Über Vollkornnudeln, Ektoplasma und Erdbeersekt

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Vollkornnudeln

Wir könnten doch Vollkornnudeln machen. Wir hätten noch eine Packung. Besser Vollkornnudeln, als nichts zu essen. Mit dem Einkaufen hat es mal wieder gut geklappt bei uns Vorbildeltern. Warum wir ausgerechnet Vollkornnudeln haben, frage ich. Ob ich etwa welche in einem Moment geistiger Umnachtung gekauft hätte. Das wisse sie auch nicht. Aber die seien gesund und vollwertiger. Sie würde die jetzt mal aufsetzen. Vollkornnudeln sind Menschenhass in Pastaform, erkläre ich. Die Familie sieht mich verständnislos an. Ich sehe die Familie verständnislos an. Hier habe ich Recht und alle anderen nicht. So. Wenig später erklären alle, die Nudeln würden doch gar nicht so sehr nach Vollkorn schmecken. Ja, wenn man nicht will, dass etwas nach Vollkorn schmeckt, dann sollte man es vielleicht nicht kaufen, merke ich an. Das hier ist aber verlorenes Land. Ab jetzt werde ich alle Vollkornnudelnpackungen, die hier auftauchen, heimlich verschwinden lassen. Es wird ganz mysteriös sein.

Ektoplasma

Apropos mysteriös. Sie fässt mich kurze Zeit später am Arm, bittet mich, mich zu setzen und erklärt, sie müsse mir etwas erzählen. Sie habe in ihre Tasche gefasst und da sei ein Apfel gewesen. Sie könne sich auch nicht erklären, woher der plötzlich gekommen sei. Aber er war offenbar schon sehr alt. Von der Konsistenz her würde sie sagen: mittlerweile Ektoplasma. Sie habe in ihre Tasche gegriffen und quasi durch den Apfel hindurch. Jetzt sei ihr ein wenig blümerant. Ich antwortete, mich freue ja, dass sie dieses traumatische Erlebnis mit mir teile und in guten wie in schlechten Zeiten, aber meine Angst vor ihrer Tasche hätte ich ja nun schon mehrfach zum Ausdruck gebracht und eigentlich war ich froh, nicht mehr an das Thema denken zu müssen.

Ghostbusters

Nun war die Tasche aber wieder präsent in meinem Leben und mit ihr der latente Vorwurf, dass sie immer so viel Zeug für die Kinder mitnehmen würde und ich nicht. Das stimmt. Ich stecke mir so Windelkram und vielleicht eine Wasserflasche in die linke Manteltasche und der Rest wird improvisiert. Wie das eine Mal, als ich über dem Waschbecken in der Bibliothek abhalten musste. Ist gar nicht so einfach, mit Papierhandtüchern das Waschbecken wieder wie ein Waschbecken aussehen zu lassen, danach. Aber: mission accomplished! Doch jetzt muss ich wieder ständig an ihre Tasche und das geheimnisvolle Innere denken, vor dem ich mich leicht grusele. Aber sie offenbar auch, denn kurze Zeit später schenkt sie mir ein Ghostbusters-Playmobil-Set. Es sei Ihr über den Weg gelaufen. Soso. Freud, ich hör Dir trapsen. Ich freue mich jedenfalls, auch, weil ich jetzt nicht mehr ganz allein mit dem Ektoplasma in der Wohnung bin.

Da dada dada dadaaaa dadadadadaaaaaa … Ghostbastas!

Die Kinder finden das mit den Geisterjägern sehr spannend. Natürlich nur so aus der Distanz, weil sie nicht wie wir in der Kindheit nachmittags stundenlang vorm Fernseher hängen. Überhaupt werden die meisten „wir Eltern schenken unseren Kindern Dinge, die wir eigentlich selber toll fanden“-Themen ja eher durch Hörensagen weitergegeben weil FSK und zu viel Fernsehen macht eckige Augen und so. Es wurden jedenfalls sofort stilechte Geisterverbotsschilder gemalt und eines habe ich jetzt heimlich in fraumieraus Tasche geschmuggelt. Vielleicht hilft es ja.

