Über Elterngespräche auf Kindergeburtstagen, schäumende Waschmaschinen und ein Mutterkuchen-Kochbuch

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Abhol-Techniken

„Holst Du dann die Tochter von der Geburtstagsfeier ab?“, fragt sie. „Ok. Wann und wo?“, antworte ich. „18:30 in der Ringstraße 27.“ Sie dreht sich um und will gehen. „Bei wem denn?“, rufe ich ihr schnell hinterher. „Keine Ahnung!“, sagt sie und geht weiter. Mich beschleicht das Gefühl, dass sie sich gerade aus dem Staub machen will. „Moment mal. Bleib doch mal stehen. Bei wem soll ich klingeln?“ Endlich hält sie inne, dreht sich um und guckt leicht theatralisch entnervt ob meiner angeblich sinnlosen Frage. „Das ist doch ganz einfach. Du stellst Dich vor die Haustür und wartest, dass andere Eltern kommen. Die müssen ihre Kinder ja schließlich auch abholen. So mache ich das immer!“ Das Wort „immer“ irritiert mich an dieser Antwort. „Aber das ist doch doof. Wenn das alle so machen, weiß niemand, wo man klingelt?“, wende ich ein.  „Machen sie aber nicht!“ – verständnislos schüttelt sie den Kopf und geht.

Elterngespräche auf Kindergeburtstagen

Ich gebe zu, es hat geklappt, nur musste ich so schon draußen kommunizieren und beim Aufstieg in die fünfte Etage Konversation betreiben, während ich die Kurzatmigkeit verbarg. Dabei habe ich bei Kindergeburtstagen ja immer panische Angst, dass ich mit anderen Eltern socialn muss.  So ganz klar ist die Konvention auch nicht: Wird erwartet, dass man beim Kind-Abholen noch reinkommt, Schuhe und Jacke auszieht und etwas redet oder soll man möglichst schnell mit dem Kind verschwinden, damit endlich Ruhe einkehrt.  Diesmal habe ich eine gute Ausrede, denn wir müssen tatsächlich noch spät ins Landhaus fahren. Etwas erleichtert sehe ich die Flasche Piccolo an, die gerade geöffnet wird und verneine mit einem dramatisch ernsten „Nein, ich muss noch fahren. Wir haben es noch weit!“. Ich schiebe die Tochter aus der Tür und gehe mit forschem Schritt voran. Situation gerettet.

„der macht auch was mit Computern!“

Aber überhaupt dieser Zwang zum socialn. Oft wird fraumierau von entfernt Bekannten gefragt, ob nicht auch mal „der Mann“ irgendwohin mitkommen könne.  Weil, der eigene Mann mache ja auch „was mit Computern“ – wie der leitmedium. Die Redewendung „was mit Computern“ wäre von fraumierau ja tatsächlich noch freundlich, denn eigentlich geht sie davon aus, dass ich nicht arbeite. Letztens hat sie mir ein Video geschickt, wo 850 Menschen mit Matratzen wie Domino-Steine reihum umfallen. „Guck mal, so stelle ich mir Deine Arbeit vor“, kommentiert sie trocken. Dass der Sohn auf die Frage, was er später arbeiten wolle, antwortete „Ich will zu Papa ins Büro und nichts machen“, hat meine allgemeine Situation hier auch nicht gehoben.

Jedenfalls, zurück zum der Mann solle doch mitkommen, damit er sich mit dem anderen Mann unterhalten könne. Beides Männer, beide machen was mit Computern. Was für eine wundervolle Idee! In der Vorstellung sitzen dann wahrscheinlich zwei Männer auf einer Couch, haben ein Bierchen in der einen Hand und die andere vorn unterm Hosenbund. In der Realität sitzen dann eher zwei Typen da, sind etwas peinlich berührt und fragen sich, wann der Tag endlich vorbei ist. „auch was mit Computern“ ist ja ungefähr so ein so ein guter Treffer wie „mein Freund hört auch gern Musik!, die werden sich so gut verstehen!“. Das letzte Die-Männer-müssen-sich-unbedingt-treffen-Treffen bestand aus ein paar peinlichen Schweigeminuten, nachdem mir der mich grimmig ansehende Gegenüber stolz als „Er ist Pirat!“ vorgestellt wurde. Manche Sachen verjähren wohl nie.

„Papa“

Aber kommen wir zu etwas Erfreulicherem: Der Babysohn übt immer mehr Sprechen. Unfairerweise scheint es oft so zu sein, dass Kinder den Namen des/der PartnerIn zuerst sagen, der/die weniger zu Hause ist. Macht auch Sinn, da zu Hause dann ja öfters „Mama/Papa kommt bald“ gesagt wird. Ein wenig Unsicherheit mit der Sprachinterpretationen gibt es hier noch. Letztens zeigte er auf ein grunzendes rosa Stoffschwein und sagte recht laut und deutlich „Papa!“. Das lässt jetzt viel Raum für Spekulationen. Als er auf mich zeigte und etwas sagte, war ich hingegen unsicher, ob es „Papa“ war oder er eher ein Hundebellen nachmachte.  Alles in allem komme ich da nicht gut weg.

