Über Sockelsauger, Notfall-Kärcher und die beste Suppe in der Laptoptasche, die es gibt

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Zucker

Ob sie sich mal meinen Fuß ansehen könne, frage ich. Es würde irgendwie weh tun und ein bisschen Blut sei da auch, oder? Sie sieht sich den Zeh an und diagnostiziert, ich sei wohl auf was getreten. Ja, oder ich hätte halt Zucker. Differentialdiagnostik. Bitteschön. Damit ist die Sprechstunde offenbar beendet. Ich beneide manchmal die Kinder, die bei einem Husten ein ganzes Lazarett bekommen. Aber gut, als Eltern ist halt mal lebendig oder tot. Der Rest zählt nicht. Ich entscheide mich also für Variante „auf was getreten“.

LEGO

Wahrscheinlich habe ich nur traumatisch abgespalten, dass ich mal wieder auf LEGO getreten bin. Das Schlimme daran, auf LEGO zu treten, ist ja nicht, dass es weh tut, sondern vor allem, dass man dabei dieses dumme Gefühl hat, schon wieder ein dämliches Klischee zu erfüllen. Ich stelle mir dann immer das Bild von dem Hai vor und lächle den Schmerz weg. Diese verfickten kleinen Scheißteile tun aber auch weh.

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SOCKELSAUGER

Manchmal wünsche ich mir ja so einen Sockelsauger, in den ich abends einfach heimlich alles reinschieben kann. Ok, eigentlich wünsche ich mir immer einen Sockelsauger. Schon allein, um Sockelsauger sagen zu können. Sockelsauger, Sockelsauger, Sockelsauger. Wie, Ihr wisst nicht, was das ist?

Also: Sockelsauger. Nachdem ich das pubertäre Kichern hinter mir habe, muss ich leider noch „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann“ nachschieben und dann ist der Loriot der Woche auch durch.

Geruch

Aber eigentlich verarbeite ich mit den Fuß-Themen hier nur den Noteinsatz in der letzten Woche. Wir waren auf dem Weg ins Landhaus. Es war dunkel, nass, kalt, als wir ins Auto einstiegen. Noch bevor wir losfuhren, bemängelte fraumierau, es würde irgendwie nach Hundekacke riechen. Ob wir mal alle nachsehen könnten. Dann quietschte sie, weil ausgerechnet der Babysohn, der halb an ihr kuschelte, die Schuhe voll hatte. Ich stieg also wieder aus und versuchte im Regen in der Dunkelheit stehend mit einem gefundenen Stock, die Sohle freizukratzen, während aus dem Auto weitere „mein Schuh auch!“-Meldungen eintrafen.

Rache

Hunde. Manchmal habe ich Gewaltphantasien mit ihren HalterInnen. Ich wünsche mir einfach, dass sie nachts im Schlaf ein Regen aus Scheiße im Bett trifft. Einfach so. Danke.

Kärcher

Jedenfalls fuhren wir los und alle jammerten, weil es doch riechen würde und ich wusste auch nicht. Doch dann fiel mir die Frage wieder ein: WAS WÜRDE MACGUYVER TUN? Klarer Fall: Er besorgt sich einen Kärcher. Doch wo herkriegen am Freitagabend nach 20 Uhr? Ich entschied mich für das große Geschütz: Waschanlage. Die Familie sah mir schweigend irritiert zu, als ich an der Tankstelle hielt, allen die Schuhe von den Füßen riss, einen Euro rauskramte, eine riesige Wasserpistole in die Hand nahm und die blöden Schuhe aggressiv druckstrahlreinigte. Jetzt sah ich dabei nicht besonders elegant aus, weil die Autowaschpistolen sind vielleicht einen Meter lang und meine Arm wohl eher nicht so und dann muss man sich die Pistole unter die Achsel klemmen, mit einer Hand einen Schuh halten, mit der anderen den Abzug drücken und dann wird man auch selbst etwas nass… Also jedenfalls sah ich wie ein wütender Mann Ende dreißig aus, der leicht wahnsinnig mit Wasser auf zarte Kinderschuhe schoss. Das Tankstellenvideo wird sicher als reine Vorsichtsmaßnahme aufbewahrt. Aber es funktionierte. Mache ich ab jetzt immer so. Oder ich eröffne einen Sohlenbefreiungsdienst. Wird in Friedrichshain bestimmt der Renner.