Gaslighting

Ein bisschen spooky ist es hier zu Hause ja eh. Ständig sind Dinge an einem anderen Ort. Ich habe ja die Vermutung, dass fraumierau mich durch permanentes Umräumen gaslighten will. Schubladeninhalte ändern sich, Dinge sind plötzlich in anderen Räumen. Wenn ich dann so etwas unschuldiges frage wie „Wo sind denn die Spardosen der Kinder?“, husch ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht bevor sie mit den Schultern zuckt und sagt „Natürlich auf dem Regal links“. Und da stehen sie dann auch. Und der Ton soll mir sagen, sie taten das schon immer. Aber das taten sie nicht! Ich schreibe das hier nur, damit Ihr mich, falls ich mal nicht schreibe, als vermisst meldet, weil dann wurde ich mit leicht irrem Kichern irgendwohin gebracht, weil ich mich selbst nicht mehr gefunden habe.

Gruselpusel

Dabei ist ja eigentlich der Rest der Familie gut anzugruseln. Das bot sich zum Beispiel zu Silvester an, als wir die überdimensionierten 2018-Zahlen („Huch, hätte nicht gedacht, dass sie SO groß sind“) aufhängten und ich bemerkte, dass sie gespiegelt in der Scheibe ein wenig wie SOS aussähen und so ja auch ungefähr Stranger Things anfangen würde. Ha, da war was los. Letztens erst musste ich abends mein neues T-Shirt ausziehen, weil es nachts die Grinsekatze aus Alice im Wunderland leuchten ließ und das als zu gruselig bemängelt wurde und ich mit sowas nicht ins Bett kommen dürfe. Und als dann jetzt auch noch aus einem Streichholz die Flamme nach unten statt nach oben schoss und ich murmelte „Uh, ein Feuer aus der anderen Seite“, war dann Schluss mit lustig.

Ich sehe da fast ein vzerweifeltes SOS von der anderen Seite.

Senffüllung

Aber auch die Kinder waren leicht verstimmt, weil, nachdem sie jetzt ein Jahr lang davon erzählt hatten, dass es Pfannkuchen (für die Zugezogenen: Berliner, Krapfen, Kreppel) mit Senf als Füllung gäbe, habe ich mal einen unangekündigt besorgt und das hat für kurze Irritationen am Silvesterabend geführt. Das war sicher etwas ungeborgen und der Fairness halber musste ich dann auch Senfpfannkuchen essen, nachdem die Kinder den Tisch vollgespuckt hatten. Partystimmung machen kann ich ja, wenn man mich lässt. Und ich konnte erklären, dass es Lachen erster und zweiter Ordnung gibt. Erste Ordnung ist, wenn man sofort drüber lachen kann und zweite Ordnung wenn man erst später drüber lacht. Ich glaube ja, Elternschaft is ein Drittel erste Ordnung und zwei Drittel zweite Ordnung.

Erdbeersekt

Das zweite Mal Ausspucken gab es übrigens beim Kindersekt. Die Kinder wollten unbedingt Robby Bubble und mussten sich nach dem ersten Schluck fast übergeben und meinten, die Flasche würde doch aber so toll aussehen. Tschja, da seien sie eben auf Werbung reingefallen, meinte ich, und holte die schick aussehende Flasche Erdbeer-Sekt raus. Der schmeckte nur leider genauso Scheiße und ich fürchte, da hab ich auch mehr Aussehen als Inhalt gekauft. Ich glaube, eine Schorle tut es das nächste Mal auch. Für uns Erwachsenen hatte ich heimlich eine kleine Flasche Eierlikör und Schokoladenbecher besorgt. Ich weiß auch nicht, warum. Manchmal macht man ja so Dinge, weil „man die so macht“ und dann stellt man fest, dass man die gar nicht machen wollte. Eierlikör ist nämlich ziemlich eklig und Alkohol will hier auch niemand trinken. Aber die Schokobecher sind toll! Ich fürchte, einen Espresso müsste man nur sehr sehr schnell draus trinken und so werden die jetzt einstauben.

Bibi und Tina Soundtrack

Aber alles besser als die Akustik des Silvesterabends. Die Familie wollte tanzen* (* wild mit den Armen wedelnd durchs Haus hüpfen) und ich war schon dabei, so eine typische Silvester-Hermes-House-Band-oder-so-Playlist anzumachen, als ich aufgefordert wurde, den Bibi und Tina Soundtrack anzumachen. Alter. Bibi und Tina Soundtrack. „K A K Mann“ singt da einer. Das Jahr endete ganz unten. Wirklich ganz unten. Und weil die Kinder ja Spaß wollten, musste ich dann noch lächeln. Ich schreibe jetzt auch lieber nicht, dass ich Lina Larissa Strahls Gesangstalent für überschaubar halte, weil ich habe gehört, dass man sich dann den Zorn einer ganzen Generation zuzieht (: uǝɥǝɹp ʎɐldsıpǝuoɥdʇɹɐɯs sɐp ʇlǝɟıǝʍzɹǝʌ ɯıǝq ssɐds lǝıʌ ˙os ˙ɹɐqnɐɥɔsɹǝqǝn ɹǝnɟ ʇuǝlɐʇsƃuɐsǝƃ slɥɐɹʇs ɐssıɹɐl ɐuıl ǝʇlɐɥ ɥɔı).

