Über sehr lange Autofahrten, »Sind wir bald da?!«, stillende Sandskulpturen, DIY-Aschenputtel und »40«

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie. Ja, manchmal auch in der Sommerurlaubszeit.

Sind wir schon da?

Wie lange es denn jetzt noch dauern würde? Wir sind auf der Fahrt in den Kurzurlaub und alle zwei Minuten wird beharrlich nachgefragt, wann wir denn endlich ankommen würden. Wie lahahange noch? Dass wir im Stau stehen und keinen Meter vorankommen, scheint keine überzeugende Antwort zu sein. Sind wir bald da? Wenn man so im Autobahnstau am Steuer sitzt, und versucht, nicht im Vorderauto zu landen, während sich die Rückbank lautstark über Langeweile beschwert, ist die Familienliebe ja einen ganz kleinen Moment ein wenig geschmälert. Dauert es noch lange? Man würde ja wenigstens mal einen klaren Gedanken fassen können, ohne Unterbrochen zu werden. Wann kommen wir an? Ich frage mich auch wirklich, warum es keine Familienautos gibt, die wie die Limousinen in Filmen eine automatische Trennscheibe haben. Dann könnte man sie bei intensiven Fragerunden hochkurbeln oder, wenn mal wieder „Die Drei von der Zankstelle“ gespielt wird. Mir ist so so langweilig! Immerhin gibt es für moderne Familienautos „Sprachverstärker“, damit wirklich jeder auf der Rückbank versteht, wenn man irgendwann leicht entnervt „Wir fahren noch sehr sehr lange!“ antwortet. Hat unser Auto zwar nicht, aber ein wenig resigniert muss ich schon geantwortet haben, weswegen mir vorgeworfen wurde, ich würde mich  wie Papa Schlumpf benehmen:

Ich halte ja Shrek für die bessere Dokumentation über Autofahrten mit Kindern, aber gut:

Ich.Muss.Mal!

Das alles geht auch bis zu dem Moment, an dem ein Kind entscheidet, dass es jetzt sofort auf die Toilette müsse. Die Nachfrage, ob das nicht vielleicht vor fünf Minuten auf der Raststätte eine gute Idee gewesen wäre, verhallt. Die anderen beiden Kinder empfinden das Ganze als durchaus abwechslungsreich und verlegen sich von „Wann sind wir da?“ ebenfalls auf „Ich muss mal! SOFORT“. Und: Fahrstress hin oder her, da gibt es dann eben keine Ausrede, weil man seinen Kindern ja zeigen will, dass man sie ernst nimmt. Im Stau ist das natürlich alles gar nicht so einfach und so gibt es zunehmend „wann halten wir endlich?“-Fragen, doch mit einer ganz anderen Intonation. Da man keine Zeit mehr zum wählerisch sein hat, gibt es nur noch die Abfahrt zu einer ranzigen „Autohof“-McDonalds-Filiale, die man eigentlich nicht mal mit einer Kneifzange anfassen will. Also parkt man dort irgendwo am Rand und hält das kleinste Kind nebend der Straße ab. Tatsächlich ist so ein Kind abhalten wenig rückendschonend und so langsam wird mir auch klar, warum ich die letzten Monate wie ein Vierzigjähriger* durch die Gegend gekrochen bin. Und während man versucht, nicht angepullert zu werden oder, noch schlimmer, in das frische Häufchen zu treten, betet man, keinen Bandscheibenvorfall zu bekommen. Fünf Minuten später ist man endlich wieder unterwegs und da fällt einem spätestens auf, dass man ja eigentlich auch mal gern kurz hinter die Büsche verschwunden würde. Um noch ein wenig Restautorität (die ich bestimmt nicht so nennen darf) zu behalten, verschweigt man das lieber. Ein Verwandter hat mich mal zu einem Rundflug eingeladen, nachdem er seinen Flugschein gemacht hat. An Board der engen kleinen Maschine erklärte er mir zuerst, wo man die Reißleine für den Fallschirm ziehen kann (sehr beruhigend!) und wo sich die Schnabelflasche für die anderen Notfälle befände. Ich würde schon verstehen. Seitdem halte ich private Luftfahrt ja für ein wenig merkwürdig. Dass mit dem in-die-Flasche-Pullern hat uns aber zugegeben schon die ein oder andere Fahrt mit Kindern gerettet (Was macht man eigentlich mit vollgepullerten Pfandflaschen?!).

