Über einen Anruf bei der Feuerwehr, optimales Kauen, Schulessen und Obstdiebstahl

Veröffentlicht von leitmedium am

Fast jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Werner von der Feuerwehr

Heute sei die Feuerwehr in der Kita gewesen, erzählt der kleine Sohn aufgeregt. Wir sitzen beim Abendessen und wie jeden Tag berichten alle von ihren Erlebnissen. Feuerwehr, das sei ja spannend, was sie denn so gemacht hätten, frage ich nach. Also da sei ein Werner von der Feuerwehr gekommen und der habe was erzählt und dann hat was am Tisch gebrannt und dann sei jemand vom Stuhl gefallen und ein Baby ist aus dem Zimmer gekrochen. Da hat der Mann Glas angezündet und das sei schwarz gewordenund dann hat er es mit einer komischen Zange angefasst, aber es sei nicht kaputt gegangen! Kurz herrscht Stille am Tisch und alle schauen irritiert vor sich hin. Nur das große Kind schaut mir befremdlich auf den Mund und schüttelt leise den Kopf. Das sei ja ein ganz schön aufregender Tag gewesen, kommentiere ich, ob sie noch was gemacht hätten? Oh ja, bei der Feuerwehr anrufen geübt – das könnten wir auch mal machen! Gern doch, jetzt? Gut, er solle einfach mal anrufen:

Der Anruf

  • Er: »eins eins eins zwei – Feuerwehr komm schnell herbei!«
  • Ich: »Hallo, hier ist Feuerwehr. Wer ist da?«
  • Er: »Hier bin ich!«
  • Ich: »Wer denn genau?«
  • Er: »Na ich!« (Kind zeigt auf sein Gesicht)
  • Ich: »Ok, Was ist denn passiert?«
  • Er: »Ein Tier ist auf einem Baum?«
  • Ich; »Was denn für eines?«
  • Er: »Ein flauschiges!«
  • Ich: »Wo ist denn der Baum?«
  • Er: »Draußen!«
  • Ich: »Wo denn genau?«
  • Er: »Vorm Fenster!«
  • Ich: »Kannst Du mir sagen, wo Du wohnst?«
  • Er: »Ja.«
  • Pause
  • Ich: »Wo wohnst Du denn?«
  • Er: »Bei Mama und Papa!«

Das sei ja wirklich schon gut gelaufen, fasse ich zusammen, aber wir könnten das ja vielleicht noch ein, zwei Mal üben? Sanft stubbse ich die großen Kinder unterm Tisch an, die kurz davor sind loszuprusten, weil sie in ihrer Vorstellung natürlich schon lesend und schreibend auf die Welt kamen.

Kauen

Während ich an einem Stück Gurke knabbere, sieht mir das große Kind wieder auf den Mund und schüttelt den Kopf. Was denn los sei, frage ich. Ob ich nicht wüsste, dass man jeden Bissen dreißig Mal kauen müsse? Dreißig! Es habe mitgezählt und ich sei weit davon entfernt. Sehr weit. Mein Verhalten sei sehr ungesund und bestimmt müsste ich bedauerlicherweise früher sterben. Das mag schon sein, erwidere ich, aber niemand kaue dreißig mal, außer die, die sagen, man müsse das tun und ich sei mir sicher, dass ich die Zeit, die ich durch dreißig Mal kauen längere leben könne einfach nur kauend zubringen würde. Und wenn es einen Notfall wegen des Kauens gäbe, dürfe auch gern der kleine Sohn bei der Feuerwehr anrufen. Jetzt prusten doch alle und ich ernte einen bemüht strengen Blick von der anderen Tischseite.

Schulessen

Ich nutze die Gelegenheit, um auf den aktuellen Status des Dauerthemas Schulessen umzulenken. In einer Mail aus der Schule mit 168 EmpfängerInnen im Cc wird erklärt, dass die Bestellung jetzt viel einfacher geworden sei. Es käme eine Mail mit einem einzigen Passwort für alle und da öffne sich dann Excel online und dann müsse man die richtige Klasse fürs eigene Kind suchen und dann in einer anderen Tabelle gucken, was es zu essen gibt und dann immer so „X“ machen, was das Kind möchte und das aber in zwei Tabellen, weil es seien ja zwei Wochen. Am nächsten Tag berichteten die Kinder, dass sie im Klassenraum vorm Unterricht über die Nervenzusammenbrüche ihrer Eltern bei der Essensbestellung gesprochen hätten. Einen weiteren Tag später kam der Hinweis per Mail, dass die Tabellen irgendwie kaputt gegangen seien und man solle bitte einfach nochmal ausfüllen. Ich vermute ja, jemand ist der Kragen geplatzt und er hat einfach „Falling Down“ im Schulessen-Excel-Sheet gespielt. Die Digitalisierung hatte ich mir ja anders vorgestellt. Ich sehne mich plötzlich nach Papier und so einem Stift an einem zu kurzen Bindfaden zurück.

Obstdiebstahl

Jedenfalls hätte ich die Bestellung jetzt noch einmal abgeschickt und ich hoffe, es gibt dann bald das richtige Essen. Und da wir gerade über das Thema sprächen, würde ich gern noch einmal über Obst reden. Alle rollen mit den Augen. Also ich fände es ja schön, dass es allen schmecke und Obst sei gesund, aber wenn immer alle schon alles vorher aufäßen, hätten wir eben nichts zum Frühstück und das würde mich dann ein wenig aus dem Konzept bringen, sende ich als voll pädagogische Ich-Botschaft. Dann solle ich halt mehr kaufen, raunt es schulterzuckend – oder ob ich jetzt hier ein Obst-Verbot aussprechen wolle? Nein, aber es sei ja schon so, dass die Küche nach dem Einkauf voller Obst sei und wenn ich eine halbe Stunde später reinkomme, würde da vier Personen mit Nektarinen im Mund und Obstflecken auf den Hemden stehen und mich schuldbewusst ansehen. Und ich wolle es ja nicht wie meine Mutter machen, die damals immer die Thunfisch-Dosen zwischen den Socken versteckt hat, damit noch was fürs Wochenende bleibe. Ich solle mal nicht so tun, sie hätten letztens ein paar Pfirsiche bei mir im Schrank gesehen.

Ich laufe leicht rot an, stammle „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ und erkläre das Abendessen für beendet, weil ich noch dringend etwas erledigen müsse. Ich wisse auch gerade nicht was.


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Kategorien: Montagspost

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2 Kommentare

Maria · 3. September 2019 um 11:53

Habe wieder sehr gelacht! Ich verstecke übrigens auch Essen vorher Familie in meinem Kleiderschrank und freue mich dann, wenn es mir nach Wochen unerwartet in die Hände fällt

Fräulein Gaida · 3. September 2019 um 19:52

? Mein Vater hat früher immer unmengen an Heidelbeer Joghurts gekauft. Weil die außer ihm keiner mochte und er so sichergestellt hat, auch Joghurts abzubekommen. ?

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