Beikost-Start mit Marshmallows

Veröffentlicht von leitmedium am

Mein sechs Monate altes Kind hat seinen ersten Marshmallow gegessen. Ich bin schuld. Und das kam so:

Am Wochenende waren wir auf dem Land und wurden von lieben Nachbarn zum abendlichen Stockbrot grillen eingeladen. Stockbrot mit Kindern läuft immer nach demselben Schema ab:

  1. Es wird eine große Schüssel mit Teig produziert, die man gegen stürmische Naschversuche verteidigen muss.
  2. Es fehlen die passenden Stöcker. „Habt Ihr noch welche?“
  3. Nach einer halben Stunde suchen hat man welche und schwört sich, sie nie wieder aus den Augen zu lassen.
  4. Es wird Teig um die Stöcker gewickelt und es geht eine hitzige Diskussion darüber los, wie viel Teig denn nun zu viel oder zu wenig sei. (Spoiler: Es ist eigentlich immer zu viel.)
  5. Kinder beginnen die Stockbrote zu grillen – merken aber nach zehn Sekunden, dass das langweilig ist.
  6. Nach zwanzig Sekunden sind die ersten Stockbrote verbrannt. Es beginnen lange Belehrungen darüber, wie man die Stöcker zu halten hat und dass Glut eh das Beste sei.
  7. Die Kinder versuchen, die Stöcker irgendwie ans Feuer zu stellen.
  8. „Du musst drehen!“
  9. Plötzlich sitzen nur noch Erwachsene ums Feuer, denen das mit den Stockbroten übergeholfen wurde.
  10. Für eine halbe Stunde wird in protestantischer Fleißigkeit Stockbrot zubereitet. Die Kinder kommen nur gelegentlich vorbei, um sich etwas abzuholen.

Wie immer lief es auch dieses Mal so, nur kamen wir Erwachsenen – auf Saftflaschenkisten am Feuer sitzend – auf Marshmallows zu sprechen. Ja, ich habe noch eine Packung, hab ich unvorsichtig zu, und wurde sofort geschickt, sie zu holen. Leider waren die Stöcker fürs Stockbrot viel zu breit für Marshmallows, also mussten wir Löcher reinbohren, sie drumwickeln und andere Techniken entwickeln.

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Mein erster Marshmallow sah bereits vielversprechend aus. Ich wollte ihn stolz vom Stock nehmen und hatte vergessen, wie unglaublich heiß karamellisierter Zucker ist. Dieser klebte genüsslich an meiner Zeigefingerspitze, ich bekam Panik und schüttelte wie wild mit der Hand, um dieses heiße, klebrige Stück abzukriegen. Leider stand gerade @fraumierau mit Kind 3 auf dem Arm neben mir. Der Marshmallow verteilte sich in der Gegend – unter anderem auf den neuen teuren Ökoschuhen Schuhen von Kind 3.

Ich bekam zurecht einen leicht vorwurfsvollen Blick, schämte mich ein wenig unter den Augen aller und kam ob des Brennens am Finger nicht umhin, mir die Peinlichkeit zu gönnen, ein Glas mit Mineralwasser zu füllen und für den Rest Abends meinen Finger reinzutauchen. Ich gehe fest davon aus, dass mich alle für ein wenig verrückt hielten. Es brannte aber wirklich und ich glaube, ein wenig hat gezischt beim Eintauchen. Ganz bestimmt.

Vorm Einschlafen kam ich noch auf die glorreiche Idee, mir ein Kühlkissen mit ins Bett zu legen für den Finger. Das Kondenswasser machte die Matratze unangenehm klamm.

Nächster Morgen. Etwas stolz zeige ich @fraumierau meine Brandblase. Hier, sieh! Sie verzieht verdächtig betont mitleidvoll das Gesicht. Ich bin beruhigt, jetzt bin ich offiziell Marshmallow-Invalide. Während ich über eventuelle Rentenansprüche sinniere, erblicke ich Kind 3, das gerade das Krabbeln entdeckt, wie es an seinen Schuhen nuckelt. Verdächtig still. Und mit merkwürdig glücklichem Gesichtsausdruck.

Oh nein. Er hat seine Schuhe von gestern gefunden, die mit Marshmallows überzogen waren. Jetzt sind sie es nicht mehr. Immerhin etwas Arbeit gespart. Aber diese weißen Schaumdinger kaufe ich nie wieder. Wirklich. Dann lieber das altbekannte Stockbrot-Ritual wiederholen.

 

p.s.: Ich wurde zurecht darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl von Stock nicht Stöcker sondern Stöcke ist. Ehrlich gesagt: Ich wusste es nicht! Und warum? Das habe ich kurz recherchiert und folgendes in der Wikipedia zu „Berliner Dialekt“ gefunden:

Dazu gibt es den Pluralis berolinensis, also eine Mehrzahlbildung auf -er, wo sie im Standarddeutschen nicht gebraucht wird. So spricht der Berliner von Klötzer und Stöcker. Aus dem Schwank Im Delikatessen-Keller: Pannemann: „Kellner!“ – Kellner: „Befehlen?“ – Pannemann: „Wo sind meine vier Beffastücker?“

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Kategorien: Allgemein

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Parteiloser Postprivatier.

7 Kommentare

Julie · 26. September 2016 um 12:06

Hehehehe. ^_^

Üüüübrigens kann ich gerade die Kombination von Stockbrot und Marshmallows empfehlen. Marshmallow auf Stock, Stockbrotteig drum, geil.

Simone · 26. September 2016 um 13:16

Stöcker! Jawoll! Das sagt man auch in Schleswig-Holstein.

michael · 26. September 2016 um 20:54

nein es heißt die stäcke in der mehrzall

Mutterseele · 28. September 2016 um 11:00

Stockbrot mit Nutella! Das habe ich auf dem letzten Campinplatz gelernt, und schon bleiben alle Kinder am Feuer sitzen. Man sollte in dem Fall allerdings auf Knoblauch im Teig verzichten.

Elter · 10. Oktober 2016 um 13:40

Köstlich

Lydia · 11. Oktober 2016 um 14:37

Auch zu empfehlen: gegrilltes Marshmallow zwischen zwei Butterkeksen und einem Stück Schokolade klemmen, sehr lecker! Und hilft gegen Verbrennngen ?

sonja schljapin · 12. Oktober 2016 um 11:13

Echt nett, kenne ich auch! Und zum Schluß haben die Erwachsenen verbrannte Finger und müssen sich mit Glühwein trösten!

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