Sandskulpturen

Sehr beeindruckt hat die Kinder am Strand eine Ausstellung mit Sandskulpturen. Ich finde die ja mittlerweile ein wenig langweilig, weil der Hype hält jetzt seit den 90ern, aber man muss Kindern ja zugestehen, dass sie da noch nicht gelebt haben. Ich habe auch versucht, über die monströsen Brüste der Meerjungfrau hinwegzusehen. Kurz habe ich überlegt, den Babysohn einfach anzulegen und schnell ein Foto zu machen, aber die Idee kam nicht so gut an. Auf dem Rückweg unterhielten sich die Kinder über die Ausstellung. Es wurde festgehalten, dass es Sandfiguren ja auch in Ägypten gäbe, nur in viel größer und dreieckig und da könne man sogar reingehen! Man merkt, wenn manche Themen noch nicht in der Sendung mit der Maus drankamen.

Aschenputtel

Aber um nochmal auf das Thema Shrek zurückzukommen. Letztens beobachtete ich eine Szene, in der die Kinder über Langeweile klagten und fraumierau ihnen eine Schüssel hinstellte, in der trockene Bohnen und Erbsen gemischt waren und sie bat, diese auseinanderzusortieren. Die Kinder waren ganz begeistert. Trotzdem bin ich mir jetzt unsicher, wie ich damit umgehen soll. Ich wurde ja mal angezählt, als wir nur ein Kind hatten, fraumierau nach Hause kam und ich nach ihrer Aussage offenbar gerade Apportieren spielte, indem ich immer einen Ball ein Zimmer weiter warf und „hol!“ rief und das Kind dann ganz aufgeregt ins nächste Zimmer robbte, während ich 20 Sekunden Stille genoss. Jetzt also frage ich mich, ob ein Bohnen-Erbsen-Sortier-Gemisch nicht einfach Aschenputtel für Kinder ist, aber die Gedanken behalte ich wohl lieber für mich, sonst wird das Apportier-Thema wieder ausgegraben.

Auf der Schwelle

*Das war jetzt nur ein ganz billiger Aufhänger, um dezent darauf hinzuweisen, dass ich am Dienstag, den 7.8. immerhin 40 Jahre alt werde, was natürlich bis zu dem Zeitpunkt, an dem man selber vierzig wird, superalt ist, ab jetzt dann aber voll in der Mitte des Lebens stehend und hipp. Leider wurde mir schon vor ein paar Jahren mitgeteilt, dass ich mit 40 dann wirklich zu alt für bedruckte T-Shirts sei und so wird das ein Tag der großen Abschiede, auch wenn ich noch Hoffnung auf mein diplomatisches Geschick habe („Dann musst Du auch Deine tausend Webrahmen aus der Wohnung entfernen, so!“). Für die Kinder gelte ich jedenfalls jetzt schon als klinisch so gut wie tot. Spätestens seitdem sie letztens debattiert haben, dass ich schon manchmal komisch riechen würde („Findest Du auch, dass Papas Po komisch riecht?“). Dafür haben sie mir vorher tagelang angekündigt, wie viele Geschenke sie schon vorbereitet hätten. „Papa ich habe schon ein Geschenk! … Jetzt habe ich drei! … Sieben! … Elf!… Dreiundzwanzig!“). Ich vermute, ich bekomme wie eine Ordner-dicke Ablage mit schnell bemalten Bildern, ganz nach der Richtlinie, dass besonders viele Geschenke besonders viel Liebe ausdrücken. Eventuell darf ich mir ja dann wünschen, nur eines behalten zu müssen. Wegen der Umwelt oder so.

