(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Buchstabenkekse

„Hast Du etwa auch geborgene Kekse, ja?“, fragt das Gastkind frech fordernd. Wir sind bei Freunden zu Besuch und ein bisschen ist fraumierau mit dem Wort „geborgen“ foppen ja Sport. „Klar“, entgegnet fraumierau, zieht einen Beutel mit Backwerk aus der Tasche. „Geborgenheit“ steht in großen Lettern auf den Keksen. Betretenes Schweigen erfüllt den Raum. Punktsieg.

Maximi Maxima

Ich hatte vorher nicht so gut abgeschnitten in der B-Note. Als ich mit einer Handvoll Kinder im Auto unterwegs war, hörten wir wieder deutschen Hiphop und als die Musik schon vorbei war, rappte ich noch „Ich bin Max … aus dem Schoß der Kolchose“ vor mich hin. Das Gastmädchen auf dem Beifahrersitz musterte mich von oben bis unten, zog eine Augenbraue hoch und fragte langsam in abfälligem Ton „Ach ja…?“. So zerstört man Schicksale.

Klettergerüst

Aber sich doof fühlen ist ja eigentlich etwas, woran man sich gewöhnt. Das merkte ich mal wieder, als ich zum ersten Mal die Aufforderung „PAPA, SAG MAL KLETTERGERÜST“ hörte. Das leicht irre Kinderkichern signalisierte schon, dass ich jetzt nur was Falsches machen kann. Ich dachte noch, es ginge wieder um dieses leicht bekloppte Spiel „Mensch auf Erden“, wo man Begriffe wir „Gelamit“ brüllen und wild durch die Gegend rennen muss. „Klettergerüst“, folgte ich jedenfalls der Aufforderung. „DU HAST ’NE NACKTE FRAU GEKÜSST!“. Die Kinder brechen zusammen vor lachen.

Silvesterknaller

„Nackt“ und „Küssen“ in einem Satz ist natürlich auch ein Knaller. Aber es gibt noch größere, wie zum Beispiel Witz-Diskussionen in der überfüllten Straßenbahn: Unser Kindergartenkind erzählt dem Freund „Was ist ein Unterschied zwischen einer Mutter und einem Silvesterknaller?“ … „Ein Silvesterknaller knallt nur einmal, eine Mutter immer wieder“. Diesmal bricht die Straßenbahn fast zusammen vor Lachen, während die Kinder noch überlegen, ob Mütter jetzt explodieren oder knallen. Das sorgt für nicht weniger Amüsement. Ich versuche bei dem permanent wiederholten Witz nicht zu lachen. Es fällt mir aber chwer bei tieser Chelmerei.

Wurm

Das Thema Toilette ist natürlich auch allgegenwärtig. Zum Beispiel, wenn Du im Büro sitzt, Dein Messenger plingt und Du gedankenlos aufmachst. Ein nicht erkennbares Foto und darunter die harmlose Frage „Ist das ein Wurm?“ Deiner Frau. Dann erkennst Du es: Es ist Toilettenpapier. Braun. Und ja, vielleicht ist das ein Wurm. Der neben Dir sitzende Kollege wird plötzlich ganz still und blass um die Nase und da bemerkst Du wieder, dass Menschen ohne Kinder in der Disziplin Körperausscheidungsvisite oft nicht ganz so firm sind. Mir hat jemand von einem nichtöffentlichen Social Network für ÄrztInnen erzählt, wo man sich so kuriose Bilder von Krankheiten zuschickt und bestaunt. Ich denke, sowas fehlt für Eltern. Nur mit Kinderkacke.

Schokoladenapfel

Doch wechseln wir das Thema. Weihnachten. Der Schokoladenkonsum der Kinder zieht durch Adventskalender und diverse Weihnachtsfeiern langsam aber stetig an. Ja, ich weiß, Eure Kinder leben alle zuckerfrei und schweben dadurch den ganzen Tag lächelnd auf einer Wolke. Unsere nicht. Dennoch natürlich will man den Babysohn da noch etwas raushalten, nur sind dritte Kinder nicht doof und wollen auch, was die anderen haben. Immer. Als er uns mal wieder beim Naschen erwischte, weil die Geschwister irgendwas Knisterndes aus der Packung aßen, machte er einen tierischen Aufstand. Eigentlich aus Spaß nahm ich einen Apfel, steckte ihn in eine Schokoladen-Packung und hielt ihn hin. Ich wollte noch kichern, aber er guckte ernst, lächelte und hatte den wahrscheinlich besten Apfel seines Lebens. Warum bin ich auf die Idee nicht früher gekommen? Vielleicht probiere ich das auch mal bei den Größeren.

Kontaktlinsen

Bei fraumierau vielleicht lieber nicht. Die versteht bei Süßigkeiten nämlich überhaupt gar keinen Spaß und eigentlich braucht sie auch mehr Trost. Letztes Wochenende twitterte sie am Samstagmorgen noch leicht belustigt:

https://twitter.com/fraumierau/status/936875774002393088

Die lange Geschichte bis zum Tweet war: Als wir am Freitagabend schlafen gehen wollten, merkten wir, dass wir das Kontaktlinsenpflegemittel in Berlin vergessen hatten. Also haben wir aus NaCl-Lösung für den Inhalator und einem Gläschen eine Notlösung gebastelt. Ja, da kann man ein bisschen stolz sein. Am Samstagmorgen war das Glas aber leer und die Kinder sahen verdächtig aus. Doch die Linsen klebten noch am Boden des Glases. Wir erklärten den Kindern nochmal, dass sie bitte nicht einfach irgendwelche Flüssigkeiten trinken sollten. Ja, ok, klar. Tweet. Lustig. Geschichte beendet. Dachten wir.

Am Samstagabend bauten wir wieder eine Notlösung, diesmal in der Sicherheit, dass ja alle Bescheid wüssten. Am Sonntag aber war das Glas morgens komplett leer. Diesmal keine Linsen mehr auf dem Boden. Die Kinder wussten natürlich von nichts und fraumierau waren einen Tag lang blind. Bzw. setzte sie eine bestürzend hässliche alte Brille auf, mit der sie auch nichts sah, so dass sie sie auch wieder abnehmen konnte.

Tapete

So ohne Brille erklärte sie mir dann, wir könnten die zwei Quadratmeter fehlende Tapete am Bett im Schlafzimmer doch durch eine Tapete mit Motiven ersetzen. Sie fände ja Winnieh-Puh ganz lustig. Wir mir das denn gefallen würde. Ja, der sei ganz lustig, antwortete ich, aber wenn sie so eine Tapete schon gehabt hätte, als wir uns kennenlernten, hätte es sicher weder Hochzeit noch Nachwuchs gegeben. Ich sei doof und eine Spaßbremse, gab sie Protokoll. Aber damit kann ich leben. Nur nicht mit Winnie-Puh-Tapete.

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