Über Kinderwitze, Ingwerkekse und Arbeitsteilung beim Kranksein

Veröffentlicht von leitmedium am

Ingwerkeks

Er würde jetzt mein Blut trinken. Der Babysohn(*) sieht mich dunkel verschwörerisch an. Leicht irritiert suche ich den Blick von fraumierau, die ratlos mit den Schultern zuckt. Ob er das noch mal wiederholen könne, frage ich. Er würde jetzt mein Blut trinken! Mit leicht schlechtem Gewissen denke ich an die Kausa »Ingwerkeks«. Vor Jahren schlief fraumierau schon, als ich neben ihr im Bett eine Serie guckte, in der kurz Ingwerkekse vorkamen. Am nächsten Tag erklärte sie, dass sie eigentlich mal wieder Lust auf Ingwerkekse hätte. Im Schlaf Gehörtes wirkt eben doch. Hatten wir nun also abends einfach zu laut genetflixt? Ich befürchte ein drohendes Fernsehverbot und gehe lieber in die Offensive. Wo er das mit dem Blut trinken denn her habe? Aus der Kita? Nein! Aus dem Fernsehen? Nein! Woher denn? Na, aus Radio!, erklärt er. Oh Gott, da fällt es mir ein: das eine Liebeslied. Da hat er die Textzeile her! Tut so, als würde er schlafen im Auto, aber lernt fleißig mit. Dass Kinder sich auch immer jeden Scheiß merken müssen. Wenigstens gibt es jetzt abends weiterhin düstere Serien, dafür tagsüber aber keinen Deutschrap mehr.

Kinderwitze

Der Babysohn zieht von dannen, das nächste Kind betritt die Bühne. Er wisse einen Witz, ob ich ihn hören wolle?! Während ich innerlich emphatisch verneine, nickt mein Kopf in elterliche Liebe. »Also: Fritzchen will schwimmen gehen. Das macht er und dann kommt er zurück und hat sich ein Bein gebrochen. Und am nächsten Tag wieder und da hat er sich einen Arm gebrochen. Und dann am nächsten Tag wieder und da hat er sich ein Bein gebrochen. Und dann am nächsten Tag…«. Kurz überlege ich, ob dies der richtige Zeitpunkt ist, um zu erklären, dass in Witzen immer alles dreimal, aber nicht viermal passiert, es sei denn, es ist ein Witz darüber, dass angeblich alles dreimal passiert, … »… kommt er zurück und hat sich ein Bein gebrochen« … doch werde unterbrochen von der bestürzenden Feststellung, dass Fritzchen offenbar drei Beine hat und das nicht die Pointe ist, »… und dann kommt er am nächsten Tag zurück und hat sich den Hals gebrochen!« … und dieser Witz überhaupt keine Pointe hat. Ich spüre ein leichtes Stechen in der Stirn und suche hektisch nach einer Version, in der der Witz irgendwie lustig sein könnte, werde aber von einen „Papa, ich weiß auch einen lustigen Witz.“ des nächsten Kindes in die Realität zurückgeholt. Das sei sehr schön, aber ich müsse jetzt wirklich dringend etwas anderes machen. Die Steuererklärung 2018. Man könne nicht früh genug damit beginnen! Sie könnten sich ja so lang Chuck Norris Witze von Alexa erzählen lassen und vielleicht sogar ein paar lernen? Man kann nie genug Chuck Norris Witze auswendig parat haben! Zufrieden ziehen die Kinder ab und belagern die künstliche Intelligenz, die eine beneidenswerte elterliche Geduld an den Tag legt.

Auf der Stelle!

Der Babysohn kommt zurück, ruft „Pupskack!“, weil er auch etwas lustiges zum Besten geben will und hat mit dem Überraschungsmoment den Wettstreit gegen den pointenlosen Witz gewonnen. Er sieht einen Apfel in meiner Hand, und stellt laut fest, dass er Hunger habe. Sofort. Ob er wirklich jetzt auf der Stelle etwas wolle, frage ich und umklammere meinen Apfel. Nein!, schüttelt er entrüstet den Kopf und reißt mir den Apfel aus der Hand. Aber das habe er doch gesagt? Und warum nehme er den Apfel dann? Nein!, nicht auf der Stelle – sofort!, erklärt er. Kurz sehen wir uns ratlos an. Er geht ein Stück zur Seite und beißt in den Apfel. Sofort auf DIESER Stelle habe er gemeint. Aber was ich denn jetzt essen solle, frage ich mit leicht betroffenem Unterton. Bei Essensdiebstahl liegen meine Nerven schnell blank. Letztlich bin ich es, der immer sein Essen hergeben muss, weil alle anderen sich lauter beschweren als ich. Noch ist das kleinste Kind hier aber in der „Ich teile eigentlich gern“-Phase, rennt in die Küche und drückt mir auf dem Rückweg mit dem Wort „Geschenk“ glucksend einen Keks in die Hand.

