Über Tischgespräche, Vagina-Kuchen, 1000 DDR-Mark, Geheimsprache für Eltern und Kinder-Spione in der Wahlkabine

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Nägel

»PAPA! Schneidest Du mir die Nägel? Die sehen so dreckig aus!«. Es gibt Momente, wenn man Gäste hat und versucht, ein ganz normales Abendessen auszurichten,  da merkt man, dass sich die Tischgespräche doch verändert haben, seit man Kinder hat. »Mir auch, PAPA! Auch die Fußnägel! Guck mal!«.  Ein Fuß landet auf dem Tisch. »PAPA, weißt Du noch, wie Du mal ein ein Stück Toilettenpapier …«. Ich unterbreche kurz das sicher wichtige Gespräch und verspreche, mich später drum zu kümmern. Fürs Nägelschneiden bin hier ich zuständig. Ich glaube, das hat sich ergeben, weil man als Elter ja immer zwanzig mal gewarnt wird, bloß nicht selber zuerst seinen Kindern die Nägel zu schneiden, sonst fallen die Arme ab oder so. Das geht schon vor der Geburt los: SCHNEIDEN SIE BLOß NICHT DIE NÄGEL! Und dann waren wir so verschreckt, dass ich, nachdem wir eine hebammtliche Freigabe zum Nägelschneiden hatten, immer die Nägel schneiden musste. Dann bin im Zweifelsfall ich Schuld, das geht dann einfacher klar und wir müssen nicht mehr diskutieren.

Versprechen

Aber schlimm ist es dann, wenn man etwas verspricht und später erinnert wird, dass man es noch nicht eingehalten hat und jetzt SOFORT ran muss. Zum Beispiel gegen Mitternacht, auf dem letzten Loch pfeifend, nochmal ins Bad, um allen Kindern die Nägel zu schneiden. Warum auch immer die das toll finden. Aber: Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen! Ich nehme an, völlig zerstörte Eltern haben den Nebensatz „Außer wenn etwas schlimmes passiert!“ beigefügt, damit man zumindest theoretisch eine Exit-Strategie hat. Moment Mal: Gibt es diesen Notfallsatz überhaupt außerhalb unserer Familie? Man verliert ja den Überblick. Wo war ich? Ach ja: Für Kinder sind Versprechen jedenfalls sehr wichtig. Das nervt als Eltern manchmal, aber als Kind ist das noch viel schlimmer.

1000 Mark!

Daran musste ich gerade erst meine Mutter erinnern. Als ich 10 war, versprach sie mir, dass ich 1000 Mark bekomme, wenn ich mit 40 noch nicht rauche. Es war so dahingesagt, aber ich hatte es mir sehr genau eingeprägt, wie sie da im Zimmer vor dem Fenster mit der Kastanie stand und ihr Versprechen gab. Was soll ich sagen? Nächstes Jahr habe ich gewonnen! Ha! Leider musste ich die Erinnerung mit Nachdruck bei der Wettpartnerin auffrischen und noch ist unklar, wie man eigentlich 1000 DDR-Mark in Euro umrechnet. Ich nehme an, von dem Geld kann ich mir dann immerhin ein paar Schlümpfe und Überraschungseier kaufen und mit meinem 10jährigen Ich Party machen. You did it!

Diese Stille

Während wir hier so ein wenig rumgeurlaubt haben in den letzten Wochen, musste ich ein paar Mal in die Stadt zum Arbeiten. Da fiel mir dann in der stillen, drögen, eintönigen Einsamkeit des Büros auf, dass Familie wirklich toll ist, aber eine zu haben und die ist gerade nicht da, ist manchmal auch nicht übel. Es ist so still! So unendlich still. Als wir im Büro mal eine Gesprächsrunde mit KollegInnen über aktuelle Probleme hatten, beschwerte sich eine Gruppe über die Lautstärke, die andere betonte, wie leise es doch sei sei. Irgendwann fiel mir auf, dass in der einen Gruppe nur Eltern waren. Sie genossen die Geräuschkulisse, die zwar nicht wirklich still war, aber so lange niemand weint, „guck mal! guck mal!“ brüllt oder etwas zu essen haben will, ist auch eine Baustelle nebenan entspannend.

