Über Zahnbürstenfarbdiskussionen, die Lösung für alles, Ratzefummel, Bastelmaterial und Wilson

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Zahnbürstenfarbdiskussionen

»Ok!«, versuche ich ernst am Frühstückstisch die Stimme zu erheben. Kurz habe ich überraschend die ganze Aufmerksamkeit der Familie. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich vielleicht ein wichtigeres Thema als Zahnbürsten gewählt. Aber dieses Thema ist auch wichtig. Sehr wichtig. Abwechselnd frage ich jede am Tisch sitzende Person nach der Farbe ihrer Zahnbürste ab. Gelb… oder braun… rosa… rosa mit grünem Kopf?… gelb… nein… Die Antworten kommen unsicher stotternd. Moment, wende ich ein. Irgendetwas stimme nicht. Das würde man doch hier sehen. Jeden Abend hätte ich eine nasse Zahnbürste. Ich würde hier wirklich alle ganz ungemein lieben, aber meine Zahnbürste hätte ich einfach für gern für mich und es gäbe das Gerücht, so eine Zahnbürste sei auch nicht das beste Objekt fürs teilen üben. Das könnten sie ja mal mit dem Lego probieren, um das sie sich ständig streiten. Das wäre eine tolle Sache. Aber ob wir nicht ab heute einfach jede_r die eigene Zahnbürste nehmen könnten?

Die Lösung!

Während ich in schweigende Gesichter blicke, fällt mir auf, wie blöd es doch ist, dass wir das Gespräch überhaupt führen müssen. Erst letztens hatte ich die Idee, für jedes Kind einfach nur noch Socken in Einheitsfarben zu kaufen: einmal nur schwarz, einmal nur blau, einmal nur rot. Für immer! Das kam immerhin bei einem Kind gut an, das seitdem keine Socken mehr zusammensuchen muss, sondern glücklich „die Schwarzen“ aus dem Wäschekorb zieht. Wenn ich das jetzt mit den Zahnbürstenfarben kombiniere, überlege ich, ist das ein großer Schritt für die Menschheit. Vielleicht sollte man gleich ganz groß denken und bereits bei der Geburt eines Kindes eine Farbe als Beinamen festlegen und die Frage von Socken, Zahnbürsten und Unterwäsche wäre für den Rest des Lebens geklärt. Jetzt weiß ich auch endlich, warum Ochsenknechts ihr Kind Jimi Blue genannt haben!

Ratzefummel

Während ich nachträglich über die zukünftigen Farbnamen der Kinder nachdenke, wendet sich die Familie wieder den wichtigen Diskussionsthemen zu und kommt auf Radiergummis. Radiergummis, die, der Fehler geht auf meine Kappe, hier besonders gern lautstark RATZEFUMMEL genannt werden, sind ein wichtiges Thema, denn in der Regel hat man sie nicht, obwohl man sie ständig kauft oder sie radieren einfach nicht, obwohl man mit einem Bleistift geschrieben hat. Ob wir es auch so schön fänden, in Radiergummis zu beißen, fragt ein Kind. Die Kinder nicken alle verträumt mit dem Kopf. Ich merke, wie fraumierau mich leicht schockiert ansieht, weil ich offenbar auch zustimme und notiere mir, dass wir Radiergummis brauchen, die nicht gut schmecken. Und vielleicht ist das ja auch die Lösung beider Radiergummi-Problems Gut schmeckende sind nie da, weil angebissen, und schlecht schmeckende radieren einfach nicht gut, bleiben dafür aber für immer. Jedenfalls würde sie nicht gern in Radiergummis beißen, meldet fraumierau noch einmal betont mit Nachdruck. War ja klar, denke ich, die Spaßbremse. Ob wir auch gern in Tippexmäuse beißen würden, fragt ein Kind in heller Aufregung, das sei noch viel schöner! Schweigen. Vielleicht sollten wir ja mal in Ruhe reden, schlage ich dem Kind vor und beschließe, einfach überhaupt keinen Bürobedarf mehr zu kaufen.

