Über den Herr der Fliegen und Haarekämmen als Wissenschaft

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie. Ja, manchmal auch in der Sommerurlaubszeit.

Sauerstoff

Ob Fliegen denn eigentlich Sauerstoff bräuchten, werde ich gefragt. Es ist Wochenende, ich versuche , heimlich entspannt auf dem Sofa zu sitzen und die Kinder machen so ihr Ding. Das ist aktuell offenbar der Versuch, die allsommerliche Fliegenplage mit einer selbst gebauten Eskort-Falle aus dem Haus zu geleiten. Ein Schuhkarton mit zwei zerquetschten Mirabellen als Köder soll Fliegen anlocken, dann kommt der Deckel drauf und die Fliegen werden draußen wieder freigelassen. Damit wirklich keiner Fliege etwas passiert, beginnt ein Kind damit, Luftlöcher in die Box zu stechen. Immerhin ist der Babysohn nicht dabei, der einfach mit einem herzerwärmenden Lächeln alles jagt, was sich bewegt und dabei „töten töten!“ schreit, was in der Straßenbahn bisweilen zu Irritationen führt. Ich habe aufgegeben, genau herauszufinden, woher hier einige Verhaltensweisen stammen.

Säugetiere

Während ich noch überlege, wie lange eine Fliege mit dem Sauerstoff aus einem Schuhkarton auskäme und wie überhaupt ihre Atmungsorgane heißen, ruft das andere Kind aus dem Nebenzimmer, dass ja wohl klar sei, dass Fliegen Sauerstoff bräuchten, schließlich seien es Säugetiere. Ich pruste kurz in mich hinein, muss mir aber eingestehen, dass ich eigentlich auch keine Ahnung von Insekten habe. Ja, das mit den Säugetieren jedenfalls könne jetzt nicht so stimmen, antworte ich, weil, also ich hätte noch nie gesehen, wie eine Fliegenmama ihre Jungen säugt. Sie vielleicht? Die Kinder grübeln und erklären, dass die Fliegen aber manchmal schon dolle kuscheln würden in der Luft. So eng umschlungen. Ja, das sei jetzt aber auch was anderes, nicht wahr. Irgendwo müssten die Fliegen schließlich herkommen! Das Thema ist erstmal durch und nachdem sich eine halbe Stunde keine Fliege der Mirabellen-Falle nähert, verlieren die Kinder das Interesse.

Lord of the Flies

Die Fliegen aber nicht, zumindest nicht an mir, was ein größeres Problem ist. Mittlerweile habe ich nämlich ein eher gespaltenes Verhältnis zu den Tieren: Offenbar ziehe ich sie ungewollt an. Wenn es irgendwo Fliegen gibt, fällt ihnen irgendwann auf, dass ich ja da bin und dann schwirren sie um mich herum. Permanent. Das hat fraumierau schon vor ein paar Jahren bemerkt und schickte mir einen Charly Brown Comicstrip, in dem ein Junge permanent von Fliegen umschwirrt wird, mit dem knappen Kommentar „Du!“ Mittlerweile ist meine Fliegen-Superkraft leider auch im Büro aufgefallen. Jetzt hängen überall Fliegenfallen an den Lampen und ich habe einen neuen Sitzplatz fernab vom Geschehen bekommen. Aber man versichert mir, es habe wirklich nichts mit mir zu tun. Wirklich!

Passt auch:

Was haben Läuse je für uns getan?

Doch all das lieber als Läuse. Die kommen und gehen mittlerweile, wann sie wollen und eigentlich fragt sich nur, wann sie endlich einen eigenen Wohnungsschlüssel haben wollen. Ein Kind hier ist dennoch der absolut festen Überzeugung, noch nie Läuse gehabt zu haben. Offenbar übersteigt ein möglicher Befall die grenzen der eigenen Vorstellungskraft. Bei jeder Familien-Läusesitzung erklärt es dann ausufernd, dass es noch nie Läuse hatte und auch keine bekommen könne. Während wir dann heimlich bei einer als reinen Prophylaxe getarnten Behandlung Läuse rauskämmen, fragt es dennoch leicht panisch, ob es auch diesmal wirklich keine Läuse hätte und ist nach mehrmaliger Versicherung glückselig erleichtert, wieder als einzige von fünf Personen völlig verschont geblieben zu sein. Als Eltern lernt man ja, dass auch Kinder schon altersschrullig sein können. Immer, wenn ich dann diese blöden kleinen Tiere sehe, überlege ich, wo die Evolution (oder wahlweise Gott) sich nun geirrt hat. Ich wurde letztens noch belehrt, dass selbst Arschloch-Wespen wenigstens noch Blüten bestäuben, aber Läuse? Bestäuben die irgendwas?