Geheimsprache

Ich muss das jetzt eigentlich alles sehr diplomatisch oder verklausiert formulieren, weil die Kinder langsam über die Schulter blicken und Texte mitlesen. Letztens kam ich an meinen Schreibtisch und da saß die Tochter und kicherte lesend über meiner Twitter-Timeline. (Liebes Jugendamt, dieses Blog ist rein fiktional!). Eine Weile funktioniert es ja, wenn man in Gegenwart von Kindern auf Fremdsprachen ausweicht, um sich unabgehört zu unterhalten. Als unsere Kinder dann aber das Wort „Eis“ auf französisch, italienisch, deutsch buchstabiert, englisch buchstabiert und in irgendwelchen Zeichensprachen verstanden, war klar, dass es langsam dünn wird. Statt sicher total wichtiger Babyzeichensprache-Kursen für Eltern halte ich es ja für sinnvoller, eine Eltern-Geheimsprache einzuführen, die man erst mit 18, ach, was sag ich, 21 lernen darf. Dann kann man wenigstens noch ungestört das jugendliche Augenrollen in der Pubertät kommentieren, und konspirativ durchhalten.

Wenn Dein Kind kichernd vor Deiner Twitter-Timeline sitzt

Wahlspione

So, und noch zu etwas Ernstem: Bald ist Wahl. Wie jedes Mal werde ich am Wahltag das lustige „Ich möchte meine Kinder mit ihn die Wahlkabine nehmen“-Spiel spielen. Das führt nämlich mit der Wahlleitung zu einer Diskussion, ob die Kinder lesen können. Weil, wenn sie lesen können, dürfen sie nicht mit in die Wahlkabine, weil dann könnten Sie benutzt werden, um auszuspionieren, wen man gewählt hat! Diese hinterhältigen kleinen Spione mit ihrer Unschuldsmine! Mein Zweitsport, Selfies in der Wahlkabine zu machen, ist seit diesem Jahr verboten. Gut, dass sich der Gesetzgeber diesem ungeheuren Problem zugewendet hat! Wobei, vielleicht könnte man ja auf Briefwahl umsteigen, sich selber eine Wahlkabine bauen, die Kinder mitnehmen und ein Selfie machen. Wenn Ihr nach der Wahl nichts von mir hört, wurde ich wegen Wahlselfies zu Hause verhaftet.

Pömpel-News

Es gibt übrigens Neuigkeiten von der Pömpel-Frau. Ja, auch für Dich, fraumierau: Heute hing kommentarlos Dein Kleid in einem Stoffbeutel bei uns an der Tür. Ich glaube, es wurde zumindest mal gewaschen. Ich weiß ja, wie Du so fremdbenutzte Dinge magst, mein Monk <3. Liegt im Flur. Viel Spaß! p.s.: Falls Du jetzt drüber nachdenkst, es zu entsorgen: Das wäre nicht sehr nachhaltig!

Die Pömpel-Frau hat nach Monaten kommentarlos das Kleid an die Tür gehängt. Äh… danke?

Senf

Und um gleich Eminem-mäßig zuzugeben, wo ich diese Woche rumgelo(h)sed habe: Ich habe bei der Essenslieferung auch mal wieder Senf bestellen wollen. Senf, dachte ich, Senf wäre doch auch mal wieder was. Und als Ossie muss es natürlich der gute Bautz’ner sein! Es kam dann leider eine 1kg-Packung und ich musste sehr, wirklich sehr oft „Oh, mein Name ist Lohse!“-Zitate hören. Und was mache ich jetzt mit dem 1kg Senf?

Wer kauft eigentlich 1kg Senf-Packungen? Also außer mir?

Keine oder-Fragen!

Da ich mein Blog jetzt mehr zu einem DIY Instadad Blog ausbauen will wegen der Kooperationen, beginne ich heute mit meinen DIY-Lifesaver Rules for modern Dads and Mums! Mit folgender Regeln spart Ihr fünf Jahre Lebenszeit.

Stellt den Kindern niemals Fragen mit „oder“!

Ich machte es ja auch immer wieder falsch. „Möchtest Du Marmelade aufs Brot oder doch lieber nur Butter?“. Antwort: Ja. „Musst Du auf Toilette oder geht es noch?“. Antwort: Ja. Immer nur Ja. Oder Nein. Jedes Mal. Was hätte ich mit all der Zeit machen können, die ich benötigte, um diese Fragen wieder zurechtzubiegen.

Neu in „Ihre Woche, seine Woche“

  • Sie: Ich habe einen Apfelkuchen gebacken!
  • Er: Oh, toll!
  • Sie: Guck mal, sieht aus wie eine Vagina!
  • Er: Mir ist eigentlich gar nicht so nach Kuchen gerade…

Was fehlte: Ein Vagina-Kuchen!

