Über beleidigte Holzwürmer, fehlgeschlagene Gesichtserkennung und Nein!

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Schwerhörigkeit

»Hörst Du das? Hörst Du das?«, fragt sie aufgeregt. Ich höre ja nicht so richtig gut. Das glaube ich zumindest. Als ich vor zwei Jahren mal bei einer Ohrenärztin war und einen Hörtest gemacht habe, weil ich eben nicht so gut zu hören meinte, vermeldete die Ärztin, bei mir sei „für die Walkman-Generation“ alles in bester Ordnung. Ja, aber ich würde oft Menschen nicht so gut verstehen, wenn sie mit mir reden, wendete ich ein. Dann solle ich mich halt mal mehr anstrengen, erklärte sie mir. Jetzt bin ich unsicher, ob die Ärztin einfach Scheiße oder ich ein  akustischer Misanthrop bin. Jedenfalls saßen wir im Landhaus und es war spät und fraumierau war ganz aufgeregt, weil da angeblich ein Geräusch war. Das behauptet sie öfter und ich höre dann immer nichts. Aber diesmal musste ich zugeben: Da war etwas. Nur kam es nicht von irgendwo draußen, sondern direkt aus der Wand. Aus der Wand! Die Diagnose war klar: Eine Maus.

Maus!

Alle waren ganz aufgeregt, weil Maus und hui und was machen wir jetzt? Und Tiere darf man ja auch nicht töten. Ich versuche, ein wenig an die Wand zu klopfen. Vielleicht gibt sie dann ja auf? Kurz ist Stille, aber dann gibt es familiäre Kritik. Ich solle sofort aufhören, gegen die Wand zu klopfen und sie damit zu verärgern! Ob ich nicht wisse, dass die Maus am längeren Hebel sitzen würde! Um die Kinder nicht in Unglück zu stürzen, macguyverte ich eine ergoogelte Lebendfalle zusammen: Ein Eimer mit Erdnussbutter drin und eine Treppe aus Holz. Die Maus ist scharf auf Erdnussbutter, klettert hoch und weil sie ein bisschen blöd ist, fällt sie dann rein. So die Theorie. Das Internet riet weiter, man könne auch einfach ein paar Liter Frostschutzmittel reintun, dann wäre die Maus halt gleich tot. Man fragt sich, warum man jetzt nach einer Lebendfalle sucht, um sowas zu lesen, aber immerhin nicht auf einer Pornoseite gelandet.

Jedenfalls baute ich die Falle und natürlich passierte: nichts. Aber in der Wand schabte es weiterhin jede Nacht vor sich hin. Krrrrrk krrrrrk krrrrrrk. Irgendwann erzählten uns Nachbarn, das könne auch der Holzwurm sein. Der sei nämlich lauter als man denke und sie machten so Geräusche vor. Und eine Kollegin schickte mir Holzbock-Videos. Und machte auch Geräusche vor. Das ist offenbar ein eigenes Genre. Und was mache ich nun mit den Informationen?  Das Geräusch ist jetzt erstmal weg. Zumindest ist nichts mehr zu hören. Ich glaube, das Tier ist beleidigt, weil wir seine Arbeit nicht würdigen. Und falls es zurückkommt, klopfe ich wieder emphatisch gegen die Wand. Ich glaube nämlich nicht, dass ein Wurm am längeren Hebel sitzt.

Nein!

Aber beleidigt sind hier im Moment viele. Besonders der Babysohn, denn der hat sich ja altersgerecht in die Nein-Phase begeben. Job ist Job. Und so sieht ein typischer entspannter Familienspaziergang zur Zeit so aus:

Oder so:

Auch im Auto gibt es, sagen wir, Diskussionsstoff. Zum Beispiel: Socken? Mit großer Sicherheit: Niemals!

Wobei mir das alles ja noch angenehmer ist, als ein paar Sekunden in die falsche Richtung zu gucken. Den Fehler mache ich ständig. Ich drehe mich um und dann nach ein paar Sekunden denke ich „Moment mal, Du wolltest doch alles im Blick behalten“ und dann sieht das eben noch aufgeräumte Zimmer völlig verwüstet aus und ein Kind steckt im Papierkorb und kommt dann wutentbrannt wieder raus, weil das mindestens mehrere Wochen alte gefundene Essen dadrin irgendwie nicht wie erwartet schmeckt. Die großen Kinder ermahnen mich dann, dass „Essen“ ja auch nichts im „Papierkorb“ zu suchen hat und ich finde das mit dem Kinder einem nur vorhalten wie man selbst ist ja auch nicht immer so richtig gut.

