Über Apfelstücke, Rucksack-Eltern und Durst im Keller

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Apfelstücke

Ich stehe übermüdet in einer Büroküche und bereite mir einen Apfelteller zu. »Warum mache ich das eigentlich?«, frage ich mich. Warum esse ich nicht einfach den Apfel? Weil ich konditioniert wurde. Von den Kindern. Oh mein Gott. Ich starre das Messer in meiner einen und den Apfel in der anderen Hand an. Ich fühle mich wie auf frischer Tat ertappt. Wann war eigentlich der Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte, ab dem es nur noch geschnittene Äpfel gab. Wurden vorher überhaupt schon Äpfel gegessen? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich entdeckten Kinder eines Tages, dass man Äpfel zwar essen könne – aber nur unter einer Bedingung: Sie müssen kleingeschnitten sein! Andernfalls sind sie ungenießbar und frei von jeglicher elterlicher Liebe. Im Paradies hat die Schlange Adam und Eva auch nicht einfach mit einem Apfel verführt. Es waren geschnittene Apfelstückchen. Wer kann da schon widerstehen? Und danach? Ungeschnittenes Obst aus dem Paradies? Boah, nein Danke. Er hat uns nicht lieb. Wir gehen!

Obstteller-Schuld

Vielleicht bin ich ja auch selber Schuld mit den ganzen Obsttellern hier. Wie sollen die Kinder da auch ungeschnittenes Obst genießen können? Mir ist ja letztens auch von so einer „Ich weiß, wie Ihr lebt!“-Besserwisserpflaume per Internetkommentar diagnostiziert worden, ich würde die Kinder am Wochenende immer stundenlang hungernd vereinsamen lassen, weil ich Obstteller für den großen Ruhm zubereite. Na, endlich ist es raus. Denn genau so ist es. Die Instadad-Kinder liegen weinend mit knurrendem Magen auf dem Boden und flehen mich an, einfach Weizenkörner, eine Kuh und einen Apfel auf den Tisch zu legen. Sie wollen einfach nur ganz achtsam mit mir ihren Morgen-Reigen tanzen!

Hände waschen

Aber letztens, ich gebe es zu, habe ich auch am Essen rumgenörgelt. Ok, ich hatte es auch selber gekocht, da ist das vielleicht etwas anderes. Jedenfalls hatte ich Risotto gemacht, tauchte zum Abschmecken nochmal kurz meinen Finger rein, probierte und fand es scharf. Wirklich richtig scharf. Der Rest der Familie konnte das nicht nachvollziehen. Es sei perfekt und ich solle jetzt mal endlich das Essen rausrücken und hier nicht wieder auf oberpenibel machen. Ich gelte ja hier als Rezept-Fetischist, was ich mir nicht so richtig erklären kann. Ich verstehe nur nicht, wie man ohne Grammwaage überhaupt auf die Idee kommen kann, etwas kochen zu wollen. Jedenfalls probierte ich nochmal und dachte kurz, ich sterbe, weil es so scharf ist. Nein, es sei wirklich gar nicht scharf. Null. Ob ich vielleicht einen Schlaganfall hätte oder so? Plötzlich wurde mir etwas peinlich ums Herz. Ja, sie hätten Recht, es sei nicht scharf, gab ich zu und ging mir schleunigst den Mund und vor allem die Hände waschen. Ich hatte ganz vergessen, dass ich eine Viertelstunde vorher ungelenk versucht hatte, mir selber den Rücken mit einer Cayennepfeffer-Salbe einzureiben. Den Rest hatte ich mir jetzt wohl beim Probieren auf meiner Zunge geschmiert. Bravourös, Herr Leitmedium. Ich meine, es ist ja immerhin auch ein Pfeffer, also nicht ganz verkehrt, nicht wahr. Jedenfalls hoffe ich, dass die Kinder noch lange diesen Text hier nicht lesen, damit ich sie auch weiterhin anzählen kann, wenn sie sich die Hände nicht ordentlich gewaschen haben.

Durst

Beim Thema ins Bad rennen fällt mir noch meine leichte Verzweiflung im Naturkundemuseum ein. Ich war mit der großen Tochter und ihrer Freundin zunächst im Kino. Dort hatte ich die Kinder mit einer Badewanne voll Popcorn versorgt („Eine mittlere Portion, bitte“) und mir selber Nachos geholt. Es gibt die ganz klare Regel, dass ich im Kino immer Nachos mit Sauce kaufen muss, um mich dann möglichst zeitnah möglichst peinlich mit gelber Käsesauce zu bekleckern. Ich war diesmal wirklich erfolgreich, als ich Sacko und Shirt gleichermaßen einsaute. Noch sind die Kinder ja in einem Alter, in dem sie es normal finden, wenn ihr Vater aussieht, wie nach drei Stunden Matschküche im Spätherbst. Jedenfalls gab es nach dem Kinobesuch noch eine Taschenlampenführung im Naturkundemuseum. Wir Eltern mussten im Eingangsbereich des dunklen Museums bleiben, machten lange Gesichter und und guckten neidisch den mit Taschenlampen rumwedelnden Kindern hinterher. Und dann kam der Durst. Mein Durst. Das kommt eben davon, wenn man zehn Kilo Nachos mit objektiv ekliger Sauce isst. Ob es denn irgendwo Wasser gäbe, fragte ich in die Runde. „Selbstversorger!“, brüllte mir irgendsoeine blöde Rucksack-Mutter entgegen. Rucksack-Eltern, ey. Fehlte nur noch, dass sie ein Ei pellt oder eine Dose mit geschnittenen Apfelstückchen rausholt. Soll sich ihre Scheiß Wasserflasche sonst wohin stecken, dachte ich und versuchte, mich damit abzulenken, mit einer Runde im Museumsrollstuhl um die Dinosaurier zu fahren. Den Blicken konnte ich entnehmen, dass das irgendwie nicht okay ist.