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Kategorien: Montagspost

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Parteiloser Postprivatier.

10 Kommentare

Antje · 29. August 2017 um 8:45

Liebe Grüße aus unserem Kühlschrank vom 1 kg -Senfeimer!! und von mir 😉

Cornelia · 29. August 2017 um 11:21

Wieder ein wunderbarer Einblick ins wirkliche Leben :o)!
Bei uns gibt rs den Bautzner in einer 1000ml Quetschflasche!
Liebe Grüße

Anja · 29. August 2017 um 12:39

Eier in Senfsauce und Schnitzel werden auch mit Senf bestrichen vor dem Panieren. Voraussetzung ist das ihre Familie ab und an Fleisch /Eier konsumiert.

Laura · 29. August 2017 um 14:08

Ich bin ja nur ungern nicht Deiner Meinung aber das mit den Wahlselfies ist gut so. Freie und geheime Wahlen sind nur solange frei und geheim, solange sicher niemand dazu gebracht werden kann, sein Ergebnis zu „beweisen“.
Und Du kannst ja immer noch ein Selfie vor dem ausgehängten Muster machen. 😉

PS: Kommt im nächsten Post dann Deine Superdad Wahlempfehlung?

    leitmedium · 29. August 2017 um 15:50

    Es ist natürlich unerhört, dass Du anderer Meinung bist! Ich würde auch zustimmen, dass es ein sinnvolles Gesetz ist, wenn nicht folgende Punkte dagegen sprechen:

    1. Viel leicht lässt sich manipulieren, indem man Menschen auffordert per Briefwahl zu wählen und sie in Anwesenheit ausfüllen und abschicken. Das ist einfacher und besser kontrollierbar als fakebare Selfies aus der Wahlkabine. Damit reguliert das Gesetz etwas, ohne es zu regulieren. Es verhindert nichts, sondern führt nur eine Regel ein.

    2. Mir ist bisher in der Berichterstattung nicht untergekommen, dass Fotos aus der Wahlkabine ein tatsächliches Problem sind, dass das Wahlgeheimnis und die Unabhängigkeit der Wahl gefährdet. Es klingt für mich – man kann mich da gern mit Fakten widerlegen – für ein theoretisches Problem, bei dem man sich gedacht hat, dass man das doch mal regulieren könne.

    Beide Punkte zusammen machen für mich ein sinnloses Gesetz. Aber selbst wenn nur einer der Punkte zutrifft – vor allem so lange es Briefwahl gibt – ist das Gesetz einfach nur eine weitere Regel, die nicht das regelt, was sie vorgibt zu regeln.

    (Ok, und der Internetliebhaber sagt: Das ist ein technikpessimistisches Gesetz, weil gern auf Selfies rumgehackt wird. Aber das ist ein anderes Thema und auch kein Argument)

    Wahlwerbung? Hm… HABE MICH GERADE UMENTSCHIEDEN, hihi.

Britta Noack · 29. August 2017 um 16:42

Bautzener im 1kg Becher hat die perfekte Größe! Leider haben das aber die Kühlschrankhersteller noch nicht verstanden.

Debbie · 29. August 2017 um 22:41

Bei mir beißt Du Dir die Zähne aus am Wahltag, Kinder, die selber laufen können, dürfen nicht mit hinein. Sonst heißt es hinterher: Papa hat ganz oben seinen Kreuz gemacht! Wir spendieren gerne ein ungültig gemachter Wahlzettel, die mit nach Hause genommen werden kann. Aber eine freie Wahl, wo die WählerIn alleine in der Kabine entscheidet, ist mir sehr wichtig. Briefwahl sollte eine Ausnahme sein, würde ich am liebsten abschaffen (und das sagen vor allem die arme Leute im Briefwahlauszählamt….).

Daniela · 30. August 2017 um 15:34

Oh … wie immer, ganz „entzückend“ 🙂 keine Ahnung warum mit jetzt ausgerechnet das Adjektiv dazu einfällt.

Kennst du den Wahl-o-mat? Ist glaube ich seit heute online wieder für die Wahl 2017. Ich mag den ja.

Liebe Grüße!

Julia · 4. September 2017 um 7:01

Wir hatten auch schon den 5kg Eimer, den gibt’s aber nur im Großmarkt.

Mera · 2. Februar 2018 um 15:40

Fällt das nur mir auf oder war das Absicht (, dass auch zerstreute und unregelmäßige Leser/Eltern deine Lebenszeittipps in ihren Alltag integrieren können)? Den gleichen Tipp gab es bereits in der Vorwoche ?

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