Über alkoholfreien Sekt, (k)ein Starleben, Salzburg, Snackautomaten und theoretische Caféhäuser

Veröffentlicht von leitmedium am

Alkoholfreier Sekt

Der alkoholfreie Sekt würde wie Kotze schmecken, beschwert sich laut eines der Kinder. Nachdem wir es letztens vermasselt haben mit dem richtigen Ton bei geschmacklichen Beschwerden, werden sie mittlerweile wieder sprachlich deutlich vorgetragen. Ich nehme das Glas Kindersekt, probiere und muss zugeben, dass die Beschreibung recht präzise ist. Leider sind wir gerade auf einer dieser etwas heiklen Familienfeiern, die nur alle zehn Jahre stattfinden. Die Stimmung ist etwas angespannt und ich lächle leicht kopfschüttelnd entschuldigend in die Runde, während ich eine Verwandte dabei erwische, wie sie heimlich ihr Glas in meins entsorgt und mich dabei schulterzuckend mitleidig ansieht. Während ich tröpfchenweise Alibi-nippe, sehe ich den „Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen!“-Szenen zu. Beim „Schön Dich zu sehen! Darf ich Dich kurz umarmen“ – „Das möchte ich lieber nicht“-Dialog bin ich auch schon gut genug unterhalten für den Rest des Abends und trinke tapfer meine Dschungelprüfung.

Einmal Star und zurück

Eigentlich wollte ich ja von meinem kurzem Star-Moment letzte Woche erzählen. Ich hatte eine Anfrage für so ein „huiui, moderne Väter“-Interview und dachte, dass ich jetzt auch endlich berühmt werde. Und als ich schon zusagen wollte, las ich die Mail noch mal und stellte fest, dass es sich um eine Limonade-Reklame handelte. Das ist dann nach dem Buchvertrag-Angebot mit dem Cover mit Baby mit Windel auf dem Kopf letztens der zweite Absturz. Oder ich sehe es einfach positiv und denke mir, dass ich nicht erst berühmt werde und dann Limo-Reklame mache und unlustige Bücher schreibe, sondern gleich beim peinlichen Teil einsteige. Das nenne ich mal Effizienz!

Salzburg

Große Vorfreude jedoch gibt es fürs Ende Woche: Wir fahren nach Österreich. Jetzt hätte ich fast geschrieben, ich wollte schon immer mal nach Salzburg, aber leider habe ich gerade in meinem Tagebuch gelesen, dass ich dort schon einmal vor 25 Jahren war und jetzt fühle ich mich irgendwie nicht ganz so gut mit meinem schütteren Haar und offenbar gänzlich vergessenen Kapiteln. Egal: Salzburg! Ich habe ja gelernt, dass es da den richtigen Hot Shit der Mozartkugeln gibt, nämlich die silber-blau verpackten. Ich kümmere mich gerade um einen Großraumkoffer, damit ich genügend davon nach Hause schleppen kann. Leider wird es nur wieder so sein, dass die Kinder den halben Haushalt mitnehmen werden. Also nur das Nötigste natürlich: Pro Kind vier Kuscheltiere, plus eins für alle Fälle, plus Bücher, die nicht gelesen werden, plus Dinge, die ich noch nie gesehen habe in meinem Leben und auch deren allgemeiner Nutzwert zweifelhaft ist. Dazu kommt das kleine Detail, dass ich zunächst allein mit den Kindern mit dem Zug von Berlin nach Salzburg fahren werde. Das Gute ist: Ich habe gerade ein Testament und eine Vorsorgeverfügung gemacht, denn ich nehme stark an, nach sechseinhalb Stunden Zugfahrt mit drei Kindern mit Umstieg in München wird mein Haarwuchs auch nicht mehr dichter.

Snackautomaten

Am meisten fürchte ich mich ja vor den Snackautomaten an Bahnhöfen. Idealerweise plane ich vorher daher einen Weg, der alle Automaten umgeht, ohne, dass sie auch nur auf Sichtweite kommen. Leider hat ein Kind mal einen Resteuro in einem Automaten gefunden und daher läuft es sonst jedes Mal so:

  1. Alle Kinder stürmen auf den Automaten, fassen in alle Öffnungen und suchen mit leicht irrem Blick nach Geld.
  2. Sie finden sich damit ab, dass sie kein Geld finden und überprüfen, ob es noch Restguthaben gibt. Dabei dauert es lang, um zu verstehen, dass angezeigte Beträge auf dem Display daher kommen, dass sie wild auf den Tasten rumdrücken und einfach die Preise angezeigt werden.
  3. Sie überlegen, ob sie sich etwas kaufen wollen und kratzen minutenlang einzelne Cent-Stücke aus ihren Taschen zusammen.
  4. Leicht hüstelnd weise ich darauf hin, dass sich hinter uns eine Schlange von Menschen bildet, die gern an den Automaten wollen und leicht die Augen verdrehen.
  5. Die Kinder haben genau 65 Cent und brauchen nun ganz unbedingt fünf Cent, weil sie ohne diesen Maracuja-Salz-Riegel mit Lakritzgeschmack auf C7 (etwas anderes für 70 Cent gibt es nicht) wirklich nicht mehr leben können.
  6. Ich überlege, welche Erwachsenen eigentlich etwas an Snack-Automaten holen.
  7. Der Zug kommt, die Kinder bekommen einen Nervenzusammenbruch, weil es wieder nichts gab und schwören sich, am nächsten Bahnhof endlich das Glück zu finden.

