Über Spielplatz-Saison, Eisdielen-Politik und eine Wochenend-Lesetechnik

Veröffentlicht von leitmedium am

Spielplatz-Saison

Schlechte Nachricht für mich selbst: Die Spielplatz-Saison hat begonnen. Es wird wieder aufwändiger, sich Ausreden auszudenken, warum man nicht unter Leute geht. Die Kindern gucken ja dann mit diesem Es-ist-jetzt-wirklich-Zeit-dass-wir-auf-den-Spielplatz-gehen-Blick und ich gucke dann erst mit dem als-ich-so-alt-war-wie-ihr-habe-ich-bis-es-dunkel-wurde-allein-draußen-gespielt-Blick und wenn die Kinder dann mit dem ja-aber-das-war-bestimmt-vor-dem-Krieg-Blick antworten, versuche ich es mit dem Bitte-bitte-kann-ich-mich-mit-einem-Eis-freikaufen-Blick. Das funktioniert oft, aber nicht immer und so stehe ich dann manchmal am Spielplatzrand und finde die Welt und den Sand blöd. Vor allem dem Sand. Aber eigentlich gehe ich noch immer der Frage nach, warum Kinder immer auf den Spielplatz rennen müssen. Wenige Meter vorm Eingang rennen sie los. Jedes Mal. Ist ein Spielplatz weniger Spielplatz, wenn man langsam rauf geht? Vielleicht sollte ich ja auch mal rennen und dann erschließt sich mir die Freude? Wobei „mittelalter rennender Herr auf Spielplatz“ wohl eher zu einem Polizeieinsatz als zu Glückseligkeit führen wird.

Eisdielen-Politik

Also doch lieber versuchen, sich an eine Eisdiele zu verdrücken. Es gibt ja wenig Menschen, die ich bewundere, aber Eisverkäufer_innen, die gut gelaunt Kinder bedienen, haben meine volle Bewunderung. Schokolade… NEIN… Erdbeer… NEIN… Was ist das? … Kann ich zwei Kugeln… Und was ist das? … Ich will eine große Waffel… Ach nein, doch lieber im Becher… aber mit einem lila Löffel! Eiskaufen mit Kindern ist ja vor allem Politik. Meine Lektion: Bei mehreren Kindern ist es überlebensnotwendig, sie in der richtigen Reihenfolge bestellen zu lassen. Immer zuerst das Kind, das den Geschmack angibt! Sonst bestellen zuerst die Kleinen, dann das Große und dann finden die Kleinen, dass sie eigentlich genau das wollen, was das Große will. Natürlich wenn die Kugeln schon überreicht wurden. Wenig aussichtsreich sind lieb gemeinte Ratschläge wie „Die letzten drei Male hat Dir das Zitroneneis nicht geschmeckt“. Hier lieber gleich für sich selbst ein Eis bestellen, dass man dann mit einem leichten Augenrollen gegen das Zitroneneis tauscht, das eigentlich nie jemand will.

Geschmacksdiskussionen

Mein Rechner ist während des Schreibens abgestürzt. Das kommt ja in den besten Familien vor. Diesen Absatz konnte ich nur noch schnell vom Bildschirm abfotografieren. ?‍♀️

Wochenend-Lesetechnik

Das mit der Spielplatz-Saison jedenfalls ist auch schade, weil ich endlich eine Technik entwickelt habe, um am Wochenende tagsüber zu Hause zu lesen. Mit anwesenden Kindern! Meine bisherigen Versuche, mich wie ein erwachsener Mensch einfach auf ein Sofa zu setzen, eine Tasse Tee in der einen und ein Buch in der anderen Hand, führten lediglich zu „Pass auf, nicht auf mich raufspringen, der Tee ist heiß!“-Rufen. Aber der Trick ist, unverdächtig auszusehen. Meine neue Methode also: statt entspannt zu wirken, einfach mit dem Buch in der Hand durch die Wohnung gehen und dabei eine „ich mache Hausarbeit“-Aura ausstrahlen. Zack, verlieren die Kinder ihr Interesse und plötzlich schaffst Du fünfzig Seiten – so viel wie das ganze letzte Jahr bei Tageslicht – und bewegst Dich auch noch. Vielleicht sollte ich es als „Leit-Read-Workout“ an eine Eltern-Zeitungen verhökern? Wobei mir jetzt auffällt, dass es so ja vielleicht auch auf dem Spielplatz geht. Da kann man gleich elegant Gesprächen mit Eltern aus dem Weg gehen und muss sich auch nicht dafür rechtfertigen, dass man auf dem Spieplatz-Bank sitzend ein Smartphone benutzt. Das ist nämlich voll nicht detox und man muss ja schon permanent seinem Kind beim Spielen zusehen, sonst bekommt es ein Trauma oder zwei und klaut anderen Kindern die Kaugummis.

