Über Kita-Putz, Bargeld, kiloweise Proviant und Kinderzeitungen

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Kita-Putz

„Aha.“, sage ich. Pause. Wie denn das Kind heiße, für dessen Eltern sie da sei, frage ich nach. Tschja, das wisse sie auch nicht. Sie solle jetzt hier eben zwei Stunden putzen. Freundlich, aber bestimmt widmet sie sich wieder dem Fenster. Es ist Elternputz-Wochenende in der Kita und eigentlich sollen die Eltern gemeinsam in einem großen flauschigen Happening den Besen schwingen. Ich bin mir unsicher, ob ich die Tatsache, dass andere Eltern einfach ihre Reinigungskraft schicken nun ziemlich lässig, oder leicht zum Kotzen finde. Während ich so nachdenke, und die unterste Schublade einer Küchenanrichte auswische, sehe ich plötzlich an der Rückwand eine rote Flüssigkeit runterlaufen. Erschrocken sehe ich nach oben. Der Babysohn hat seinen Früchtetee so umgeschüttet, dass er in jede Ritze des gerade geputzten Möbels läuft. Ich atme tief durch, stoße kurz mein ¯\_(ツ)_/¯-Mantra aus und fordere die Knutschkugel freundlich auf, meinen leider nicht durch eine bezahlte Reinigungskraft zu vertretenden Putzaufenthalt am Samstag Morgen 9 Uhr hier nicht noch in die Länge zu ziehen. Er könne ja auch was putzen. Ich drücke ihm einen feuchten Lappen in die Hand. Er verschwindet ins Nebenzimmer zu seinen Geschwistern, die so tun, als würden sie helfen, aber heimlich spielen. Würde ich auch machen an ihrer Stelle.

Zu viel Putz

Während ich Früchtetee aus dem Besteckkorb wische, werde ich mehrfach aufgefordert doch mal nach nebenan zu kommen. Es war auch ein paar Minuten verdächtig ruhig, fällt mir auf. Es sei da was passiert, wird mir erklärt. Sie hätten ja geputzt und so und das sei gut gelaufen und da hätten sie sich dann verputzt. Wie, verputzt, frage ich. Leicht verschämt zeigen sie auf die große Spiegelwand. Auf der Wand ist ein großes Portrait der ErzieherInnen in Kreidefarbe gemalt. Oder besser: war gemalt. Große Putzschlieren durchziehen das Bild. Ich atme kurz durch, denke ¯\_(ツ)_/¯ und gehe wieder in die Küche. Wird die Welt auch nicht von untergehen. Ok, und bis zum nächsten Mal bin ich auch reich, beschließe ich, und dann sitze ich gepflegt beim Instagram-Influencer-Frühstück während hier Menschen, die nicht wissen, für wen sie da sind, zerstörungsfrei sauber machen. Win-Win. Aber es gab auch die guten Seiten, aber pssst:

Bargeld

Zwei Stunden später komplimentiere ich die Kinder aus der Kita. Wir müssen noch einkaufen, fällt mir ein. Zur Zeit klappt das irgendwie nicht so und das wird wieder so ein „Keine Ahnung, was wir brauchen, ich nehme mal was mit und dann haben wir das eine doppelt und vom anderen nichts“-Einkauf. An der Kasse stellt sich raus, dass der chronisch kranke EC-Kartenleser mal wieder nicht geht. Ob ich nicht das Visitenkarten-große Schildchen „HEUTE KEINE KARTENZAHLUNG“ nicht gesehen hätte, pflaumt mich die Kassiererin an. Nein, habe ich nicht, weil dann sollen sie doch den Markt einfach ganz schließen. Wir sind ja hier nicht im Mittelalter und schleppen Lederbeutelchen mit Dukaten durch die Gegend. Ok, das sage ich nicht, aber der Gedanke daran beruhigt mich. Ich sehe die Tochter bittend an, die ihren „ach, Papa“-Blick auflegt und mir ohne weitere Worte einen Geldschein Euro zusteckt. Vor ein paar Monaten habe ich ihr feierlich zehn Euro gegeben. „Für den Notfall“. Was ich ihr ihr nicht gesagt habe: Der Notfall bin ich und Kinder sind ein prima laufender kleiner Geldautomat. Langsam riecht sie Lunte, glaube ich, aber so lange ich das Bargeld – schon aus reinem Eigeninteresse – wieder aufstocke, ist alles gut.