Leider kann ich dann meistens nicht nicht lachen und das ist natürlich sehr unpädagogisch. Also geht es weiter. Gestern erst habe ich im Bad kurz in die falsche Richtung geschaut – es waren wirklich nur Sekunden – und zack, war eine komplette Rolle Toilettenpapier im Klo. Man trägt sowas ja irgendwann professionell mit Fassung und fischt schweigend was-auch-immer aus der Toilette. Aber mir war die Zeit, in der ich so was eklig finden konnte, weil ich überhaupt die Möglichkeit hatte, wochenlang einfach mal nichts aus der Toilette zu fischen, auch nicht unlieb.

Gesichtserkennung

Beruhigend finde ich ja, dass die neuen Smartphones jetzt wasserdicht sind. Ein bisschen freue ich mich auf den Moment, wo ich eins der Toilette fische und rufe „HA, SCHICKSAL, NIMM DAS!“. Wasserdichte Smartphones wurden doch für sekundenweise unbeaufsichtigte Kinder auf Toiletten entwickelt, oder? Aber natürlich haben die neuen Telefone auch unangenehme Funktionen. Gesichtserkennung zum Beispiel. Es ist ja eigentlich praktisch, wenn Du keine PIN mehr eingeben musst, weil Dein Telefon Dein Gesicht erkennt. Nur, wenn es das immer morgens nicht schafft, weil Du nach fünf Stunden Schlaf offenbar zu abgebrannt aussiehst, um als Du erkannt zu werden, ist das auch ein bisschen viel Ehrlichkeit auf einmal. In diesen Momenten denke ich ganz kurz:

… und versuche mit weit aufgerissenen Augen zu lächeln und meine Stirn möglichst zu glätten. Klappt natürlich nicht, aber so vergesse ich wenigstens meine PIN nicht.

Läuse

Doch kommen wir zu den guten Nachrichten: Das mit den Läusen, das uns ja letzte Woche mal wieder getroffen hatte, muss gar nicht so schlimm sein. In Berlin gibt es nämlich einen Läuse-Laden. Oder besser: einen Entlausungs-Laden. Da werden dann die Haare irgendwie heiß gemacht, die Läuse vertrocknen jämmerlich, dann gibt es super Wellnescreme ins Haar, die Kinder dürfen Bilder malen und alle sind glücklich. Also außer die Läuse. Da hab ich natürlich gleich angerufen, weil ich dieses Öl zum in die Haare sprühen nicht mehr ertrage, und gleich einen Termin gemacht. Noch kurz vorm Auflegen war ich so schlau, nach dem Preis zu fragen. Na, mittellanges Haar 99 Euro, längeres Haar 119 Euro. 238 Tacken für einen Erwachsenen und ein Kind? Ok, machen wir! Ich habe ja eine Schwäche, bei allen Friseur-bezogenen Sachen nie „nein“ sagen zu können. Es ist ein Wunder, dass ich noch nicht blaue Haare habe. Eine Läusebehandlung verucht mein Gehirn offenbar als Friseur. Also musste fraumierau den Termin wieder telefonisch absagen, was dort wohl nicht gut ankam. Aber ich habe jetzt eine Idee: Ich mache eine Läusebehandlung und lese dabei aus meinem Blog vor. 100 Euro  pro 45 Minuten. Vielleicht werde ich ja doch noch reich hier.

Und weil es jetzt schon wieder so spät ist und ich morgen wieder nicht vom Telefon erkannt werde, dürft Ihr mir einen Kaffee spenden.

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Kategorien: Montagspost

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2 Kommentare

Mera · 8. Februar 2018 um 21:41

Wow, Kaffeespende ☕️ ??dann brauchst du wohl die Läuselesung nicht mehr. ?

links vom 30.01.2018 | endorphenium · 30. Januar 2018 um 14:05

[…] Über beleidigte Holzwürmer, fehlgeschlagene Gesichtserkennung und Nein! – vier plus … […]

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