Über Kennwörter, „Abschlepp“-Wagen, Gläschen als Gottesbeweis und Kunstunterricht

Veröffentlicht von leitmedium am

(Fast) jeden Montag schreibt @leitmedium seine Gedanken zur letzten Woche mit und ohne Familie.

Wie ist Deine Apple ID?

Neuerdings chatte und telefoniere ich ja oft den Kindern. Das läuft ganz gut, nur manchmal gibt es technische Schwierigkeiten. Da sitze ich dann gerade in einer Besprechung im Büro, mein Handy klingelt, ich entschuldige mich kurz, gehe in den Nebenraum und es das Telefonat verläuft so:

  • Kind: „Hallo Papa?!“
  • Ich: Ja?
  • Kind: Wie ist Deine Apple ID?
  • Ich: Äh… warum brauchst Du die?
  • Kind: Wie ist Deine Apple ID? Es sagt, es will Deine Apple ID!
  • Ich: Wer sagt das?
  • Kind: Das Pad! Sag mir Deine Apple ID und Dein Passwort!
  • Ich: Aber warum denn?
  • Kind: Ich will Dir eine Nachricht schicken!
  • Ich: Ich glaube nicht, dass Du dafür mein Passwort brauchst. Kannst Du vielleicht auf „Überspringen“ klicken?
  • Kind: Nein. Da steht IEHMESSAGE. Wie ist Deine Apple ID?
  • Ich: Kannst Du mir nicht einfach am Telefon sagen, was Du mir schreiben wolltest?
  • (kurze Stille)
  • Kind: Na gut. Aber dafür muss ich in einen anderen Raum gehen.
  • (Laufgeräusche, eine Tür schließt sich).
  • Kind: Papa?
  • Ich: Ja? Was wolltest Du mir Wichtiges mitteilen?
  • Kind: Ich habe einen neuen Wackelzahn!

Kennwörter und Kinder

Das mit Kennwörtern ist Kindern ja prinzipiell etwas schwer beizubringen. Also die Kennwörter selber schon, nur mit der Geheimhaltung hapert es noch. Man ahnt gar nicht, wie schnell so eine vierjährige halbe Portion die eigene Telefon-PIN mitbekommt … um sie dann bei jeder erdenklichen Gelegenheit rauszuposaunen. „Papa, Deine PIN ist 8495!“, ruft es dann durch die Straßenbahn, wenn man gerade sein Telefon entsperren will. Am sinnlosesten sind ja Alters- und Kaufschutzmechanismen bei Anbietern wie Amazon Prime. Da muss man vor manchen Videos vor den Augen der Kinder eine PIN eingeben. Natürlich drehen die sich nicht dezent zur Seite, und gucken betont desinteressiert in die Luft, wie wir es dann tun. Nein, sie kleben förmlich am Bildschirm, sind ganz still und speichern jede einzelne Bewegung. Es gibt keine Geheimnisse!

Tom der „Abschlepp“-Wagen

Das Thema Altersüberprüfung hat uns am Wochenende erst aufgeschreckt. Die Kinder gucken manchmal „Tom der Abschleppwagen“ – eine Trickserie über die Abenteuer von Tom, dem Abschleppwagen. Tom kann nicht sprechen sondern nur „uh uh“-Geräusche machen und erlebt super spannende Sachen wie zum Beispiel Autos Abschleppen, Autos waschen und Autos reparieren. Und manchmal kommen auch Autos vor. Jedenfalls klicke ich das an und Amazon flippt kurz aus, redet was von FSK18 und dass ich jetzt sofort meine Personalausweisdaten zur Altersüberprüfung eingeben müsse. Ich tue leicht irritiert wie mir geheißen, sehe die Serie danach aber mit anderen Augen. „Tom, der Abschleppwagen“ – abschleppen, alles klar, zwinker zwinker? Und als es dann heißt, da müsse jetzt ein Tropfen Öl rauf, damit es besser rutscht, bin ich kurz davor, die Serie einen Unfall haben zu lassen und freiwillig Bibi und Tina anzumachen.

DVDs verstecken

Danke übrigens für die tollen Hinweise, wie fraumierau ihre Bücher per App verkaufen kann. Also „Danke“. Es passierte nämlich, was ich befürchtet hatte: Sie ging mit ihrem Smartphone auf Barcode-Suche durch die Wohnung und fragte plötzlich ganz unschuldig, was denn das für eine Kiste mit DVDs sei. DVDs würde ich ja nicht mehr brauchen, oder? Pfiffel. Ich war Gottseidank wach genug, um mich schützend auf die Kiste meiner Hackerfilm-Kollektion zu werfen und sie sie händeringend zu verteidigen, aber für die nächsten Wochen befürchte ich Schlimmes.

