt, versuchte ich seit fast ebensolanger Zeit einen Termin für eine Magenspiegelung zu bekommen. Die Telefonate liefen eigentlich immer so, dass man mir einen Termin in drei Monaten anbat, ich schockiert auflegte, um geläutert zwei Tage später anzurufen, wo man mir dann bedauernd mitteilte, man sei jetzt dann schon im Januar. Den sirenenhaften Telefonfähigkeiten einer lieber Freundin dank, bekam ich nun doch kurzfristig einen Termin. Sie hat wohl am Telefon erklärt, ich hätte drei Kinder und offenbar reicht diese Tatsache für so viel Mitleid, dass man nicht noch ein halbes Jahr mit einer Wärmflasche verbringen muss. Ich hatte also plötzlich den ersehnten Termin, aber weil 2020 ja ein ziemliches Arschloch ist, natürlich am Geburtstagmorgen 10 Uhr – nüchtern. Sonst ist es ja langweilig. Da ich mir ja immer alles schönrede, beschloss ich, dass ich so die Gelegenheit hätte, zwei Mal am Geburtstag aufzuwachen. Leider verzichtete man in der Praxis darauf, mir folgerichtig ein Lied zu singen, aber ich muss sagen, mal mitten in der Woche am Tag eine Stunde schlafen war ein ziemlich gutes Geschenk. Im Alter wird man ja anspruchsloser. Und dann gab es zum Aufwachen noch zwei Karamellkekse und Pfefferminztee – ich hatte schon schlechtere Geburtstagfrühstücke. Das zweitbeste Geschenk kam vom kleinen Sohn, der mir ein Bild gemalt hatte. Auf meine Frage, was das denn auf dem Bild sei, antwortete er, das sei eben ein Bild und ging. Ich glaube, so mache ich das jetzt auch mit Rückfragen im Leben. Wenn man auf das Offensichtliche verweist, liegt man zumindest nicht falsch.


Dir hat der Blogpost gefallen? Dann lade mich doch auf einen Kaffee ein! (Paypal-Link).

Die zu wenigen Texte hier kompensiere ich übrigens durch zu viele Instastories, in denen kleine Anekdoten landen, die es nicht in Texte schaffen.

In der aktuellen Folge MKL reden Patricia und ich über das Thema Vereinbarkeit im Job, davor haben wir über Kinderfilme gesprochen.

Kategorien: Montagspost

leitmedium

Parteiloser Postprivatier.

2 Kommentare

K. · 20. August 2020 um 12:44

Ha, ha, ich verheimliche auch immer meinen Beruf. Denn als Kundenberater in einer Bank werde ich dann immer nach dem totsicheren Anlagetipp gefragt oder bekomme Geschichten erzählt, wie böse unser Berufsstand ist. Beides nicht angenehm für mich! Oder ich werde gleich als böser Kapitalist bezeichnet… da verzichte ich gerne drauf. Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag!!!

Janine · 2. September 2020 um 13:05

Ich lieeeebe diese Ost-Pappwaffeln und bevorzuge Eisdielen damit. Eis muss natürlich auch schmecken und am besten tut es das in der Muschelform-Eiswaffel! Jamjam.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert