Warum ich bei der Frauenärztin fast verdurste
Zeit sollen wir uns mitbringen, hieß es. Mir ist wirklich unklar, warum wir jedes mal mindestens zwei Stunden bei der Frauenärztin sitzen. Wenn da alle immer zwei Stunden sitzen, können dann nicht einfach alle zwei Stunden später kommen? Es ist ja auch nicht so, dass ich jetzt besonders glücklich bin, meine Zeit im Wartezimmer einer Frauenärztin zu verbringen. Da ist diese komische Stimmung, dass es ja völlig okay ist, als Mann mitzukommen, aber man eben nur Gast ist. Plus eins.
Aufwändig war schon die Organisation. Da wir niemanden in der Familie haben, der willens oder in der Lage ist, sich um unsere Kinder zu kümmern, müssen wir mitten in der Woche eine liebe Freundin bitten, die Kinder zu nehmen. Sehr lieben dank!
Jetzt sitze ich also da, stelle fest, dass ich mein Buch vergessen habe und starre die herumliegenden Flyer an. Bei der Frauenärztin liegen immer so Flyer rum, die ich wie einen Autounfall nicht nicht ansehen kann. Scheidenpilze, HPV-Impfungen, Brust-Untersuchungen, Zervix-Schleim. Okay, noch irritierender ist es, bei der Frauenärztin auf die Toilette zu gehen. Das ist so eine Toilette, die ausstrahlt: Das hier ist ein Ort der Frauenhygiene und Du bist keine Frau und eine Urinprobe gibst Du hier gefälligst auch nicht ab. Ich trinke extra nichts, bevor wir zur Frauenärztin fahren.
Endlich sind wir dran. Aber die Frauenärztin ist gar nicht unsere Frauenärztin. Urlaub. fraumierau ist kurz irritiert. Ob jetzt eine völlig fremde Frau sie untersucht? Das übliche Gespräch vorher. Ob alles gut sei, letzte Monatsblutung, ich lächle ein wenig. Beim dritten Mal ist es nicht ganz so aufregend. Eigentlich will ich doch nur jenseits irreführender, überteuerter Apotheken-Tests wissen, ob fraumierau wirklich schwanger ist.
Endlich geht es in den Untersuchungsraum. Wo setze ich mich hin während der Untersuchung? Da auf den kleinen Stuhl in der Ecke? Aber wenn ich da sitze, dann bin ich ja mitten im Geschehen bei der Ultraschall-Untersuchung. Ich lege schnell meine Tasche auf den Stuhl, damit er besetzt wirkt und irre kurz im kleinen Raum umher. Dann erinnere ich mich: Neben das Kopfende des Untersuchungs-Stuhls stellen. Dann kann man auf den Bildschirm sehen, hat aber doch einen Diskretionsabstand.
Endlich füllt sich der verrauschte Schwarz-Weiß-Bildschirm mit Leben. »Wir werden wohl noch nicht viel sehen«, sagt die Ärztin. Doch dann… ist da dieser kleine Punkt und da drin der Herzschlag. Wie schnell es puckert. Puckpuckpuckpuckpuck. So schnell. Es ist schon ein Mensch. Ist das ergreifend.
Alles sei gut. Sie druckt ein Foto aus und macht ein paar Notizen. fraumierau zieht sich wieder an. Ich frage etwas verschämt, ob ich auch einen Ausdruck haben könne. Die Ärztin findet das offenbar ein bisschen kitschig und kommt meiner Bitte nach. fraumierau wirft mir einen „Du süßer Papa“-Blick zu. Ich möchte jetzt gern gehen.
Quellenangabe Beitragsbild: flickr photo shared by Roberto Verzo under a Creative Commons ( BY ) license
3 Kommentare
Rike · 10. August 2015 um 21:30
Ach Gott, ist das süß! Wie ist das möglich, dass du so schreiben kannst, ohne fondantartig in süßem Kitsch abzusaufen?! Scheiße, ist das rührend. Ich bin so ergriffen. Und freue mich . Darf ich wiederkommen und weiter mitlesen? Ich versuche auch, nicht mehr „Scheiße“ zu schreiben. Nein, Kinder, ist das schön, wir kriegen wieder ein Baby! <3 Herzlichen Glückwunsch <3
leitmedium · 10. August 2015 um 22:49
Scheiße, Du hast gerade den Preis „lustigster Blog-Kommentar ever“ gewonnen und darfst daher wiederkommen!
Vivi · 11. August 2015 um 21:40
Besser als Rike kann man es nicht auf den Punkt bringen. Ich hätte mir beim Zweiten auch einen Mann gewünscht, der so kitschig ein Ultraschallbild bestellt. To be continued – ich komme auch wieder! Liebe Grüße
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