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Dabei haben wir ein ganz tolles Willkommensritual. Wenn ich nach Hause komme, krabbelt der Babysohn sofort in den Flur. (Ahhh, dieses „pitsch-patsch-Geräusch krabbelnder Kinder ist zu niedlich). Sobald er mich erblickt, richtet er sich auf, hebt eine Hand, spreizt die Finger und zeigt den vulkanischen Gruß. Ihr denkt jetzt, ich spinne, aber nein, es gibt Zeugen. Und es ist auch nicht Zufall. Eigentlich hatte er immer nur die Hand gehoben und ich kam irgendwann auf die glorreiche Idee, ihm Spocks Begrüßung vorzumachen. Er begann, es zu imitieren und nun habe ich endlich einen zweiten Trekkie hier zu Hause. Für irgendwas müssen so viele Kinder ja auch gut sein!

Nudeln mit Reis

Was in der letzten Woche nicht so gut geklappt hat, ist das mit dem Einkaufen. Bei fünf Personen ist das aber nicht ganz unwichtig und manchmal muss man dann morgens schlechtgelaunt an einem Knäckebrot nuckeln. Als wir im Landhaus ankamen, stellten wir fest, dass es nicht so prickelnd gelaufen ist. Dabei begann fraumierau noch mit „Ich habe übrigens einkauft!“. Freudig fragte ich nach, welche Lebensmitteln sie denn besorgt hätte. Essen? Nein, „sowas“ habe sie nicht eingekauft. Mir ist bis heute unklar, was sie denn anderes eingekauft hat, aber ich habe lieber nicht gefragt. Auf meinen Hinweis, dass es dann wohl nur Nudeln geben würde, antwortete sie immerhin gutgelaunt „Reis haben wir auch noch“. Die gute Laune verflog aber Montag Morgen, als es zum Frühstück Müsli mit Kakao aus der Packung gab. Früher hab ich ja mal Frühstücksbilder für Instagram gemacht. Vielleicht mache ich jetzt einen „nichts im Kühlschrank und dennoch sind die Kinder nicht hungrig“-Tumblr auf.

Das Mutterkuchen-Kochbuch

Für manche Gerichte will man ja gar keine Zutaten haben. Zum Beispiel für die im „Mutterkuchenkochbuch“, für das hier letztens eine Werbeanfrage eintrudelte. MUTTERKUCHEN-KOCHBUCH? HALLO? Das Schlimme ist: Ich habe genug erlebt, um für möglich zu halten, dass im Buch drinsteht, was draußen fahrlässig draufsteht. Ich könnte jetzt auspacken, was hier schon alles mit Plazenten angestellt wurde, aber dann würde die halbe Leserschaft wohl nie wieder kommen und dass die andere Hälfte bleibt, wäre dann auch suspekt. Dass hier jedenfalls einiges im Argen ist, fiel mir wieder auf, als am Wochenende die Tochter zu ihrer Freundin im Garten unseres Landhauses rief „Nicht dahinten graben, da liegt die Plazenta!“.

Schaum!

Während die Kinder draußen spielten, rief mich fraumierau ins Bad und meinte, es sei etwas passiert. Schaummassen quollen aus der Waschmachine. fraumierau stand etwas verlegen davor und beteuerte, sie hätte wirklich alles wie immer gemacht! Nun gibt es zu den Themen Waschen und Schaum einiges zu sagen: 1.) Ich habe hier quasi Waschmaschinenverbot. Warum, ist mir unklar. Es liegt vielleicht daran, dass, als wir zusammengezogen sind, fraumierau erstmal meine T-Shirts sortiert hat, und zwar in „unbedruckt“ und „bedruckt“. Was ist das für eine Sortierung?! Über dieses Thema konnten wir uns bis heute nicht einigen und sie findet das mit bedruckten T-Shirts eh doof und ich darf nur noch welche tragen, bis ich 40 bin, weil dann sei das einfach zu peinlich. 2.) Ist mir einmal, ich betone *einmal* ein  Wollstück in die normale Wäsche geraten und eingelaufen. Das höre ich mir natürlich bis heute an. Während die zwei dutzend eingelaufenen Sachen bei ihr eben normal sind. Und 3.) hat mich mal auf einer Reise in Bulgarien ein panischer Anruf von fraumierau ereilt, dass Schaum aus dem Geschirrspüler ausgetreten sei und sie gerade knietief in der Küche im Schaum stehe, aber unter keinen Gründen schuld sei. Schaum ist also nicht ganz unbekannt hier.  Ich fragte entsprechend, ob sie vielleicht einfach zu viel Waschmittel genommen hätte. Nein, das könne gar nicht sein. Dabei bewegten sich aber ihre Augen so zur Seite wie in einem Lehrvideo für Gedankenleser, die anhand von Augenbewegungen erkennen, ob jemand … sagen wir … zumindest unsicher ist. Immerhin, es blieb bei nur einer Schaumdusche im Bad und wir belassen es jetzt mal unkommentiert dabei.

