Über fehlende Ostersüßigkieten, geschlossene Tankstellen, Abschied vom Küchenpapier und eine nicht brennende Hüpfburg

»Shit« tönt es aus dem Nebenzimmer. »Shit, Shit, Shit«. Ich werde hellhörig. Wenn es bei uns einen Superlativ des Schlimmen gibt, dann »Shit«. Doch wenn der Super-GAU vor der Tür steht, heißt es „Shit, Shit, Shit«. Was denn los sei, frage ich leicht besorgt. Sie starrt blass auf die Osterdekoration, die sie für den folgenden Ostersonntagmorgen aufbaut. Ich ahne, dass, egal, was jetzt kommt, etwas Ungemütliches für mich dabei herausspringt. Es täte ihr ja sehr leid, gibt sie zu, aber sie hätte die Ostersüßigkeiten vergessen. Alle. Kurz will ich einwerfen, dass ich ja schnell zum Späti kann. Dann fällt mir ein, dass wir ja auf dem Land sind und zur Landromantik gehört ja, dass man immer dann, wenn man etwas dringend braucht, sich einredet, es sei toll, dass man das jetzt nicht bekommt und dann entweder lange wartet und davon schlechte Laune bekommt oder mit dem Auto hunderte Kilometer fährt, die Umwelt versaut und davon schlechte Laune bekommt. Jedenfalls versuche ich die Situation hinzumacguyvern und erinnere mich an die Schale mit Weihnachtssüßigkeiten, die wir mal auf einem Schrank deponiert haben. Leider befinden sich darin nur noch Hustenbonbons. Na die würden den Kindern doch bestimmt auch schmecken, stelle ich betont euphemistisch fest. Sie sieht mich mitleidig kopfschüttelnd an.

Über nachher, 40° Farben, Stockbrot, Rhabarber und sarkastisches Küchenpapier

Ob ich jetzt was mit ihm spielen können, fragt der kleine Sohn, während er an meinem Hosenbein zupft und mich pausbackig herzerweichend von unten ansieht. Ja, also, jetzt gerade nicht, aber nachher auf jeden Fall!, erkläre ich. Sein Blick verfinstert sich. Er wolle nicht NACHHER, sondern HEUTE! Ich erkenne meinen kapitalen Fehler: Ich habe das nachher-Spiel eingeläutet. Ja, erläutere ich hektisch, nachher sei ja heute. Also später. Später, ja? Nein, heute wolle er. Nicht nachher. HEUTE. Ich beginne zu schwitzen. Ja, es sei auf jeden Fall heute. Heute könnten wir spielen. Nachher sei doch heute. Und später auch. Später sei nachher und das sei heute. Ich verheddere mich in Sätzen. Er schaut grimmig. Ich fange unpädagogisch hilflos an zu kichern. Mach mich nicht lustig!, schmettert er mir entgegen, kneift mir ins Bein und geht. Vielleicht sollte ich zu einer Hypnosetherapie gehen und mir das Trigger-Wort „nachher“ wegtherapieren lassen.

Über Spielplatz-Saison, Eisdielen-Politik und eine Wochenend-Lesetechnik

Schlechte Nachricht für mich selbst: Die Spielplatz-Saison hat begonnen. Es wird wieder aufwändiger, sich Ausreden auszudenken, warum man nicht unter Leute geht. Die Kindern gucken ja dann mit diesem Es-ist-jetzt-wirklich-Zeit-dass-wir-auf-den-Spielplatz-gehen-Blick und ich gucke dann erst mit dem als-ich-so-alt-war-wie-ihr-habe-ich-bis-es-dunkel-wurde-allein-draußen-gespielt-Blick und wenn die Kinder dann mit dem ja-aber-das-war-bestimmt-vor-dem-Krieg-Blick antworten, versuche ich es mit dem Bitte-bitte-kann-ich-mich-mit-einem-Eis-freikaufen-Blick. Das funktioniert oft, aber nicht immer und so stehe ich dann manchmal am Spielplatzrand und finde die Welt und den Sand blöd. Vor allem dem Sand. Aber eigentlich gehe ich noch immer der Frage nach, warum Kinder immer auf den Spielplatz rennen müssen. Wenige Meter vorm Eingang rennen sie los. Jedes Mal. Ist ein Spielplatz weniger Spielplatz, wenn man langsam rauf geht? Vielleicht sollte ich ja auch mal rennen und dann erschließt sich mir die Freude? Wobei „mittelalter rennender Herr auf Spielplatz“ wohl eher zu einem Polizeieinsatz als zu Glückseligkeit führen wird.