Über Trikot-Kinder, verschwundene Schlüssel, Dauerhocke und Kleinteile-Tester

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Trikot-Kind

»Papa, hier ist ein Fernsehgutschein für Dich!« Vor mir steht ein fremdes Kind und hält mir stolz einen Zettel entgegen. Ich zögere etwas irritiert. »Papa, zwei Monate kostenlos!« Das Kind im Deutschlandtrikot vor mir scheint wirklich mich zu meinen. Langsam erkenne ich unter dem Basecap mir bekannte Gesichtszüge. Moment! Als vorhin besprochen wurde, dass es auf ausdrücklichen Wunsch ein WM-Hemd bekommt, war da von einem Ganzkörper-WM-Anzug die Rede? Das Kind da vor mir ist zwar mein Kind, aber es sieht aus wie aus einem 90er-Jahre Waschmittel-Werbespot. »Papa, der Gutschein ist für zwei Monate Sportfernsehen. Der Verkäufer hat gesagt, „da kann Papa dann Sport gucken“«. Na, in der Sportabteilung scheint das Testosteron ja noch am rechten Fleck zu hängen. Wahrscheinlich ist das wieder einer dieser Sender, wo abwechselnd bärtige Männer mit Äxten durch den Wald rennen und danach das Beachvolleyball-Turnier der Frauen live übertragen wird. Wegen des Sports, zwinkerzwinker.

Schlüssel-Mangel

Die gute Nachricht jedenfalls ist: Wenigstens ein Kind ist vollständig frisch eingekleidet. Derzeit gibt es hier nämlich leichte Schwierigkeiten mit dem Zugang zur Kleidung. Der Schlüssel für den Kleiderschrank ist nämlich nicht mehr auffindbar. Ich habe jetzt lange drüber nachgedacht, warum Kleiderschränke überhaupt abschließbar sind, konnte mir aber keinen so richtigen Reim drauf machen. Damit die Motten draußen bleiben? Kleiderschrank-Friedensbruch? Ebenso, warum Altbau-Bad- und Kammertüren oft Schlüssel zum Öffnen benötigen. Denn auch diese Schlüssel sind abhandengekommen. Genau genommen sind alle Schlüssel, an die ein Kleinkind mit ausgestrecktem Arm kommt, verschwunden. Das ist natürlich nur eine ganz allgemeine Feststellung, denn im Zweifelsfall gilt ja die Unschuldsvermutung. Meine größte Angst ist ja, dass ich demnächst Schlüssel aus der Toilette fischen muss. Aber auch daran gewöhnt man sich wahrscheinlich.

WC auswärts

Etwas erschrocken hat mich  eine E-Mail von fraumierau an die Hausverwaltung. Mit einem Beweisfoto schreibt sie, dass ein großer Riss durch die Toilette geht und es sehr freundlich wäre, wenn sie ausgetauscht werden könnte, weil sonst bricht sie ja vielleicht auseinander. Leider werde diesmal ich verdächtigt, durch bloße Anwesenheit und vielleicht etwas zu viel Gravitation schuld zu sein und eigentlich wünscht sich die Familie, dass ich ab sofort auswärts die Toilette benutze, bis es eine neue Toilette gibt. Vielleicht nutze ich die Gelegenheit und miete ich mir endlich die „stylische Altbauwohnung“ in der vierten Etage. Laut AirBnB verfügt sie über WLAN, Küche, Kleiderbügel, Shampoo, Arbeitsplatz für Laptops und kostet 59 Euro pro Nacht. Das sollte mir ein entspannter Aufenthalb im Bad Wert sein. Da verschwinde ich dann immer mal kurz und nehme zufällig ein Buch und den Computer mit. Bei der Gelegenheit könnte ich sogar noch duschen. So gänzlich unbehelligt. Als ich heute nachmittags duschen ging, fragten mich die Kinder empört, ob ich denn nicht morgens duschen gewesen sei. Nein, nachdem ich 6:15 aufgestanden bin, Frühstück vorbereitet, Mittagessen für die Schule gekocht, drei Kindern die Zähne geputzt, meine Tasche gepackt und ein Kind pünktlich in die Schule gebracht habe, habe ich nicht geduscht.

