Über sehr wertvolle Schätze, Such-Rituale, die Frage nach dem Eierloch, selbstlose Limonade und Schulroutine

Veröffentlicht von leitmedium am

Schatzfund

Sie hätten etwas sehr Wertvolles gefunden! Stolz poltern die großen Kinder ins Haus. Sie waren mit ihrem Riesenmagneten am See nach Schätzen angeln und sind offenbar fündig geworden. Das kleinste Kind taumelt mit einer anderthalb Meter langen rostigen Eisenstange hinterher durch die Tür und lässt sie mir laut scheppernd vor die Füße fallen. Diese unglaubliche Stange wäre jetzt für immer ihre! Man müsse sich mal vorstellen, dass jemand so etwas in den See werfen würde! Und sie hätten sie gefunden! Kurz bereue ich, letztens mit den Kindern eine Stunde „Menschen mit Metallsuchgeräten finden auf Ackern alte Münzen“-Videos auf Youtube gesehen zu haben, muss aber zugeben, dass die Kinder schon lange nicht so hocherfreut einem Video gefolgt sind. Ich erkläre, dass ich wirklich beeindruckt bin von ihrem Fund, aber dass sie es ja auch wie ein Sport machen könnten und vielleicht einfach Fotos von den Dingen anfertigen, die sie finden und nur … kleinere Dinge mitbrächten? Verständnislos blicken sich mich ob meiner ganz offensichtlich herzlosen Haltung an. Also Mama hätte ja auch gesagt, sie dürften die Stange nicht mitnehmen. Während sie das aussprechen, schleppt sich fraumierau sichtlich vom Tag oder einfach Leben erschöpft ins Haus. Aha, sage ich, sie hat gesagt, ihr dürft die Stange nicht mitnehmen und werfe mit einem Nicken gen Stange ihr einen fragenden Blick zu. Sie zuckt nur mit den Schultern, flüstert „Corona Time!“, und ich ahne: Die Kinder haben hier längst das Ruder übernommen.

Such-Rituale

Für kurze Zeiten hatten ja wir Eltern das Zepter in der Hand: zu Ostern. Da durften wir immerhin unsere elterliche Rolle ausfüllen und zum Beispiel Dinge verstecken. Wobei mir aufgefallen ist, dass diese Tradition besonders lustig ist, wenn man daran denkt, wie viel Suchengagement bei Kindern im Alltag an den Tag gelegt wird. Suchen scheint als Tätigkeit zu gelten, bei der man mit hängenden Schultern ziellos im Kreis umherirrt und abwechselnd seufzt und „ach Mann!“ Ruft, bis man steinfest versichert, dass das Gesuchte nicht auf mehr diesem Planeten sein könne, man hätte wirklich überall geschaut. Überall. Während dieses Kurzvortrags wartet man dann auf die Stelle, bei der man kurz auf das Gesuchte zeigen kann, was sich genau in der Zimmermitte auf dem Fußboden mit einem roten Kreis und blinkenden Pfeilen herum befindet. Jedenfalls startet Ostern bei uns immer sucheuphorisch, besonders beim kleinsten Kind, das fast platzt vor Freude über jede gefundene Süßigkeit und geht dann in eine Phase des grammgenauen Abwiegens, wer eigentlich wie viel gefunden hat, über, um sich irgendwann zu verlaufen, was die Eltern freut, die dann die Reste plündern können.

Eierloch

Beim Osterfest stellte sich mir zudem mal wieder die Frage, was eigentlich ein „Eierloch“ ist. Leider haben die Kinder den Song „Fang mich doch“ von „Deine Freunde“ entdeckt und lassen ihn bei jeder Gelegenheit laufen (mein „bitte nicht!“ wird freundlich überhört, weil die Musik so laut ist). Im Refrain heißt es dann jedes Mal: „Fang mich doch, Du Eierloch“. Ich glaube, in meiner persönlichen Hölle wird einfach das Wort „Eierloch“ langsam in Dauerschleife durch Lautsprecherboxen durchgesagt. Nicht mehr, das reicht mir schon für infernale Qualen. Was bitte ist ein Eierloch? Was? Ein Ei im Loch? Ein Loch voller Eier? WAAAAS? Und warum muss das auch noch zu Ostern laufen? Ok, die Nerven liegen zur Zeit etwas blank. Das Eierloch gehört dennoch verboten.