Wissenschaft Haare kämmen

Nicht nur bei Lausbekämpfungen ist das Haarekämmen hier gerade großes Thema. Jedes Kind hat seinen eigenen Haartyp und manche Haaren brauchen deutlich mehr pflege als andere. Da gibt es dann auch mal Tränen, wenn das mit dem Kämmen leider ziept und die „Tangle Teaser“ eben auch nicht das Vogelnest vom Vortag magisch auflösen. Ich habe da ja viel Verständnis für, denn als Teenager hatte ich sehr lange Haare. Jetzt sind sie kurz und dünn und ich nerve die Kinder immer mit „Papa hatte früher auch dickes langes Haar!“-Vorträgen, was für die Kinder ungefähr so vorstellbar ist wie die Möglichkeit, dass ich mal nicht graue Haare hatte. Jedenfalls bekomme ich bei Kämm-Aktionen immer ungefragt mütterliche Tipps, wie das denn nun genau geht mit den Haaren. Wenn das nicht genug momsplaining ist, folgen manchmal noch iMessage-Nachrichten mit Blogartikeln zum Haarekämmen. Da klicke ich dann drauf und schaue etwas fassungslos auf einen 15.000-Zeichen-Artikel zum Thema „Wie kämme ich meinem Kind die Haare“. Geschichtliche Herleitung, Warenkunde, soziale Implikationen und Checklisten. Auf meine Rückfrage, ob ich das jetzt wirklich lesen müsse, weil ich könnte stattdessen ja auch einfach die Haare kämmen, bekomme ich keine Gegenliebe. Mein Hinweis, dass man es ja vielleicht ein ganz klein wenig mit dem Anleitungsschreiben übers Haarekämmen übertreiben könne, wurde nur mit einem ? kommentiert.

Wofür der Anzug?

Dabei bin ich ja auch bald wieder dran mit Kämmen meines eigenen schütteren Haares, denn im August ist mein vierzigster Geburtstag. Und alle so: yeah! Etwas überraschend war jedoch die Ansage von fraumierau, ich solle mir dafür wahlweise einen Anzug oder einen Frack besorgen. Jetzt mache ich mir Notizen, was mir alles als Tätigkeit einfällt, wofür ich einen Anzug oder Frack benötige. Das letzte und einzige Mal, dass ich einen Frack getragen habe, war auf der Hochzeit einer Schwester einer meinen unzähligen früheren Freundinnen, was dazu führte, dass man ständig mich für den Bräutigam hielt. Diesmal gehe ich dann sicherlich eher als Pinguin durch, aber ich bin jedenfalls sehr gespannt, was das noch wird nächsten Monat.

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Kategorien: Montagspost

leitmedium

Parteiloser Postprivatier.

13 Kommentare

Pia · 10. Juli 2018 um 4:47

Oh wie beruhigend, dass nicht nur mein Zweijähriger „tot“ für die bevorzugte Daseinsform von Insekten hält.

Und, nur um hier mal mitzuraten, der Frack könnte ein Mittel sein die Kinder davon zu überzeugen, dass Papa heute wirklich nicht bespielt, bekotzt oder angemalt werden darf.
Du gehst dann auch damit ins Bett und bekommst 2qm Platz um nicht zu knittern!
(Ps: Duzt man sich hier ?! )

    Jasmin · 10. Juli 2018 um 10:23

    Danke wie immer so lustig!!!!!
    aber bzgl Läuse:
    wir hatten nie läuse in der familie?!
    habt ihr eventuell hygenische probleme oder ist irgend was am schimmeln?

    Liebe Grüße von der Nordsee

    Jasmin

      leitmedium · 10. Juli 2018 um 10:26

      Das ist hier eher in Berlin ein Problem, vielleicht einfach zu viele Menschen.