Warum ich mir noch einen Anzug für den Geburtstag besorgen sollte, werde ich dann jetzt bald endlich fahren. Den Babysohn habe ich zu verhören versucht, weil ich dachte, wenn Furbys ein Sicherheitsrisiko im Pentagon sind, dann ist der Babysohn hier das schwächste Glied, was Überraschungen angeht. Aber er teilte mir nur mit, dass er mir eine Kerze schenken würde und Mama auch. Und Marcel Proust. Ja, er hat wirklich Marcel Proust gesagt, weil ich dessen 180-stündige „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“-Hörbuch seit Monaten im Auto höre und das ist jetzt offenbar die Antwort auf alles. Dennoch passen der verlangte Anzug und Prousts Roman so gut zusammen, dass ich Geburtstags-Vermutungen habe. Wir werden sehen! Ach, und nur so interessehalber: Darf man mit 40 eigentlich auf Ü40-Parties oder geht das rein rechnerisch erst ab 41?

Du findest gut, dass ich trotz Geburtstag keine Amazon Wunschliste verlinke, in der ich Dich um eine Nintendo-Switch anbettele, mit der ich meine Midlife-Crisis überspiele? Dann lad mich doch auf einen Kaffee ein (Paypal-Link).

Da es heute viel um Urlaub ging, hier nochmal der Link zum etwas produktiveren Gespräch von Patricia und mir über Urlaub, und, recht neu, unsere Überlegungen zum Umgang mit dem Thema Tod.

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Kategorien: Montagspost

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15 Kommentare

Katharina · 7. August 2018 um 0:09

Da der Geburtstag quasi das Silvester des Lebensjahres ist, du also das 40. Lebensjahr beendest und mit deinem Geburtstag im 41. Lebensjahr angekommen bist, darfst du auf Ü40 Partys. Würde ich aber noch mal mit Frau Mierau besprechen, könnte sonst, je nach Intention der Party, eventuell zu einem Eheproblem führen.

Und da es schon so weit ist:
Alles Gute für das 41. Lebensjahr! 😉

Claudia · 7. August 2018 um 0:20

Mein Vierjähriger spielt heute noch liebend gern Apportieren.
Dann muss ich aber auch jeden wieder gebrachten Ball mit „brav“ loben und mit einem bestimmten „aus!“ zurückverlangen. Auch in Sachen Ball ansabbern nimmt der Zwerg es mit jeder Dogge auf.
Was er nicht gut findet ist, dass bei Hundespielen immer der Mensch sagen muss, wann genug ist.

Sandra · 7. August 2018 um 8:30

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr Mierau!

Suomitany · 7. August 2018 um 8:32

Happy Birthday to you!
Einen tollen 40. Geburtstag wünsche ich.

Sabine · 7. August 2018 um 8:32

Alles Gute zum Geburtstag!
Ich bin wahnsinnig gespannt, für welche Überraschung ein Anzug nötig ist 🙂

Wir feiern heute auch. Der Sohn wird sagenhafte 2 Jahre alt. Wenn wir heute nachmittag auf ihn anstoßen denk ich auch an Herrn Mierau.

Beste Grüße

Yvonne · 7. August 2018 um 8:58

Herzlichen Glückwunsch!

Und mit 40 ist man definitiv nicht zu alt für bedruckte T-Shirts… ich nähere mich der 42 und meinem Idealgewicht….ich werde bei EMP (Achtung Werbung) in einen Shopping-Rausch verfallen 🙂
Mein Kollege nähert sich auch ganz schnell an die 50 und trägt jeden Tag lustige T-Shirts. Und wir arbeiten ganz seriös in einem Museum 😉

Mama.wutz · 7. August 2018 um 9:54

Happy Birthday!

Alles, alles Liebe, lieber Herr Mierau!!

Ich finde ja Geburtstage langsam nur noch erschreckend, aber bei euch Männern klingt das einfach cool und sexy – so mit 40, ergrautem Haar und 3-Tage-Bart. Bei uns Frauen sorgen alle 3 Punkte für Verzweiflung!