Freiwillige U-Untersuchungen

Wobei ich ja vielleicht Glück habe und fraumierau sich den Verkauf in den Kalender eingetragen hat. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert wirklich sehr gering. Wie zum Beispiel bei U-Untersuchungen. Die sind ja nicht verpflichtend, weil sie sind ja freiwillig, aber man wird per Post passiv-agressiv angezählt, wenn man nicht rechtzeitig hingeht und mit irgendwelchen Barcode-Aufklebern rumfuchtelt. Was mit drei Kindern logistisch dann doch spürbar schwieriger ist als mit nur einem Kind. Wir sind wahrscheinlich schon in so einer Datenbank als eine Stufe vor „verwahrlost“ markiert, weil wir die Termine immer verpassen und ich erwarte jede Woche einen Besuch des Jugendamts. Ich hoffe, die kündigen sich an, damit wir noch aufräumen können, sonst wird es eng mit den Erklärungen. Da fällt mir ein: Anfang letzter Woche kam so ein Brief, den wir noch nicht aufgemacht haben…

Gläschen als Gottesbeweis

Bleiben wir beim Thema Kindeswohl: Ich habe im SPIEGEL erfahren, dass unsere Kinder wegen unseres Verzichts auf Brei und Gläschen alle dem Hungertod nahegekommen sind. Und Eisen! Denkt denn niemand an das Eisen? Ich frage mich ja, wie Kinder die letzten drei Zillarden Jahre ohne Gläschen überleben konnten. Wahrscheinlich ist das der Gottesbeweis! Vor den Gläschen gab es die Erde nicht! Im Artikel gibt es aber noch ein paar wichtige Tipps für Eltern. Zum Beispiel dass man Babys lieber nicht Avocados mit Schale gibt, weil die dann nämlich reinbeißen. Also auch in die Schale. Wärt Ihr jetzt sicher nicht von selbst drauf gekommen.

Kunstunterricht an der Grundschule

Da wir gerade beim Aufregen sind, muss ich noch ein Thema loswerden: Kunstunterricht an der Grundschule. Zumindest bei uns läuft die Lehrplangestaltung wahrscheinlich so: „Achja… irgendwer muss noch den Kunstunterricht in den ersten Klassen machen. Hat hier jemand schon mal Malen nach Zahlen gemacht? Ja? Sie haben den Job!“. Entsprechend werden hier Kopiervorlagen ausgeteilt, die dann in künstlerischer Kleinstarbeit von den Kindern ausgemalt werden. Ich vermute als schulisches Konzept dahinter: Gezielte Verblödung, damit die Kinder ruhig bleiben. Falls jemand eine bessere Erklärung hat, immer her damit.

Ich habe da mal was aufgenommen:

Pädagogisch wertvolle Serien

Apropos Schule: Im Moment sind hier pädagogisch wertvolle Fernsehserien beliebt. Leider sind die noch ein bisschen schlimmer als Bibi und Tina. Die kann man ja unter „boah, nein“ verbuchen und ausblenden. Aber diese pädagogisch wertvollen Serien für Kinder müssen die ganze Zeit mit den Kindern reden. „Wisst Ihr, welche Form das ist? Sagt es laut!“ – und dann brüllen alle DREIECK! War die Sesamstraße für unsere Eltern damals auch so aufdringlich oder sollten wir noch telepathisch mit dem Fernseher interagieren? Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern. Immerhin, die Sendung mit der Maus bleibt eine Konstante. Auch wenn es manchmal nervt, wenn man den Kindern das Leben erklären möchte, die nur abwinken und sagen „Kennen wir schon aus der MAUS“.

Mehr gibt es heute nicht, weil Osterferien. So.

Bis zum nächsten Mal!