Geburtstagsplätzchen

Während ich genüsslich reinbeißend mein Keks-Glück noch nicht ganz fassen kann, fragt fraumierau, ob ich etwa schon wieder die Geschenke für die Nachbarin essen würde. Das sei jetzt das zweite Mal, dass ich die Geschenke essen würde! Nein, das stimme so nicht, erkläre ich. Das sei ganz anders, als es aussehe. Der Babysohn hätte ihn mir gegeben! Am mitleidigen Kopfschütteln meiner Gesprächspartnerin merke ich, dass die Erklärung nicht ganz die erhoffte Wirkung entfaltet. Ich versuche es mit etwas Mitleid und erkläre, dass ich Stärkung brauchte, weil ich mich auch etwas schlapp fühle. Ich denke, ich werde eine Erkältung bekommen. Was wirklich stimmt. Halbe Unwahrheiten sind die Besten. DAS könne nicht sein, antwortet sie, weil wir hätten einen Deal: Ich sei nie krank und müsse halt da sein, wenn alle anderen hier umkippen und sie fühle da auch so eine Erkältung kommen – also hätte ich Erkältungsverbot! Augenrollend schleppe ich mich in die Küche und mache mir einen Scheiß Salbeitee, bevor hier wieder ein eisiger Wind durch die Ehe zieht. Meine Vorstufe zur Apokalypse schmeckt nach Salbeitee.

(*) Auf die gelegentlich gestellte Frage, wie lange der Babysohn, der ja kein Baby mehr ist, noch Babysohn heißt, möchte ich hiermit offiziell antworten: Als Jüngster der Familie wohl bis er 18 ist. Job ist Job.


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Kategorien: Montagspost

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8 Kommentare

Anne Lil · 29. Januar 2019 um 8:07

Was ist blau, liegt im Wald und stinkt? Na? Naa? Naaa? … Schlumpfkacke!!

Maja Rae · 29. Januar 2019 um 9:36

Wir hatten auch Arbeitsteilung beim krank sein. Erst hatte Mini Magen-Darm, dann mein Mann, dann ich. Es war immer jemand auf den Beinen, der sich halbwegs kümmern konnte… xD
Jetzt klingt beim Mini die Erkältung ab und ich fange an zu schniefen und zu husten. Aber besser als über der Kloschüssel zu hängen! >_<

Eine schöne und gesunde Woche wünsche ich euch! 🙂

Richard (vatersohn.blog) · 29. Januar 2019 um 10:57

„Erkältungsverbot“ muss ich mir merken. 🙂

Bei „Kinderwitze“ habe ich schwer gelacht, kann es mir bildlich vorstellen…auch in Form einer Folge „Der Tatortreiniger“. 🙂

LG, Richard & Hugo vom https://www.vatersohn.blog/

Claudia · 29. Januar 2019 um 11:25

Ich bin 36, bin verheiratet, habe zwei Töchter (13 & 6), wohne in einem Haus und bin ein recht erfolgreicher Freelancer… meine Eltern nennen mich konstant Baby, egal wo und egal vor wem. Ich kann nicht mal daran erinnern, meine Eltern jemals meinen Namen gesagt zu hören^^

Er wird also immer der Babysohn bleiben. Und aus meiner Erfahrung heraus kann ich nur sagen, dass ist sehr, sehr schön so 🙂

KaLi · 29. Januar 2019 um 16:22

Witz meiner 7-Jährigen:

wie mag ein Professor sein Brötchen am liebsten?

wissenschaftlich belegt!!!

Ich finds super, den Humor meiner Kinder zu entdecken!

    Christina · 30. Januar 2019 um 0:59

    Der ist aber auch wirklich gut!!!!
    Ich finde den super!

Gundulina · 29. Januar 2019 um 21:23

Radio kann zu guten Kinderwitzen führen. Zur Liedzeile „Ich brauch frische Luft“ sagte der Vierjährige: „ Dann geh doch nach draußen!“ ?

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