Bastelmaterial

Wir sind ja auch eigentlich ganz gut ausgestattet mit Bürobedarf und Bastelkram. Als wir letztens in der Natur unterwegs waren, verkündete fraumierau, dass ihr gerade aufgefallen sei, dass der Wald ja voller kostenlosem Bastelmaterial sei! Wir haben hier ja eine leben-und-leben-lassen-Politik und während ich einen nicht hinterfragten Schrank voller exotischer Kabel und Stecker habe, verkneife ich mir jeden Kommentar, als nun ein großer Stoffbeutel voller Baumrinde, Moos und anderem organischen Schnickschnack für „Projekte“ gesammelt wird. Ab jetzt ist die Natur also wieder nicht nur draußen, sondern auch drinnen. Letztens noch gab es immerhin einen kurzen Breakdown, nachdem wir das Schlafzimmer mit einem kleinen gefundenen Birkenstamm geschmückt hatten, aus dem später fröhlich eine Käferfamilie auswanderte, um sich zu uns ins Bett zu gesellen. Ich finde ja Natur von der Theorie her sehr gut. Rein praktisch aber bevorzuge ich sie hinter einer Glasscheibe. Getreu dem Motto: lieber neurotische Kinder, die in Tippexmäuse beißen, als krabbelnde Käfer im Bett.

Wilson

Wobei das ja auch besondere Zeiten sind, und man ist ja froh, wenn die Kinder ein wenig in der Natur rumturnen können. Nur als ich letztens ein Kind dabei beobachtete, wie es im Garten sitzend sich mit der Regenrinne unterhielt, musste ich an Cast Away und den Volleyballd Wilson denken. Ich bin mir unsicher, ob ich mir jetzt Sorgen machen oder einfach einen Smiley auf die Regenrinne malen sollte oder Angst haben muss, dass bald Bissspuren drin sind. Aber um noch mal auf das Sockenthema zurückzukommen, ich schweife heute ab: Vielleicht ist es ja noch besser, einfach bestimmte Größen immer einer Farbe zu kaufen? Dann vererben die Kinder Größen weiter und man kann ganz feierlich zum Beispiel den Übergang in die „blaue Phase“ feiern, der dann von einer entsprechenden Zahnbürste begleitet wird. Ich denke, ich bin da an etwas ganz großen und dann schreibe ich auch einen Mental Load Ratgeber* mit der Lösung für einfach alle Probleme.


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Die zu wenigen Texte hier kompensiere ich übrigens durch zu viele Instastories, in denen kleine Anekdoten landen, die es nicht in Texte schaffen.

In der aktuellen Folge MKL reden Patricia und ich über das Thema Vereinbarkeit im Job, davor haben wir über Kinderfilme gesprochen.

Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

4 Kommentare

Sophie · 23. Juni 2020 um 11:20

lieb‘ den text. kind ist erst eins und socken kommen meistens im pack mit verschiedenen farben, aber ich bleibe dran an den mental-load-lösungsvorschlägen.

Charlotte · 23. Juni 2020 um 20:45

Wir haben bereits Erwachsenenstandardsocken in schwarz eingeführt. Da die Schuhgrößen doch weit auseinander liegen: nur Socken mit Schuhgröße drauf!

Und so halte ich es nach ein paar Nervenzusammenbrüchen beim Sockenaussortieren im ersten Lebensjahr auch jetzt mit den bunten Kindersocken. Hier kommen nur noch die mit Schuhgröße drauf ins Haus!

Neeva · 24. Juni 2020 um 6:31

Was ich jedenfalls nicht weiterempfehle: Den gleichen (mehrfarbigen) Sockenpack einmal für Mama und einmal für den Sohn zu kaufen. 31-34 sehen im Wäschekorb jedenfalls nicht sehr viel anders aus als 35-38…
Noch drei Jahre und ich kann seine Schuhe auftragen…

Pauline · 28. Juni 2020 um 0:36

Oh ja, Socken sind hier auch ein großes Thema bei vier Kindern, also einem 6 Personen Haushalt. Wir sammeln tatsächlich die Socken der Kinder einzeln pro Kind und waschen sie auch einzeln, dh pro Kind eine Maschine. Wir haben sehr viele Socken angeschafft und es reicht daher, nur ca alle drei bis vier Monate zu waschen. Jedes Kind hängt dann seine Socken auf einen eigenen Ständer und sortiert sie zu Paaren und in den Schrank, sie haben große Sockenboxen. Das funktioniert sehr gut, ich hab den Stress nicht am Hals und die Kinder sind selbst verantwortlich für ihre frischen Socken.

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