Wobei gestern eine 55-jährige Patientin, nach Nicht-Auskunft-Geben-Können auf eine meiner Frage, zu mir meinte „Das verstehen Sie noch nicht, Sie sind ja noch so jung!“ Und schwupps, wurde meine gefühlte Kategorie: beginnende Midlife-Crisis gewandelt in die Kategorie: Du hast ja keine Ahnung vom Leben!!!

Der Standpunkt macht es halt aus!!!

Und bevor wieder angriffslustige Kommentare zu meinen Worten kommen, bitte nicht so ernst nehmen! Ich möchte keinen was Böses! Love, Peace und Harmony!

Feier schön und hab einen tollen Tag! Beste Grüße!

Merle · 7. August 2018 um 10:42

Gerade gelesen, danke für die morgendliche Unterhaltung und alles gute!
Zu den Zeiten als ich auf der Rückbank saß (bzw. im hinteren Teil des Wohnmobils) verliefen die Ungedulds-Gespräche so: „wie lang dauerts noooooch?“ „noch eine Stunde.“ „wie lange ist eine Stunde?!“ „noch zweimal die Maus.“
Und soweit ich mich erinnern kann waren wir immerhin zu viert oder fünft mit der Antwort zufrieden – zumindest eine halbe Maus lang 😉

BerlinBound · 7. August 2018 um 11:23

Alles Gute zum Geburtstag und besten Dank für die immer wieder wunderbaren Blogeinträge!

Melanie · 7. August 2018 um 11:39

Herzlichen Glückwunsch! Ich bin seit ein paar Monaten im Ü40-Team und bin nach einigem Hin und Her zu der Überzeugung gekommen, daß das ein Grund zur Freude ist: 40 Jahre geschafft, die mir keiner mehr nehmen kann! (Und endlich habe ich auch das passende Alter für meine schon ab 18 ergrauten, mittlerweile fast weißen, ungefärbten Haare.)

Ina · 7. August 2018 um 11:50

Gratulerer med dagen! Alles,alles Gute zum 40zigsten und es ist kein Problem mit Ü40 noch bedruckte T-Shirt tragen, gar kein Thema und auch die40 ist nicht so schlimm, wenn man sie dann überschritten hat,hier nähert sich schon die 42 bzw.hat sie der Ehemann schon erreicht.

Lg aus Norwegen und feiert schön
Ina

http://www.mitkindimrucksack.de

Tina · 7. August 2018 um 23:22

Alles Gute zum 40.!!! Und bei der Gelegenheit, danke für die tollen Beiträge und den großartigen Podcast. Unsere Kinder müssen irgendwie auch immer erst aufs Klo, wenn die Raststätte schon vorbei ist, seltsames Phänomen.

Christine · 9. August 2018 um 14:21

Alles Gute zum Geburtstag!

Simon · 13. August 2018 um 20:37

Auch wenns spät ist, auf die Frage mit den Pfandflaschen muss ich noch antworten. Ich habe als Jugendlicher in der Pfandannahme im Getränkemarkt gearbeitet. Und es gab nix schlimmeres, als die Montage nach einem Werder-Heimspiel, wenn der Fanclub auf Tour gewesen war. Da kamen dann immer die Haake-Beck-Flaschen Werder-Edition zurück. Und offenbar gab es da im Bus keine Toiletten… Also: Vollgepullerte Pfandflaschen bitte selbst entsorgen!!! Oder dem Typen bei der Pfandannahme ein saftiges Trinkgeld geben. Achso und herzlichen Glückwunsch zur vierzig noch!

Wochenende in Bildern 11./12. August 2018 - Geborgen Wachsen · 12. August 2018 um 21:43

[…] kleinen Fingern von der Schale befreit und dann gegessen. – Eine große Freude. Und auch wenn mein Mann das Erbsenspiel hier ein wenig skeptisch betrachtet, sind es doch immer wieder diese einfachen Spiele, die die Kinder lange fesseln und […]

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