See

Richtig hold war mir das Glück ja auch sonst nicht. Als wir Familienbesuch hatten und ich mit dem Gastvater und „unseren drei Jungs“ zum See spazierte, überlegten wir noch, welcher der beiden Großen beim Versuch die Unterwasser-Kamera zu benutzen, zuerst ins Wasser fällt. Dazu das Schicksal: Moment, Sie haben gerufen? Als ich gerade, vorsichtig auf einem selbst gebauten Ministeg stehend, zeigte, wie man mit der Kamera unter Wasser fotografierte, legte sich der Babysohn vornüber komplett im Schneeanzug in den See. Die Wetten waren beide verloren. Die Großen trocken, der Kleine pitschnass bei Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt. Beim eiligen nach Hause tragen und davon ebenfalls nass werden überlegte ich, wo ich beim Wochenkarma eigentlich falsch abgebogen bin. Ich gehe jedenfalls nie wieder mit irgendwelchen Kindern ans Wasser.

Kurz vor der Bauchlandung

Lieferdienste

Und dann, am Sonntagabend, da war dann auch mal gut. fraumierau und vonguteneltern haben ja schon beklagt, wie wir mit einer Horde Kindern zu lang abends aufs Bestellessen warteten – ab 90 Minuten verstößt es gegen die Genfer Menschenrechtskonvention. Zwei unterzuckerte stillende Mütter: Die Nerven lagen blank. In letzter Sekunde dann kam noch der Lieferheinz und paulte ein wenig rum, weil er den Unterschied zwischen sich bei und über ihn beschweren, nicht verstand und fassungslos war, dass wir seine Scheiß Flasche Cola als Entschuldigungsgeschenk nicht wollten. Egal. Berlin, Bestellen, selber Schuld. Es war schon spät, wir mussten nachhause, also packten wir das Essen ein und hasteten los. Die Familie stieg schlecht gelaunt ins kalte Auto, ich legte das Essen auf die Hutablage, knallte die Hecktür zu und dachte noch: „Das sieht ja komisch aus“.

Suppe

Wenn Suppe langsam an der Scheibe runterläuft, sieht es eben komisch aus. Also komisch wie ihn merkwürdig, nicht wie in Clown gefrühstückt. Hektisch öffnete ich das Auto und sah nur noch, wie die Suppe in die offene Laptoptasche lief, die direkt darunter stand. Bei 0° Außentemperatur schnell die Tasche raus, alle Technik (zwei Laptops, zwei Pads und diverser Kleinkram) auf die Straße legen, während die Familie von drinnen brüllt, dass mein Handy klingeln würde (vonguteneltern ruft an, weil sie mir sagen wollen, dass die Suppe, die sich gerade in die Tasche ergossen hat, doch für sie und nicht für uns war. Ja danke, das war zwei Minuten zu spät, Ihr Lieben). Leicht wutentbrannt versuche ich, befreiend die Suppenschachtel wegzukicken. Sie suppt nur desinteressiert über meine Schuhe. Mit einer Stoffwindel wische ich die Elektronik in der Tasche trocken und finde mich einfach ab. Mit allem.

Tasche

Der Tag ist gelaufen, das Wochenende auch. Zu Hause leere ich die Tasche auf dem Tisch aus. Man, was habe ich denn alles für Kram dabei? Die Tasche muss jedenfalls dringend in die Waschmaschine. Eigentlich wollte ich mir letztens schon eine neue kaufen und sie endlich wegwerfen. Da ich noch keine habe, muss sie jetzt eben nochmal sauber werden. Aber Moment mal, was ist das da hinten für ein Reißverschluss? Kenne ich diese Extrainnentasche? Ich ziehe der Verschluss auf und fasse rein. Etwas hartes ist drin. Ein Stift? Was denn für ein Stift? Und, wisst Ihr, was drin war?