        Robert N · 10. Juli 2018 um 22:02

        Nee, wir wohnen hier auch in Berlin F-Hain und haben auch noch nie Läuse gehabt! Zwei Kinder und 6 Jahre Kita – Nüscht! (wie man ja so als Berliner sagt)
        Die Atmungsorgane von Insekten heißen übrigens Tracheen.

          leitmedium · 10. Juli 2018 um 23:51

          Das Gespräch entwickelt sich in eine Richtung, bei der ich nicht weiß, ob sie gut ist. 🙂

Antje · 11. Juli 2018 um 13:52

Warum die blöden Arschlochparasiten wichtig fürs Ökosystem sind, frage ich mich auch immer!
Die Antwort ist:
1.) Um gefressen zu werden
2.) Man weiss es aber nicht so genau.

https://www.spektrum.de/news/die-heimliche-macht/1200043

Chris28 · 11. Juli 2018 um 14:01

Das „tot“ sein ist bei uns auch Thema, aber anders als man am Anfang denkt.
Unser knapp zweijähriger fing plötzlich an zu sagen „Alle tot! ALLE TOT!“
Nach dem ersten Schock und Verwirrung fing ich an nachzufragen und kam schließlich auf die Lösung: „meinst du ‚Alles gut‘???“ Kind nickt.
„ALLE TOT!“
😀 😀
Ist immer wieder amüsant, kommt insbesondere gut, wenn das Kind alleine am Ende des leeren, schummrigen Hotelflurs diese Worte zu anderen Hotelgästen sagt. 😀

    Sandra · 20. Juli 2018 um 12:59

    Ich lach mich gerade so schlapp. ‚Alle tut’ kenn ich auch. LG

Lisa-Maus · 11. Juli 2018 um 15:31

Zum Thema Läuse kann ich Dich beruhigen, sie sind KEIN Problem der persönlichen Hygiene sondern ein Gruppenproblem! Wenn Ihr also regelmäßig Kopfläuse in der Familie habt, solltet Ihr lieber mal schauen, woher diese kommen. Kommen sie vom Kindergarten, einer Spielgruppe, dem Arbeitsplatz …? Treten sie immer wieder bei Euch alls erstes auf? Wenn man das weiß, kann man recherchieren, wo sich Nissen (die Eier) versteckt haben könnten. Vielleicht in einem vergessen Kleidungsstück an einer Garderobe? Vielleicht hilft es auch mit den Eltern und den Erzieherinnen des Kindergartens gemeinsame Strategien zu entwickeln. Je mehr mitmachen, desto größer die Aussicht auf dauerhaften Erfolg.
Mehr zum Thema gibt es auch hier:
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/krankes-kind/kopflaeuse/
Liebe Grüße von einer sonst eher stillen aber regelmäßigen Leserin

    Berta · 13. Juli 2018 um 15:11

    Da (in deinem link) steht übrigens, dass genau das NICHT passieren kann…. läuse legen keine eier in kleidung.
    Es wird ausschließlich die Laus von Kopf zu Kopf übertragen.
    Ich wohne auch seit 40 jahren läusefrei in Berlin, aber das ist reines Glück… in meiner Klasse sind wir die Viehcher über Monate nicht losgeworden.
    Es ist also weder ein Hygieneproblem noch hat es mit dem Standort zu tun.
    So.

      Lisa-Maus · 19. Juli 2018 um 22:26

      Die Eier gefunden sich nicht in Mützen aber lebendige Läuse findet man durchaus auch schon mal in Mützen und Bettwäsche.

leni87 · 12. Juli 2018 um 19:13

die läuse, das amüsiert mich wirklich, denn hier haben wir – ganz ländlich – dasselbe problem. wir dachten, wir sind da immer wieder die einzigen, bis im kiga dann mal die erzieherin alle kinder durchsucht hat. tatsächlich hatten die hälfte kinder welche, naja.
übrigens: unser heilpraktiker meinte, das wäre wohl ein darmproblem,warum manche immer wieder betroffen sind, andere nicht. wenn man läuse hätte, hätte man auch oft würmer im darm – das hat mich als hypochonder unheimlich beruhigt – das zum thema kleingetier.

Sara · 16. Juli 2018 um 23:11

Ich glaube eher dass es ähnlich wie bei Mücken ist. Es gibt Menschen die werden bevorzugt. Unabhängig von Hygiene sozialen Status …. Ich hab in einem kinderheim gearbeitet und sobald da der Zettel der Schule kam, dass irgend ein kind läuse hatte, wussten wir, dass das eine geschwistertrio immer behandelt werden muss. Lg

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