Proviant

Ziemlich wenig Bargeld brauchten wir dieses Wochenende auf unserer Fahrt nach Stuttgart. Wir hatten insgesamt je sechs Stunden Bahnfahrt mit diversen Mahlzeiten vor uns. Bordbistros sind ja Orte der Spontan-Verarmung bei gleichzeitiger Geschmacksverirrung also war die Aufgabe: Versorge fünf Personen 12 Stunden lang mit Essen und Trinken. Challenge accepted! Wird schon nicht so schwer werden denke ich. Aber dann läppert es sich. Ein ganzes Brot, fünf Äpfel, zwei Bananen, ein halbes Stück Butter, sechs gekochte Eier, Nudeln von gestern, Pesto, Besteck, Salzstangen, Maisscheiben, zwei Liter Wasser, ein großer Joghurt. Und natürlich: ein kleiner Salzstreuer. Ich denke dann jedes Mal zu meiner eigenen Beruhigung: Und wenn wir ankommen, ist die Tasche ganz leicht! Das stimmt auch. Jedoch fällt das den anderen auch auf und dann werde ich zum Zwangstausch verpflichtet. Und dann kommen früher oder später auch noch all die Sachen rein, die irgendwie nicht mehr in die anderen Taschen passten. Eine Kindersonnenbrille, ein paar Gummistiefel, eine Strickjacke und zwei Zeitungen zum Beispiel. Was eben so perfekt in einen Tasche mit Essen gehört.

Kinder-Zeitungen

Kinderzeitungen sind ja ein Muss bei uns bei Zugfahrten. Irgendwann haben wir leichtfertig das Versprechen gegeben, dass die Kinder sich vor einer Reise immer so eine Zeitung aussuchen dürfen. In den Bahnhofs-Kiosken gibt es ja ganze Regalmeter nur voller Kinder-Ramsch-Zeitungen. Buntes Papier, viel Werbung und ein möglichst schriller Plastik-Artikel vorne dran. Während wir den Kiosk betreten, gibt fraumierau noch die Regel aus: „Aber kein Plastikschrott!“. Die Kinder hören natürlich nur, was sie wollen und der Babysohn reißt jubelnd die Arme in die Höhe und ruft „Jaaaa Playmo-Schrott!“. Kurze Zeit später sind wir in Besitz von Zeitungen, deren Inhalt weitgehend egal ist, einem Armband-Kompass, der scheinbar unbeabsichtigt Norden und Süden verwechselt, einem aufblasbaren Kugelfisch und … oh… immerhin… einem Donald Duck Comic. Wird ja besser mit den Kindern, wenn sie lesen können.

Unerzogen!

Die Fahrten liefen auch ganz gut. Wir hatten sechser-Abteile und die jeweils leicht überforderten sechsten Personen kamen mit unserem Chaos auch ganz gut zurecht. Nur die alte Frau auf der Hinfahrt machte irgendwann den Fehler, dem Babysohn zu attestieren, dass er ja wirklich „unerzogen“ sei, weil er sich gerade leicht wutendbrannt auf dem Boden rollte. Würde ich ja auch gern nach fünf Stunden Fahrt. Das sind Momente, wo ich fraumierau sanft auf den Arm fassen muss, damit sie nicht in einem Atompilz ein ganzes Bundesland unter sich begräbt. Lächeln und Winken und ¯\_(ツ)_/¯ heißt die Devise, weil bringt ja eh nichts. Und außerdem ist ja unerzogen auch gerade hipp, da wisse man ja jetzt gar nicht, ob das gut oder schlecht sei, nicht wahr?

Oh nein, es ist schon so spät, und ich habe noch gar nicht von der Welt-, ach, was sage ich, Galaxien-Premiere vierpluseins-Lesung berichtet. Na, das mache ich dann nächstes Mal.

Und sonst so?