100 Quetschies

Das mit den Anrufen vom Sohn im Büro klappt übrigens weiterhin gut. Letztens rief er empört an, rief nur „Du hast vergessen, mir die Zähne zu putzen“ ins Telefon und legte auf, bevor ich antworten konnte. Immhin fiel diesmal nicht das Wort „Fuck“, das ist ja schon ein Fortschritt. Aber er hat auch so genügend Punchlines auf Lager. Zum Beispiel, als er träumte, 100 Quetschies zu trinken. Das sind diese Dinger, die man eigentlich nicht kaufen sollte, weil es zehn Kilo Verpackungsmüll um einer Fingerhut-Spitze voll Smoothie ist. Doch 100 Quetschies trinken, das wolle er wirklich gern tun. Aber ihm sei aufgefallen, das wäre nicht gut, weil dann bekäme er ja Bauchweh. Dann sah er an mir herauf und herab und urteilte „Aber in Deinen Bauch passen sie wohl rein“. Na, danke.

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Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

13 Kommentare

Ina · 21. Februar 2017 um 8:27

Wie immer super zu lesen,echt ein heiterer Wochenstart jedes Mal, freue mich schon auf nächste Woche.

Ivy · 21. Februar 2017 um 8:49

Ich freue mich jede Woche sooooo sehr auf deinen Post. Ihr kommt super sympathisch rüber, ich komme mir mit meinem seltsamen Alltag nicht mehr ganz alleine vor und ich lache jedes mal beim Lesen herzlich. <3

    leitmedium · 21. Februar 2017 um 9:21

    Awwww, dankeschön. Wir lesen/sehen Euch aber auch wirklich gern 🙂

susi · 21. Februar 2017 um 10:21

Schaum in der Waschmaschine hatte ich vor zwei Wochen auch, zwei mal am selben Tag. Die ganze Küche voll und ich bin immernoch absolut überzeugt davon, dass ich das Waschmittel wie immer dosiert hatte 😀

Danke für deine tollen Texte! Wird hier gerne gelesen, auch vom Mann, der auch was mit Computern macht * lacht *

Frl. Null.Zwo · 21. Februar 2017 um 10:23

Herrlich! Grossfamilie in Worten!

dasnuf · 21. Februar 2017 um 12:27

Also ich hole die Kinder auch so ab wie von deiner Frau beschrieben.
Manchmal habe ich die Telefonnummer von Eltern, die heißen im Telefonbuch aber „Mama Peter“ oder „Papa Pauline“. Das hilft in der Klingelschildfrage nicht weiter.
Anrufen würde ich natürlich niemals.

    leitmedium · 21. Februar 2017 um 13:28

    Du auch, Brutus?

    Nadine f · 21. Februar 2017 um 14:00

    Aufm Dorf doch echt praktisch. Da kennt jeder jeden.
    Nur manchmal gefährlich wenn man nicht weiss ob da ein bissiger wachhund lebt 🙂

Kati · 21. Februar 2017 um 15:42

Endlich Montag, endlich Breaking News aus dem Hause HerrFrauMierau! Herrlich ???& Danke!

Anne · 22. Februar 2017 um 19:12

Ich habe herzlich gelacht!
Danke 🙂

Liebst, Anne
http://www.einfachanne.wordpress.com

Verena · 24. Februar 2017 um 8:58

Ich muss ja zugeben, dass ich, in meiner unendlichen Naivität, einfach beim ersten Hingucken »Mutter-Kuchenkochbuch« gelesen habe – und mir nur gedacht habe, hmm, der Autor dieser Bereicherung der Literatur sollte mal den Unterschied zwischen Kochen und Backen verinnerlichen 😀 … Das eigentliche Sujet ist mir dann erst beim Stichwort »Plazenten« klargeworden.
Wie auch immer: Ich habe mich, wie jedes Mal beim Lesen deines Montagsposts, sehr amüsiert und gefreut.
Und nur für den Fall, dass das jetzt deinem Ego im Schatten von Frau Mierau gut tut: Ich bin übrigens von ihrem Blog zu deinem sozusagen abgewandert ;).

Liebe Grüße,
Verena

P.S.: Das mit dem Sozialzwang mit Kindern (nicht nur auf Geburtstagen sondern generell) kenne ich übrigens auch als Mutter sehr gut.

Anna · 28. Februar 2017 um 23:59

Die Stelle mit dem Schaum in und aus der Waschmaschine ?habe mich gar nicht mehr eingekriegt.
Und wie du eure Dialoge wiedergibst,einfach zum Schmunzeln und sehr liebevoll. Da findet man euch einfach immer noch sympathischer!

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