Silvester

War der Knaller! Also wie immer: Alle Kinder sind vorher eingeschlafen, wir Partylöwen waren zu faul, danach noch was zu machen, haben auf dem Sofa die Füße hochgelegt und heimlich Netflix geguckt. Perfekter Start ins neue Jahr. <3

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Kategorien: Montagspost

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8 Kommentare

Martina · 2. Januar 2018 um 10:56

Frohes neues Jahr! Unser Silvester war ähnlich. Mann mit Fieber im Bett, der beste Freund zum feiern da und zwei Mini Mäuse in Party Laune. 2018 Tag 1: Mann krank, Mini fiebert. Tag 2: Mann krank, Mini fiebert, die Große ist seit 4:30 wach und hat enormen Gesprächsbedarf. Na dann Prosit Neujahr;)

Tabea · 2. Januar 2018 um 21:24

Die Schokobecher eignen sich übrigens prima als Formen für Mini-Muffins 🙂
Vielen Dank für die lustigen Einblicke ins Familienleben – ich finde, dass man für das seelische Gleichgewicht beide mirauschen Blogs lesen muss 🙂

Robert · 3. Januar 2018 um 7:10

Meine Freundin gestern Abend nach dem Blogpost: „… und jetzt such noch mal nach Lina Larissa Strahl“ – aja, Danke für den Realitätsabgleich – ʞᴉsnW ǝʇnƃ ƃᴉʇɥɔᴉɹ.

Pie · 3. Januar 2018 um 10:20

Ach verdammt…deine Werbung für den Newsletter hat jetzt aber auch gut bei mir funktioniert.

Silvia · 3. Januar 2018 um 22:00

Also falls Dessertcremes nicht ohnehin ob ihres Zuckergehaltes und anderer ernährungsphysiologisch ungünstiger Eigenschaften verpönt sind, eignen sich diese ganz vorzüglich zum Gefuttertwerden aus winzigen Schokobechern. Notfalls tut es aber sicher auch ungesüßte Quarkspeise mit Früchten. ;P

Katharina · 5. Januar 2018 um 16:12

Frohes Neues!
Bei der Silvesterplaylist war es endgültig um mich geschehen. Danke für den ersten richtigen Lacher des Jahres. Hier wurde zu „Deine Freunde-keine Märchen“ abgetanzt. Ist allerdings vielleicht n bisschen gruseliger als der „K-A-Kmann, merk dir den“(jetzt habe ich den wieder den Rest des Tages als Ohrwurm. Berliner mit Senffüllung kann da kaum schlimmer sein)

Und nächstes Jahr schaut Familie Mierau bitte mal Dinner for One. Das ist auch immer ein Highlight mit Kindern. Nicht. Auf die Nachbesprechung bin ich gespannt ^^

Pia · 6. Januar 2018 um 21:34

Ich wollte mit meinem noch-nicht-zwei Jährigen Dinner for one gucken (eine Familientradition).
Doch dann: ich hatte (wegen des noch-nicht-zwei Jährigen) vor knapp zwei Jahren den Fernseher aus der Wohnung verbannt. Fällt einem erst zu solchen Gelegenheiten auf.
WO versammle ich nun die aufgeregte Familie vor Mitternacht? Ist der Bibi&Tina Soundtrack die logische Konsequenz? Hole ich den Fernseher wieder? Ab wann guckt das Kind überhaupt länger als eine Minute auf dieselbe Stelle (Bildschirm) ??
Wieder ein Jahr Zeit Lösungen verstreichen zu lassen 🙂
FROHES NEUES !

Über ?, ??, ?? und ?‍?⛔✈️ - vier plus eins · 5. Februar 2018 um 22:45

[…] alles besser als Vollkornnudeln. Das habe ist ja nichts Neues. Wobei ich endlich eine Eigenschaft gefunden habe, in der Vollkornnudeln menschenverachtenden […]

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