Die nächste Folge vom mit Kindern Leben Podcast ist online. Diesmal sprechen Patricia und ich passend zur Zugfahrt über Computer- und Handyspiele (was Patricia eine mittelgute Unterscheidung findet).

Von Mittwoch bis Freitag bin ich auf der re:publica. Ihr könnt mich da gern ansprechen, weil eigentlich bin ich ja nur zum Rumlungern da. Und wenn ihr mir da keinen Kaffee ausgibt (der ist da so eher mittel, sag ich mal), könnt Ihr mir mit oder ohne re:publica auch digital einen Kaffee ausgeben (Paypal-Link), den ich dann in Gedenken an Euch trinke. Das macht mich nämlich voll Instadad-supiglücklich und ich muss nicht Werbung für bescheuerte Tassen, Coral oder Milka machen.

Diese Woche gibt es auch wieder einen Newsletter, zu dem Ihr Euch schon mal gepflegt anmelden könntet. Gott, da muss ich noch diesen Datenschutz-Schmuh machen in den nächsten Wochen. Ey, hört mir auf.

Und, um mal etwas positives zu sagen: Es gibt auch wirklich schöne Kinderzeitungen. Zum Beispiel der werbefreie Kinderteil der SZ Familie. Ich habe immernoch die Witzseite im Ohr. Auch schön ist die ebenso werbefreie Kinderzeitschrift Gecko. Leider beides ohne Plastikschrott, aber vielleicht kann man ja verhandeln. Nein, das ist keine bezahlte Kooperation, Ihr Nasen.

p.s.: Auf Facebook und Instagram folgt Ihr?

Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

8 Kommentare

Ina · 1. Mai 2018 um 10:01

Wir lieben Zugfahren mit Kindern und haben nach 2 Interrailtouren so einiges erlebt ;-), das Positive überwiegt übrigens hier ganz klar. Dieses Jahr wird es richtig Zugabenteuerlich, eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland. Mit 2 Knirpsen 2 Jahre und 8 Jahre, mal sehen was es da zu erleben gibt.
https://www.mitkindimrucksack.de/2018/01/19/unser-grosser-reiseplan-dieses-jahr-transsibirische-eisenbahn/

Lg aus Norwegen
Ina

Adala · 1. Mai 2018 um 20:41

Ich gebe ja zu, die Putzdienste in Kinderläden habe ich noch nicht verstanden. Zum einen: mich nervt doch putzen zu Hause schon, da mache ich das nicht noch am Wochenende woanders. Zum anderen sind doch gerade die Kinderläden (zumindest bei uns in der Gegend) vom Klientel so, dass das Geld für eine Putzkraft locker drin wäre. Aber wenn man das als einziger macht, ist man wahrscheinlich unten durch.

Zum Kommentar bei der Bahnfahrt: für wie gut erzogen halten sich eigentlich die Leute selbst, wenn sie fremde Menschen-Maßregeln für angemessen halten?

    Patricia Nabark · 1. Mai 2018 um 22:33

    hey Adala!

    du liest auch diesen blog? wusste ich noch gar nicht! ;))

    liebe grüße aus Kassel Putzi

Nadine · 1. Mai 2018 um 23:10

Wir haben uns mal in einem Elternverein vorgestellt, da hat die Fsjlerin das Putzen (gegen Bezahlung) übernommen. Sehr praktisch.

leni · 2. Mai 2018 um 19:57

warum sind jetzt da eigentlich sechs striche im familienbild oben rechts?? oder wurde das schon irgendwie verkündet;))?
lg leni…

    leitmedium · 2. Mai 2018 um 20:04

    Das sind vier weiße Striche und ein rotes plus, das zugleich auch ein roter Strich ist. Es wurde nichts nicht verkündet. 🙂

Melanie Stucker · 7. Mai 2018 um 22:34

wann kommt endlich dein neuer Montagspost?
wir Mädels warten schon alle!! 😉

lg aus stuttgart

melanie

vierpluseins: Montagspost - Geborgen Wachsen · 1. Mai 2018 um 22:46

[…] viel Humor, etwas Ironie und irgendwie trotzdem immer an der Bindung orientiert. Dieses mal geht es hier um den Kita-Frühjahrsputz, lange Reisen mit Kindern und ein unerzogenes […]

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