Selbstlose Limonade

Die Kinder nutzen die Situation gut und machen ihre eigenen konstruktiven Vorschläge zum Unterricht zu Hause. Zum Experimentieren haben sie sehr selbstlos das Projekt „Limonadenuhr“ vorgeschlagen, mit dem Hinweis darauf, dass zu viel gekaufte Limonade dann natürlich wegen Ökoschnöko unbedingt verzerowastet werden müsse. Und Strom käme auch noch dabei raus – ohne Erdöl. Ich vermute, irgendwo in der Kette ist ein Denkfehler, bin aber zu sehr damit beschäftigt herauszubekommen, wie lange wir Eltern jetzt eigentlich schon abwechselnd Homeoffice machen, dass meine geistige Kapazität dafür nicht mehr ganz ausreicht. So hat der Debattierclub sich anscheinend eine Flasche Limo erschlichen. Ich hoffe, sie lässt dann wenigstens eine LED leuchten, bevor sie hektisch kichernd getrunken wird.

Schulroutine

Ansonsten läuft das mit der Schule zu Hause so je nach Tagesform zwischen gut und schlecht. Als Eltern muss man ja jetzt zu allem kompetent wirken und Fragen nach der genauen Funktionsweise schriftlicher Division mit einem „komme gleich“ beantworten, um dann nochmal schnell mit dem Smartphone hektisch googelnd auf der Toilette zu verschwinden. Doch manchmal ist dann auch irgendwie Ende, und ich gebe zu meine Antwort auf die Frage, ob ich denn eigentlich wisse, dass der Wattwurm zur Familie der Ringelwürmer gehöre, hätte mir auch etwas pädagogischeres einfallen können als „Nein, aber der Wattwurm weiß das auch nicht“. Aber seien wir ehrlich: Es ist stimmt und außerdem ist mir als DDR-Kind alles, was die Nordsee betrifft, eh suspekt, denn uns wurde natürlich erklärt, dass die Ostsee sowieso besser sei und ist sie ja auch, weil sie ist nicht nur den halben Tag da. (Ich bitte darum, diese Aussage nicht ernsthaft zu kommentieren, vielen Dank).


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Die zu wenigen Texte hier kompensiere ich übrigens durch zu viele Instastories, in denen kleine Anekdoten landen, die es nicht in Texte schaffen.

In der aktuellen Folge MKL reden Patricia und ich über das Thema Vereinbarkeit im Job, davor haben wir über Kinderfilme gesprochen.

Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

4 Kommentare

Sophie · 21. April 2020 um 11:01

Vielen Dank für deine Skizze eures Familienlebens. Hier springt nur ein dreijähriger umher und es ist schön,mich mit anderen Familien im Chaos verbunden zu fühlen.

Tabea · 21. April 2020 um 13:54

Rennste so nen Damm hoch und dann nur Matsch soweit das Auge reicht… Natürlich ist die Ostsee besser!!

Susa · 24. April 2020 um 14:25

Danke, danke, danke! Fühlte mich mal wieder fabelhaft unterhalten.
Vor allem die Sache mit den blinkenden Pfeilen. Ganz im Ernst, ich dachte, das wäre nur bei uns so…beschwerlich.

Kay · 25. April 2020 um 1:46

Eierloch? Willst du es wirklich wissen bzw. weißt es nicht? Kloake wird es auch genannt, das Loch wo die Eier rauskommen bei Hühnern (Vögeln). Eier und Vogelkacke. Das würde ich sagen ist das Eierloch. Ich habe meiner Tochter erfolgreich verboten dieses Wort bei dem Reim zu benutzen da sie so empathisch war meinen Ekel zu verstehen und stattdessen Eierkoch sagte. Strike! Klappt leider nur bei Ekel ^^

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