Nachts im Museum

Keller

Dabei war es schon gut, mal zu merken, wie schwierig das ist und wie wenig man eigentlich in einem Museum aus dieser Perspektive sieht. Dem Durst war das alles egal und er wurde immer durstiger und ich wusste, ich muss jetzt was trinken oder ich sterbe. Ich tastete mich langsam die unbeleuchtete Treppe Richtung Toiletten im Keller runter. So ein Keller im dunklen Naturkundemuseum ist tatsächlich sehr dunkel. Und still. Also ich habe natürlich nie Angst und so, aber es war schon dunkel. Und still. Und Keller. Mit der Handylampe habe ich mich bis zur Toilette durchgeschlagen, wo ich mit einem stolzen „Ich habe es geschafft“ und einem erniedrigtem „Ich saufe Wasser auf der Toilette“-Gefühl mit dem Mund am Hahn hing. Ich weiß auch nicht, warum, aber wenn Wasser aus einem fremden Hahn nicht kurz in einem Glas oder einer Flasche war, spüre ich immer sofort eine Bleivergiftung. Und hier im geheimnisvoll-alten Museum sowieso. Ich schleppte mich also mit letzten Lebenskräften wieder zurück, und überlegte mir, neben welchem Saurier ich meine letzte Ruhestätte wählen sollte, als die Kinder etwas maulig zurückkamen. Es seien nur 18 Grad im Museum gewesen, weil sonst irgendein Öl Feuer fangen würde. Das nächste Mal lasse ich die Kinder bei so einer Veranstaltung vorne warten und rutsche einfach selber auf Knien mit. Keine Ahnung, warum man als Erwachsener immer bei den coolen Sachen nicht mitmachen darf. Dafür kriegt man doch eigentlich Kinder, oder? Zugang ins LEGOLAND? Nur mit Kindern! Ich hoffe ja inständig, dass meine Kinder bald finden, dass sie unbedingt Lasertag spielen müssen. Dann kann ich mich da so übers Feld pummeln, wild Laserstrahlen um mich schleudern und immer einen auf „Ich bin hier nur zur Betreuung!“ machen.

 

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Und, ich will ja nicht nerven, aber dass ich am 29.4. im Merlin in Stuttgart lese und Ihr die einmalige Chance hat, mir bei dieser bestimmt ein bisschen peinlichen Instadad-Nummer zuzusehen, habe ich erwähnt, ja? Mache ich hiermit einfach nochmal. Übrigens kann man da ab 11:30 PartnerInnen mit Kind(ern) im Foyer parken und Die Maus gucken lassen. Würde ich ja auch, wenn ich dürfte. Und fraumierau gibt es am Tag vorher

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Kategorien: Montagspost

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5 Kommentare

Tatjana · 13. März 2018 um 0:32

hahaha wie lustig!!!!!! wie immer so lustig!!!!

Sag auch noch was · 13. März 2018 um 1:02

Instagram ist wirklich schrecklich! Mein Sohn hat 3x so viele Follower wie ich und damit ich nicht traurig bin, liked er meine Bilder… deine Kinder dagegen verhungern, damit du mehr Follower hast als sie..,

Ina · 13. März 2018 um 10:55

Genau so dachte ich mir das mit den hungernden Kindern während du den Teller ins richtige Instalicht rückst! Ganz geborgen , also zum Teller und dem Obst! hier wird Obst übrigens viel lieber ganz urig gegessen, ich spar mir das mit dem Obstmandala.Das ist fies das die Erwachsenen nicht mit Nachts in Museum durften.

Lg aus Norwegen
Ina

http://www.mitkindimrucksack.de

Frau Sandkuchen · 13. März 2018 um 18:25

Jetzt freue ich mich aber sehr, dass Sie das mit den Cayennepfeffersalbenresten an den Fingern nicht auf der Toilette merken mussten …
Und dass man Äpfel auch ungeschnitten und unarrangiert essen kann, halte ich für ein fieses Gerücht. Am End noch ungeschält, oder was?

Dagmar · 16. März 2018 um 22:12

Haha, das mit dem Lasertag habe ich auch gedacht und mich mega gefreut als es endlich soweit war. Pustekuchen. „Mama, bleib bitte im Auto sitzen damit die (die Freunde) dich nicht sehen . Da sass ich nun, weinte aufs Lenkrad und durfte nicht mit hinein….
#peinlichemama
Und das mit dem Obst übrigens: same here. Nur dekorativ auf Tellern angeordnet akzeptabel. Grrr. Apfel zum Reinbeissen? Ihhbäh.
Habt ein wunderbares Wochenende!

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