Dafür gibt es dann im Zug genug Streitpotential, wenn es wieder diese blöden Plastik-ICEs gibt, die sich zu Hause bereits stapeln. Sämtliche Vorschläge, dass sie doch einfach alle teilen könnten, statt dass jede_r hier einen eigenen Fuhrpark mit allen möglichen Modellen aufmachen muss, werden nicht erhört. Kein Fußbreit den Geschwistern!

Caféhausromantik

Aber all das ist ja nicht weiter schlimm, denn am Ende gibt es Mozartkugeln für mich. Und in meiner Vorstellung sitze ich dann noch mit so einer Zeitung am Stock in einem österreichischen Caféhaus, blättere leicht pikiert näselnd darin herum, kommentiere kopfschüttelnd das Weltgeschehen und hadere, ob mir der Kaffee nun schmeckt oder nicht. In Wirklichkeit werde ich wahrscheinlich von einer Kinderattraktion zur nächsten eilen und die Cafés nur im Vorbeigehen sehen, aber: Ich war dann erste Mal dort! (Also wie vor 25 Jahren).


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Die zu wenigen Texte hier kompensiere ich übrigens durch zu viele Instastories, in denen kleine Anekdoten landen, die es nicht in Texte schaffen.

In der aktuellen Folge MKL reden Patricia und ich über das Thema Vereinbarkeit im Job, davor haben wir über Kinderfilme gesprochen.

Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

7 Kommentare

Funke Nadine · 28. Januar 2020 um 8:42

Viel Spaß in Salzburg. Da gibt es die schönsten museen mit kindern. Naturkundemuseum wurden wir bei Schließung raus geschmissen. Und probiert kein salzburger nockerl.. (oder vielleicht doch?) Das ist eklig. P. S. Vor den mozartkugel läden wimmelt es von chinesen…

Julia · 28. Januar 2020 um 9:20

Ich bin zwar nicht aus Salzburg, sondern Linz, aber das liegt ja quasi nebenan. Viel Spaß! Fährt ihr nach Salzburg Stadt oder ins Salzburger Land? Das wäre gut zum Schi fahren zur Zeit!
Und nur dass ihr euch nicht wundert: in Hallstatt in Oberösterreich gibt es momentan viel Aufregung wegen der vielen Chinesen und dem tollen neuen Virus. Das ist wahrscheinlich in Salzburg auch nicht anders…
LG Julia

Bettina · 28. Januar 2020 um 10:48

Snackautomaten aka „Selecta“ gibt es in Österreich an jedem Bahnsteig – die Sachen sind frisch und werden gut genutzt (auch von Erwachsenen *hihi*); Mozartkugeln kann man auch im Supermarkt kaufen (meistens billiger und ohne große Touristengruppen) und das „Haus der Natur“ ist einfach wunderbar – viele Experimente zum durchführen (gefällt mir auch als Erwachsener immer wieder).

Viel Spaß in Salzburg – der Bahnhof liegt optimal.

Lena · 28. Januar 2020 um 19:22

Liege unter dem Tisch nach dem Snack-Automaten Kapitel:-)) Wir sind hier ein Level weiter. Sohn grinste mich neulich vor dem Automaten überlegen an, prokelte abgezählt 60Cent aus aus der Hosentasche, wählte das gewünschte Süßzeug aus und informierte mich darüber, dass dies sein gutes Recht sei- das sei ja schließlich Taschengeld.
Viel Spaß in Österreich!

Inga · 29. Januar 2020 um 8:14

Danke für die guten Lacher am Morgen! 😀

Anita · 30. Januar 2020 um 13:52

Keine Sorge. Es gibt keine Kinderattraktionen (wenn du dich vom Haus der Natur und dem Spielzeugmuseum fernhältst) und in der Stadt auch kaum Spielplätze. Kaffeehaus ist DIE Kinderattraktion schlechthin. Aber sonst ist es vom St.Virgil auch nicht weit zum Aigner Park mit dem beliebten Hexenloch.
Jedenfalls viel Spaß in meinem Dorf 😉

Neeva · 3. Februar 2020 um 8:27

Ha, dann habe ich am Freitag doch richtig geguckt! Ich war zu schüchtern um etwas zu sagen, aber ich war im gleichen Zug nach München. Jetzt kann ich das als Prominentensichtung verbuchen…

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