Dauerhocke

Das Beneidenswerte ist die kindliche Gleichgültigkeit auf solche Vorträge: Schulterzucken, „ok!“ sagen und einfach weggehen. Das möchte ich auch im Alltag können. Einfach umdrehen und gehen. Wie überhaupt einige kindliche Verhaltensweisen wieder annehmen. Zum Beispiel in der Öffentlichkeit anfangen zu weinen, wenn es eben gerade nicht so läuft. In der Schlange im Supermarkt anstehen? Einfach die Gefühle rauslassen. Danach geht es einem besser und vielleicht wird man ja sogar vorgelassen. Und dann ist da noch diese Fähigkeit, sich überall stundenlang hinzuhocken. In welchem Alter verlernen wir das eigentlich? Ich brauche danach immer einen Flaschenzug, um wieder in die aufrechte Position zu gelangen, wenn ich nicht vorher einfach vornüber gekippt bin. Wahrscheinlich ist mehr Hocken sogar minimalistisch, weil dann braucht man ja weniger Möbel. Wobei ich mir ja nicht ganz sicher bin, ob das mit dem Minimalismus mit Kindern immer so eine umsetzbare Idee ist. Auf die Frage letztens, was denn mein persönlicher Tipp für ein konsequent minimalistisches Familienleben sei, konnte ich nur eigentlich gut geplante Verhütung empfehlen.

Verhütung?

Kleinteile-Tester

Es gibt ja auch allerhand wichtige Dinge, die man so für seine Kinder besorgen kann. Eins der wirklich wichtigen liegt seit irgendeinem dämlichen Influencer-Event bei uns in der Küche rum: ein Kleinteile-Tester. Das ist ein Plastik-Röhrchen, in das man Dinge reinstecken kann. Passen sie, kann ein Kleinkind sie theoretisch verschlucken. Ich stelle mir vor, wie jemand das Teil in der Hosentasche hat und immer aufgeregt dem Kind das Spielzeug aus der Hand reißt, um es eilig in den Tester zu stecken. „Nein, Jonas-Benedikt, das ist lebensgefährlich!“. Aber, was soll ich sagen, wir haben das ja auch alles gemacht.

Aus der Fotokiste

Neulich im Freunde-Heft. Das Feld „Geschlecht“ löste einige Diskussionen aus:

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Kategorien: Montagspost

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5 Kommentare

Ina · 26. Juni 2018 um 8:41

Ja wo die Schlüssel immer sind, ich vermute da eine Socken , Schlüssel Zusammenarbeit! Hier haben wir jetzt auch das „unangenehme“ Alter das die Kleinste an die Türklinken kommt,d.h. noch weniger Ruhe auf dem Klo, den der Schlüssel ist schon seit Kind Nr.3 in dem Alter war verschwunden und Geschrei von den Kinderzimmern, da hat die Kleine bisher Verbot und bei der Grossen macht es sich gut, wenn sie ihren Freund da hat, wenigstens sie hat noch einen Schlüssel für ihr Zimmer ;-).

LG aus Norwegen
Ina

http://www.mitkindimrucksack.de

Petra · 26. Juni 2018 um 15:01

Da war es wieder: „Mittagessen für die Schule gekocht“. Da das ja hier (auch) ein Service-Blog ist, würde ich mich sehr über Anregungen freuen, WAS denn da so gekocht wird. VG Petra

    leitmedium · 27. Juni 2018 um 9:18

    Ich glaube, ich habe in der MKL Podcast-Folge über das Thema Essen ein paar Rezepte aufgezählt:

    https://mkl.wtf/2018/06/01/s01e06-essen/

    Auf die Schnelle fallen mir ein:

    Reis aus dem Reiskocher, z.B. mit gedünsteten Pilzen (geht bei uns auch im Kocher)
    Kartoffeln mit Pesto oder leicht angebraten (vom Vortag)
    natürlich auch mal Nudeln – mit Tomatensauce, Pesto oder einfach leicht angebraten (vom Vortag)
    Bohnen mit Tomatensauce (weiße Bohnen, Passata, Tomatenmark, Knoblauch, Zwiebeln)
    ein Ei, oder Feta oder einem der obigen Gerichte
    Kokos-Milchreis aus dem Reiskocher – mit Obst oder Apfelmark
    Risotto in verschiedenen Variationen

    Ich kaufe teilweise gezielt fürs Kochen ein, teilweise verwerte ich einfach Reste. Gern koche ich im Alltag absichtlich etwas zu viel, so dass ich es am nächsten Tag fürs Schulessen als Grundlage verwenden kann. Mittlerweile unterstützt mich die Tochter auch schon beim Kochen und steht gern selbst morgens in der Küche. Heute gab es Nudeln von gestern, die sie sich mit Oliven aus dem Glas zubereitet hat. Frisches Obst und Gemüse gibt es davon getrennt in einer Bentobox.

    Das klingt jetzt alles sehr aufwändig, ist durch Routine aber in unserem Alltag relativ schnell gemacht, wobei ich natürlich auch mal froh bin, morgens nichts kochen zu müssen 🙂

Jemand · 27. Juni 2018 um 2:14

Na immerhin stand der ‚PENIS‘ nicht unter ‚besondere Kennzeichen‘.
Das musste jetzt jemand schreiben.

    Anne Lil · 28. Juni 2018 um 17:09

    … dann ist ja gut, dass Jemand das geschrieben hat.

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