Dinosaurier ohne Schlafanzüge

Aber neuerdings läuft ja hier alles ganz korrekt ab. Seit die Kinder täglich Kindernachrichten sehen und die Fridays for Future Bewegung sehr genau beobachten, weht hier ein ganz anderer Wind. Ein Kind hat beschlossen, vegan zu sein, dann aber gemerkt, dass das ja auch etwas anstrengend ist mit dem auswärts Essen. Unser liebevolles „Du musst es ja nicht so genau nehmen…“ wurde mit einem „Das ist vielleicht Eure Meinung“ kommentiert. Und als abends im Bett die Frage aufkam, woran denn nun die Dinosaurier verstorben sind, brachte die Antwort „Weil sie immer noch nicht die Schlafanzüge anhatten!“ bei den Kindern nur ein verhaltenes Hüsteln – und die Hosen wurden trotzdem nicht angezogen.

Dafür schmieden wir jetzt gemeinsam Pläne, wie wir alle ein bisschen gemeinsam die Umwelt retten (lila Plastiklöffel gestrichen!) und das ist ein vielleicht nicht lustiges, aber schönes Erlebnis. Probiert es mal aus.


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Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

3 Kommentare

Simon · 10. April 2019 um 20:00

Seit unser Dreijähriger weiß, was Fleisch ist, hilft er uns vegetarischer zu leben: „Eigentlich müsste die Pute ja jetzt schreien, wenn du drauf beißt, Papa. Aber tut sie nicht. Sie wurde ja schon tot gemacht und gebraten. Da merkt sie nun nichts mehr.“
Übrigens habe ich gemerkt, dass dieser Blog echte Alltagshilfe bietet. Mir wurde aufgrund regelmäßiger Lektüre eine aufwendige und vielleicht sogar eklige Recherche erspart, als mein Sohn letzten Freitag aus der Kita kam und sagte, er wolle jetzt ein „Popel-toe“-Video gucken, wie sein Freund. Da klingelte was bei mir. Danke!

Neeva · 12. April 2019 um 12:36

Ich bin ja die Mutter, die mit einer Thermostasse Tee auf der Bank am Spielplatz sitzt.
Aber hey, ich hole mein Kind auch – in Bayern – nach 17:00 aus dem Kindergarten. Bin also relativ unempfänglich für die was-ist-das-nur-für-eine-Mutter-Schwingungen.

Da ist allerdings auch noch Optimierungspotential, weil der Sproß dann alle drei Minuten dasteht. Wenn ich lesen würde, würde er vermutlich alle 30 Sekunden dastehen.
„Kann ich den Tee auch trinken?“ – Merke, extra für ihn gekochter Früchtetee ist bäh, auch wenn es das pappsüße Steviazeug ist. Mamas schwarzer Tee ist bestimmt viiel besser.
„Hast du ein Picknick mit?“ – Ich hatte ein- zweimal Kekse mit. Ich schätze ich werde ein paar Gemüseboxen brauchen, bis diese Assoziation gelöscht wird.
„Kommst du mit aufs Wackelauto? Warum nicht? Komm mit aufs Wackelauto! Mamaaaa!“

Tatsächlich ein paar Minuten Ruhe hat man, wenn man ein befreundetes Kind mitnimmt. _Ohne_ ein Elternteil dazu. 🙂 Oder man geht mit einem befreundeten Elternteil und die Kinder müssen sich dann halt vertragen.

Steffi · 12. April 2019 um 23:17

Mein kleinster Sohn bestellt immer schoko Eis (wie sein größerer Bruder) und will dann mit mir tauschen – ich mochte schoko Eis noch nie so richtig – letztens hab ich mir statt Eis halt Kuchen bestellt. Leider fand den der Kleine auch leckerer als sein Eis und ich bekam… Schokoeis ? naja… am besten ich ess kein Eis… (spart Geld und dient der ,Diät‘).

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