Stift

Mein geliebter „Kafka“-Stift, den ich mir zum Diplom geschenkt habe und seit mehreren Jahren für verloren gegangen geglaubt habe! Doch er war gar nicht weg. Im Gegenteil: Ich habe ihn jahrelang tagtäglich mit der Tasche mit mir rumgetragen. FlugzeugkontrolleurInnen haben ihn bestimmt auf dem Röntgen-Bild gesehen. Nur ich nicht. Ich war einfach nur traurig, dass er weg ist und habe sogar Hotels abtelefoniert, ob sie sich an mich erinnern können, ich sei vor zwei Jahren mal da gewesen und ob sich ein Kugelschreiber angefunden hätte (Antwort: Man legte einfach auf). Und weil mir die Suppe in die Tasche gelaufen ist, habe ich ihn nicht mitsamt Tasche weggeworfen, sondern halte ihn wieder in meinen Händen. Alles macht plötzlich Sinn.

Was für ein verdammt gutes Wochenende! <3

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Kategorien: Montagspost

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10 Kommentare

Christine · 5. Dezember 2017 um 7:41

Was für ein schönes Ende

Maja Rae · 5. Dezember 2017 um 9:45

Das Wochenende war ja mal Hardcore! XD
Aber es hat ja zum Glück noch ein schönes Ende gefunden! 😀

HeikeW. aus LIP · 5. Dezember 2017 um 10:30

Die Suppe – sie lebe dreimal hoch!!!
Bestimmt war es so eine dickflüssige chinesische Suppe mit Brocken darin.
Lecker – aber in der Tasche eine Katastrophe!

Daniela · 5. Dezember 2017 um 13:58

Manchmal frage ich mich ja leicht beherzt, wie hoch der Anteil der künstlerischen Fiktion ist…? Aber dann hört sich doch alles letztlich so wie im echten Leben an, dass ich lieber nicht frage 🙂 sondern ein großes Kompliment ausspreche.

Gisela · 5. Dezember 2017 um 15:08

nach DEM wochenende würde ich mich auch mit allem abfinden … highlight der woche!

Sabrina · 5. Dezember 2017 um 15:37

Es lebe das „Happy End“! ?

Andrea · 6. Dezember 2017 um 10:41

Oh man, wie verpeilt ihr immer seid… 🙂 Krass, dass nicht mehr passiert!

Mama.wutz · 6. Dezember 2017 um 12:51

Haha… durchweg kommt da ein Deja-vue-Gefühl. Diese Woche in einer kaum benutzten Tasche meine Parkkarte zum Aufladen von der Arbeit gefunden, seit Jahren verschollen. Was für ein Glück. Ich hatte erst mein Namensschild als vermisst gemeldet. Dann den Transponder verlegt. Irgendwann wird es ja doch peinlich.

Und die Scheiße am Schuh… Auf dem Rückweg von Berlin nach Leipzig vom ersten Konzi als 2-fach Mama (Rise Against!, ein Hoch auf das alte Leben!) und dann dieser Geruch im Auto und die ständige Angst, dass die Fußmatten aus Stoff das olfaktorische Erlebnis für den Rest meines Lebens konservieren. Die Rachegelüste schlugen dann aber um in Richtung Windel-Paketbomben-Pläne gegenüber unseren Geschäftsführer… Bei mir ist nach 8 Jahren in einer Klinik nun auch time to say Good Bye.

Nur das tropfnasse Kind hatte ich noch nicht. Es inspiriert mich aber zutiefst 😉

Danke für das Mitteilen! Da erscheint das eigene Chaos fast normal!

Jochen · 10. Dezember 2017 um 1:41

Kacke am Schuh im Auto kenn ich. Der Horror. Der Geruch setzt erst ein, wenn die Heizung die Scheiße auf über 4°C erwärmt. Bis dahin hat man es schon auf allen 3 Pedalen, in besagter Fußmatte, und überhaupt überall im Fußraum. Da hilft dann auch die Autowaschanlage nicht mehr und die ist auch weiter weg als das eigene Zuhause. Also hält man es 30 Minuten aus, während die Heizung bollert. Muss sie auch, wegen der zufrierenden Scheibe.

Aber im Nachhinein bin ich eigentlich noch froh, dass es an meinen Schuhen hing. Die Kinder steigen nämlich gern mal absichtlich auf der falschen Seite ein, um über Handbremshebel und Polster zu ihrem Sitz zu laufen.

Pia · 10. Dezember 2017 um 15:15

Es gibt so Tage, und dann gibt es plötzlich so Momente… Wenn Tage und Momente einfach mal tauschen könnten -.-

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