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Kategorien: Montagspost

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6 Kommentare

Franzi · 11. April 2017 um 7:27

Zu dem Gläschen-Thema. Ich hab mich auch gefragt, wie das wohl „früher“ war. Aber Breifüttern gehört wohl schon lange zur Babykost. Gläschen braucht man dazu nicht. Einfach vorkauen und von Mund zu Mund füttern. Daraus entstand das Küssen, habe ich mal gelesen. Ist ja heute eher verpönt wegen Kariesbakterien. Also zwischen Eltern und Kind, zwischen Erwachsenen wohl nicht so, wenn auch ohne Nahrung ?. Also mir erschließt sich dieses Brei-ablehnen nicht so. Macht satt und nebenbei alles Probieren und Rummatschen geht doch trotzdem. Ich selbst hätte halt nicht ewig so viel Stillen wollen, weil mein Kind noch nicht geschickt genug ist, um durch Selberessen satt zu werden. Ansonsten wollte ich mal schreiben, dass ich Dich sehr gern lese und grad Eure Kombi von Frau Miersu und Dir sehr ansprechend finde.

Elter · 11. April 2017 um 11:14

Das stimmt mit dem Vorkauen! Machen alle Menschenaffen.. Ist natürlich nicht mit Gläschen vergleichbar..
Was i eigentl sagen wollte:
Ausmalen verblödet sicher nicht. in der Kita malen sie dinge „abstrakt“ aus. Pinke Weihnachstbäume, grüne Osterhasen,.. In der Grundschule „sollten“ sie anfangen die Dinge realistisch darzustellen. Bei Teddys natürlich schwer, da es die in allen Farben gibt. 😉 Man könnte ja auch einen Dürer draus machen. Technik ist sicher nicht vorgegeben, oder? Wer das dann beherrscht und Interesse daran hat könnte sich irgendwann später wieder abstrakten zuwenden, da er es „begriffen“ hat.
-> Wichtig ist doch nur das sie dazu wissen, dass man auch ohne Vorgaben malen kann! ^^
Nach unserer letztes Jahr verpatzten U-Untersuchung dachte i auch: Ohje , das Jugendamt! Dann sagte man mir zum ersten mal das es ja doch nicht verpflichtend sei (Eindruck bei 3-maligem Erinnerungsformular definitiv anders), das das die Kasse später nicht mehr bezahlt und PUNKT. gut..

Florian Patzke · 11. April 2017 um 21:14

Der Kunsthistoriker in mir schreit immer „was du meinst ist naturalistisch, nicht realistisch!“ weil realismus als Francis Bacon für die meisten Kinder doch eher verstörend bis durchaus der täglichen Erfahrung an psychischer Gewalt etsprechend bedeuten würde… Die Grundlage jedes Künstlerischen Ausdrucks ist aber immer die Gestaltung, deswegen ist mir 1000mal lieber Kinder malen einen „Weihnachtsbaum“ pink aus als das sie nie einen Stift in die Hand nehmen…

anke · 11. April 2017 um 22:05

Die Kunstlehrerin meiner Tochter macht eigentlich immer sehr kreative Sachen, was aber leider dazu führt das die Kinder Wochen lang glitzernd und glänzende Bonbonpapierchen o.Ä. sammeln müssen. Aber die daraus entstandenen Käfer sahen toll aus…

Marie · 11. April 2017 um 22:22

…und wieder sehr gelacht! Danke!
…ich glaube bzgl Breifrei und verhungern liegt ein riesen Missverständniss vor – wenn man es so klassisch handhabt nach den Motto „ich ersetze nun jede Still-/Flaschenmahlzeit durch eine Mahlzeit am Tisch“ könnte es schon schwierig werden mit dieser Methode. Es ist nicht die gleiche Menge die ein Kind sich selbst gönnt, wie die Menge die Eltern gern ins Kind verfüttern würden bzw was das Kind an der Brust oder Flasche bekommen würde. Wenn man das Ganze aber nicht ersetzen will, sondern wie gewohnt weiter Milch anbietet – dann passt das. Irgendwie steht das selten so deutlich irgendwo, dass die Breifreikinder (hoffentlich) Milch bekommen, wenn sie denn wollen. Egal was und ob was Festes gegessen wurde.

Doro · 15. April 2017 um 13:47

Unser Kinderarzt wollte unsere 11 Monate alte Tochter auf eine kohlenhydratarme Diät möglichst nur mit Obst und Gemüse setzen.
Mit 4 Monaten machte er Druck, dass wir die Abstände zwischen den Fläschchen rhythmisieren sollen und ganz dringend mit Brei anfangen sollen.
Zur Not das Baby schreien lassen.
Die Ernährungsberatung in der Kinderklinik ums Eck war da zum Glück besser aufgestellt. Die lesen auch die Wachstumskurven ganz anders.
Die meinten zum Thema breifrei, dass das für Langzeitstillende mit Geduld kein Problem sei. Bei Formula Nahrung muss man da wohl eher aufpassen mit den Nährstoffen.

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